Büro Brüssel

Ausgabe 9/2004                                                                                                                  05.05.2004

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Grünbuch Unterhaltspflichten

 

Strafrecht

- Kampf gegen organisierte Finanzkriminalität

 

 

Wirtschaftsrecht

- Wettbewerbsmitteilung der Kommission

 

Freizügigkeit

- Anerkennung von Berufsqualifikationen

 

Sonstiges

- Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte


 

Zivilrecht

 

Grünbuch Unterhaltspflichten

Am 15.04.2004 hat die Europäische Kommission ein Grünbuch über Unterhaltspflichten vorgelegt. Damit leitet sie eine breit angelegte Konsultation interessierter Kreise zu den rechtlichen und praktischen Fragen ein, die sich im Zusammenhang mit Unterhaltspflichten in Fällen mit internationalem Bezug stellen. Gegenstand des Grünbuchs sind die unterhaltsrechtlichen Aspekte, die nach Ansicht der Kommission einer Regelung auf Gemeinschaftsebene bedürfen. Für Fälle, die über die Grenzen der EU hinausgehen, werden neue, durch Übereinkommen festzulegende Vorschriften vorgeschlagen und neue Lösungsansätze zur Diskussion gestellt. Der Fragenkatalog enthält u. a. Fragen zum Anwendungsbereich eines künftigen Rechtsinstruments bzw. des künftigen Haager Übereinkommens, zur Regelung bestimmter problematischer Bereiche durch Kollisionsnormen, zur Zukunft des Exequaturverfahrens, zur Benennung dezentraler Behörden für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben im Rahmen der Zusammenarbeit in der EU sowie zur Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen. Das Grünbuch basiert auf einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie, auf den Beiträgen von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten der EU sowie auf den Arbeiten der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht. Die Stellungnahmen und Bemerkungen aller an der Fragestellung interessierten Parteien sollen außerdem den Arbeiten auf gemeinschaftlicher Ebene und im Rahmen der Haager Konferenz neue Impulse verleihen. Frist zur Stellungnahme zu den im Grünbuch gestellten Fragen ist der 30.09.2004. Allerdings werden im Juni 2004 im Rahmen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht Verhandlungen stattfinden. Für diese sollten die Antworten und Kommentare möglichst vor dem 15.05.2004 eingehen. Darüber hinaus organisiert die GD Justiz und Inneres am 02.06.2004 eine Anhörung zum Grünbuch in Brüssel.

 

Das Grünbuch ist abrufbar unter:

http://www.europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/docs/com254_de.pdf

 

Das Anmeldeformular für die Anhörung zum Grünbuch am 02.06.2004 finden Sie hier:

http://www.europa.eu.int/comm/justice_home/doc/regis_form_oa.doc

 

Strafrecht

 

Kampf gegen organisierte Finanzkriminalität

Die Europäische Kommission hat am 22.04.2004 eine Mitteilung zur Verstärkung des Kampfes gegen die organisierte Finanzkriminalität in der gesamten EU angenommen. Darin werden eine Reihe bereits ergriffener Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung der organisierten Kriminalität im Finanzbereich aufgelistet sowie weitere politische Maßnahmen aufgezeigt. Den Vollzugsbehörden soll es verstärkt gestattet werden, kriminelle Erträge zu identifizieren, einzufrieren und zu beschlagnahmen. Dazu sollen Stellen zur Einziehung von Vermögensgegenständen zur Verfügung stehen, die über zivilrechtliche Verfahren die Einziehung veranlassen können. Die Mitteilung enthält insbesondere Vorschläge für verschärfte Maßnahmen gegen Geldwäsche. Dafür fordert die Kommission eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen. Ferner sollen die Systeme zur Beobachtung der Strafverfolgungsverfahren und sonstiger Folgemaßnahmen zu Daten verbessert werden, über die die Zentralstellen für Verdachtsanzeigen (FIU’s) Mitteilung erhalten. Die Kommission fordert im Anschluss an den Parmalat-Skandal weiter eine verbesserte finanzielle Transparenz. U. a. sollen Ermittlungstechniken auf nationaler und EU-Ebene ausgebaut werden, um die Sammlung von Erkenntnissen z. B. hinsichtlich des Verhaltens von Verdächtigen oder der Identifizierung und Beschlagnahme von kriminellen Finanzmitteln zu erleichtern. Im Juni 2004 wird außerdem der Vorschlag der Kommission für eine dritte Geldwäscherichtlinie erwartet, der u. a. eine Anpassung an die „40 Empfehlungen“ der Financial Aktion Task Force (FATF) Rechnung tragen soll. Seit der zweiten Geldwäscherichtlinie wurde die Verpflichtung zur Meldung verdächtiger Transaktionen gegenüber den zuständigen Behörden auch auf bestimmte finanzbezogene Tätigkeiten der Rechtsanwälte ausgedehnt.

