Presseerklärungen Nr. 13/2019

60 Jahre Bundesrechtsanwaltskammer

Die erste Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) fand vor genau 60 Jahren am 1.10.1959 in Würzburg statt.

01.10.2019Presseerklärung

Seither vertritt die BRAK als Dachorganisation der 28 Rechtsanwaltskammern die Gesamtinteressen der Anwaltschaft gegenüber dem Bundestag, dem Bundesrat, den Ministerien, aber auch gegenüber den Gerichten, beispielsweise dem Bundesverfassungsgericht. Durch Eingaben und Stellungnahmen wirkt sie aktiv an Gesetzgebungsvorhaben mit. Auf diese Weise führt die BRAK seit nun schon 60 Jahren den rechtspolitischen Diskurs im nationalen und internationalen Kontext. Insbesondere die ständig zunehmende Bedeutung der europäischen Rechtsetzung erfordert eine wirksame und effektive Interessenvertretung der deutschen Anwaltschaft auch bei den europäischen Institutionen. Das Brüsseler Büro der BRAK hat daher die Aufgabe, Aktivitäten und Vorhaben der EU-Institutionen zu beobachten, die Kontakte mit den Abgeordneten des Europäischen Parlaments, den Kommissionsbeamten und den Vertretern des Rates zu pflegen und durch fundierte Stellungnahmen Einfluss auf europäische Gesetzesvorhaben zu nehmen. Auch auf der internationalen Ebene engagiert sich die BRAK durch regen Austausch mit Anwaltschaften aus der ganzen Welt, z.B. durch das Internationale Anwaltsforum, zu dem regelmäßig anwaltliche Vertreter aus über 30 Ländern anreisen.

Die BRAK setzt sich nachhaltig für die Sicherung und den weiteren Ausbau des Rechtsstaates sowie für die Stärkung der unabhängigen anwaltlichen Selbstverwaltung ein. Wie keine andere Organisation bündelt sie das Wissen, die Kompetenz und die Erfahrung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aus den verschiedensten Tätigkeitsbereichen – vom Einzelanwalt bis zum Partner einer internationalen Großkanzlei.

Die Gründung der BRAK ist untrennbar mit dem Inkrafttreten der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) verknüpft, die im August 1959 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde. Mit ihr wurde erstmals eine gesetzliche Regelung zu einer Dachorganisation der Anwaltschaft geschaffen. „Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege“, heißt es in § 1 BRAO. Dieser kurze Satz beschreibt präzise die besondere Stellung der Rechtsanwaltschaft und ihre Bedeutung für unseren Rechtsstaat. Den freien und unabhängigen Anwaltsberuf kann es jedoch nicht ohne eine freie und vom Staat unabhängige Selbstverwaltung geben.

Die Selbstverwaltung ermöglicht der Anwaltschaft, geschlossen und kompetent nicht nur für die eigenen Interessen, sondern vor allem auch für die Interessen der Mandantinnen und Mandanten einzutreten. Die Besonderheiten des Anwaltsberufes und der sich hieraus ergebenden besonderen Pflichten kennt der Anwalt selbst am besten. Selbstverwaltung bedeutet daher auch, dass gut ausgebildete Juristinnen und Juristen – als Organe der Rechtspflege und damit Bestandteil des Rechtsstaates – dafür Sorge tragen, dass ihr Berufsstand seiner besonderen Verantwortung gegenüber Bürgerinnen und Bürgern gerecht wird.

So wie es keinen funktionierenden Rechtsstaat ohne freie Anwaltschaft geben kann, so ist die anwaltliche Selbstverwaltung nicht ohne ehrenamtliches Engagement denkbar. „Dass sich die Anwaltschaft selbst verwalten darf, ist ein Privileg und sichert ihre Unabhängigkeit. Wir arbeiten jeden Tag daran, dem mit diesem Privileg verbundenen Anspruch gerecht zu werden. Ich danke anlässlich dieses Ehrentages der BRAK allen Kolleginnen und Kollegen, die sich tagtäglich in den 28 Kammern, im Präsidium und den Ausschüssen der BRAK, in der Satzungsversammlung und auch in der Anwaltsgerichtsbarkeit ehrenamtlich engagieren. Dass sie ihre Kompetenz in den Dienst der Selbstverwaltung stellen, macht diese überhaupt erst möglich“, bekräftigt BRAK Präsident RAuN Dr. Ulrich Wessels.

Den 60. Geburtstag feiert die BRAK ganz bescheiden – jedoch inhaltlich fundiert – mit einer Festschrift, herausgegeben vom früheren Richter am BVerfG Prof. Dr. Reinhard Gaier, der seit 1. September 2019 auch neuer Schlichter bei der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft ist.

Der Rechtshistoriker Prof. Dr. Frank L. Schäfer, Mag. iur. (Heidelberg), LL.M. (Cambridge), beleuchtet in der Festschrift die Geschichte der BRAK in der Bonner Republik, bevor sich Prof. Dr. Christian Wolf mit der jüngeren Geschichte der BRAK – zwischen Autonomie, Fremdbestimmung und Deregulierung – befasst. Prof. Dr. Reinhard Singer beschreitet den weiten Weg nach Europa und betrachtet grenzüberschreitende Rechtsdienstleistungen im Spannungsverhältnis zwischen Binnenmarktförderung und Rechtspflege. Abschließend untersucht Prof. Dr. Dres. h.c. Rolf Stürner den Einfluss internationaler Entwicklungen auf das Anwaltsrecht und die Arbeit der BRAK. Abgerundet wird die Festschrift mit einem Vorwort des Herausgebers sowie einem gemeinsamen Grußwort der vier vergangenen BRAK-Präsidenten RAuN Dr. Eberhard Haas, RAuN Dr. Bernhard Dombek, RA Axel C. Filges, RA Ekkehart Schäfer und des amtierenden Präsidenten RAuN Dr. Ulrich Wessels. Das 408 Seiten umfassende Werk ist im Handel unter der ISBN 978-3-504-06055-8 zum Preis von 119 Euro erhältlich.

„Ein Geburtstag ist immer auch Anlass für einen kritischen Blick zurück und nach vorne. Ich bin stolz und erfreut, dass wir so namhafte Größen dazu bewegen konnten, die Geschichte der BRAK zu beleuchten. Wir blicken aber auch nach vorne. Dies hat die BRAK schon früher so gehalten und sich notwendigen Änderungen nicht nur angepasst, sondern diese vorhergesehen, wie die Einrichtung der Satzungsversammlung im Jahr 1995 und der Schlichtungsstelle im Jahr 2011 zeigen. Berufspolitisch befindet sich auch weiterhin vieles im Umbruch. Die Entwicklungen werden wir beobachten, weiter begleiten und im Interesse der Anwaltschaft dort Einfluss nehmen, wo es nötig ist“, so Wessels.