 

Die Mitteilung der Europäischen Kommission finden Sie unter:

http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/cnc/2004/com2004_0262de01.pdf

 

Die Pressemitteilung der Kommission ist abrufbar unter:

http://www.europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/04/517|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Weitere Informationen der Kommission im Bereich der organisierten Kriminalität (englisch):

http://www.europa.eu.int/comm/justice_home/fsj/crime/fsj_crime_intro_en.htm

 

„Zweite Geldwäscherichtlinie“ (Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche):

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2001/l_344/l_34420011228de00760081.pdf

 

Das Umsetzungsgesetz der zweiten Geldwäscherichtlinie in Deutschland (Geldwäschebekämpfungsgesetz) vom 08.07.2002 ist abrufbar unter:

http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/bgbl102s3105.pdf

 

Vgl. auch den Bericht über die Mitteilung der Kommission zur Kriminalprävention in der EU:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten6aus2004.htm

 

Wirtschaftsrecht

 

Wettbewerbsmitteilung der Kommission

Am 20.04.2004 hat die europäische Kommission eine Mitteilung über eine proaktive Wettbewerbspolitik für ein wettbewerbsfähiges Europa verabschiedet. Wettbewerbspolitik ist eine der Gemeinschaftspolitiken, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Europas beeinflussen sollen. Die neuen Wettbewerbsvorschriften, die am 1. Mai 2004, dem Tag des Beitritts der 10 neuen Mitgliedstaaten, in Kraft treten, sollen nach Ansicht der Kommission die Grundlage für eine proaktive Wettbewerbspolitik stärken. Für die Kommission ist dies ein geeigneter Anlass, um darzulegen, wie sie den neuen Ansatz ihrer Wettbewerbspolitik umsetzen wird. Gleichzeitig kommt die Kommission mit der Mitteilung den Schlussfolgerungen des Rates vom 11.03.2004 nach, in denen sie aufgefordert wurde, über ihren neuen Ansatz zu berichten.

Die Regierungschefs der EU haben auf ihrer Tagung vom 26.03.2004 in ihrem Bemühen, die Lissabon-Strategie neu zu beleben, die Stärkung des Wettbewerbs durch besser funktionierende Märkte neben der Innovation und der Forschung und Entwicklung zum Schwerpunkt gemacht. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Wettbewerb auf Gebieten wie Finanzdienstleistungen und freien Berufen, die auch dem Binnenmarktrecht unterstehen. Laut Miteilung sind nach Ansicht der Kommission die freien Berufe ein Beispiel für eine Dienstleistungsbranche mit einer Tradition oft starker Regulierung und zumeist restriktiver Praktiken. Gewisse Regulierung gesteht die Kommission den freien Berufen zu, jedoch sollte diese nach objektiven Kriterien des öffentlichen Interesses erfolgen. In ihrem jüngsten Bericht hat die Kommission die Berufsverbände in den Mitgliedstaaten zu einer Überprüfung der bestehenden Regeln aufgerufen, um festzustellen, ob solche Regeln notwendig, angemessen und gerechtfertigt sind. Die Kommission kündigt an, gegebenenfalls auch Untersuchungen wegen restriktiver Praktiken durchführen.


 

Mitteilung der Kommission:

http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/cnc/2004/com2004_0293de01.pdf

 

Wettbewerbsbericht der Kommission vom 9.02.2004:

http://europa.eu.int/comm/competition/liberal_professions/final_communication_en.pdf

 

Bericht in Nachrichten aus Brüssel 3/2004 über freie Berufe und Wettbewerbsrecht m.w.N.:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten3aus2004.htm#_Toc26763713

 

Freizügigkeit

 

Anerkennung von Berufsqualifikationen

Am 20.04.2004 hat die Europäische Kommission einen geänderten Vorschlag für eine Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen vorgelegt (vgl. Artikel 250 Absatz 2 EG). Die Rechtsanwälte sind in der Richtlinie nach wie vor nur dadurch betroffen, dass die alte Hochschuldiplom-Anerkennungsrichtlinie (89/48/EWG) mit dem neuen Richtlinienvorschlag konsolidiert wird. Das gegenwärtig gut funktionierende und den Besonderheiten des Anwaltsberufs gerecht werdende System der Dienstleistungs- (77/249/EWG) und Niederlassungsrichtlinie (98/05/EG) für Rechtsanwälte bleibt gewahrt. Für dieses Ergebnis hatte sich die BRAK bereits im Vorfeld des Kommissionsvorschlags erfolgreich eingesetzt. Des Weiteren werden Berufe, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, wie z. B. Notare, vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen. Hinsichtlich der Regelungen für die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen wird nach wie vor den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gewährt, die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen von der Absolvierung einer Eignungsprüfung oder eines dreijährigen Anpassungslehrganges durch den Antragsteller abhängig zu machen. Die Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten sollte dabei schon nach dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission dem Antragsteller selbst zustehen (Artikel 14 Absatz 2 des Vorschlags). Nach dem geänderten Vorschlag muss sich eine Abweichung von der grundsätzlichen Wahlmöglichkeit des Antragstellers  nunmehr auf ein hinreichend begründetes zwingendes Erfordernis stützen.

 

Den geänderten Vorschlag der Europäischen Kommission finden Sie unter:

http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2004/com2004_0317de01.pdf

 

Weitere Informationen der Kommission über Berufsqualifikationen:

http://europa.eu.int/comm/internal_market/qualifications/future_de.htm

 

Sonstiges

 

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Renate Jaeger wird Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats wählte am 28.04.2004 Renate Jaeger mit 97 von 183 Stimmen. Die SPD-nahe Sozialrechtsexpertin wird zum 1. November nach Straßburg wechseln. Seit Ihrem 27. Lebensjahr war sie Richterin – zunächst am Sozialgericht, dann am Landessozialgericht und schließlich am Bundessozialgericht. Von dort wurde sie im März 1994 an das Bundesverfassungsgericht berufen. In dessen erstem Senat war sie als Berichterstatterin verantwortlich für das Berufsrecht der freien Berufe.

 

Pressemitteilung des BMJ:

http://www.bmj.bund.de/enid/4ec3a16a25bc0957496fb738a83ae002,1c80d6707265737365617274696b656c5f6964092d0931343134093a096d795f79656172092d0932303034093a096d795f6d6f6e7468092d093034/58.html

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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