Büro Brüssel
10. Ausgabe
/2004 19.05.2004
Themen
in dieser Ausgabe: - Verfahrensrechte in
Strafverfahren - Angleichung und gegenseitige Anerkennung |
- Bekanntmachungen im EU Wettbewerbsrecht - Deutsch-Chinesischer Rechtsstaatsdialog - Praktische Hinweise für den Europäischen Gerichtshof
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Strafrecht
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Verfahrensrechte
in Strafverfahren
Am 28.04.2004 hat die Europäische
Kommission einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über bestimmte
Verteidigungsrechte in Strafverfahren innerhalb der EU veröffentlicht. Damit
sollen gemeinsame Mindestnormen für bestimmte Verfahrensrechte festgelegt
werden. Der Vorschlag ist das Ergebnis der Konsultation über das Grünbuch zu
Verfahrensgarantien in Strafverfahren, zu dem auch die BRAK Stellung genommen
hat. Er umfasst Regelungen zum Zugang von Verdächtigen und Angeklagten zu Rechtsbeistand,
zur Beiziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers bei ausländischen
Angeklagten, die konsularische Unterstützung an ausländische Festgenommene,
Erklärung der Rechte sowie Überwachung und Bewertung. Die verdächtigte Person
soll so schnell wie möglich, insbesondere schon bevor sie Fragen in Bezug auf
die Anklage beantwortet, Rechtsbestand durch einen qualifizierten Rechtsanwalt
erhalten. Dies entspricht der Forderung der BRAK im
Konsultationsverfahren. Dieses Recht soll ferner während des gesamten
Strafverfahrens bestehen. Rechtsbeistand soll nach dem Vorschlag ferner immer
bereitgestellt werden, wenn die verdächtige Person aufgrund ihrer
medizinischen, physischen oder emotionalen Verfassung nicht in der Lage ist,
das Verfahren zu verstehen oder diesem zu folgen. Das Gleiche soll gelten, wenn
es sich um einen Minderjährigen oder um eine Person handelt, gegen die ein
Europäischer Haftbefehl ausgestellt wurde oder die Gegenstand eines
Auslieferungsverfahrens ist. Die Mitgliedstaaten sollen die Kosten des
Rechtsbeistands tragen, wenn diese für die verdächtige Person eine übermäßige Belastung
darstellen würden. Für dieses Ergebnis hatte sich auch die BRAK in ihrer
Stellungnahme ausgesprochen. Schließlich soll ein System zur Ablöse des
ursprünglichen Rechtsanwalts eingerichtet werden, wenn seine Arbeit sich als
nicht wirkungsvoll" erweist. Was die Kommission mit dieser Regelung
meint, bedarf noch weiterer Klärung. Die Kommission hat entgegen der Forderung
der BRAK - das Recht auf vorübergehende Freilassung gegen Kaution, die
Unschuldsvermutung und andere Garantien in Bezug auf Beweise sowie den
Grundsatz ne bis in idem in diesen Rahmenbeschluss
nicht aufgenommen. Sie beabsichtigt, für diese Rechte gesonderte Rechtsakte einzuleiten.
Der
Vorschlag für den Rahmenbeschluss ist abrufbar unter:
Presseinformationen
der Europäischen Kommission:
Das
dem Rahmenbeschluss vorangegangene Grünbuch zu Verfahrensgarantien in
Strafverfahren ist zu lesen unter:
http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2003/com2003_0075de01.pdf
Die
Stellungnahme der BRAK zum Grünbuch ist abrufbar unter:
http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/GBStrauda.pdf
Angleichung und
gegenseitige Anerkennung strafrechtlicher Sanktionen
Die Europäische Kommission
hat am 30.04.2004 ein Grünbuch über die Angleichung, die gegenseitige
Anerkennung und die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen in der EU
veröffentlicht. Im Rahmen einer breit angelegten Konsultation will die Kommission
prüfen, inwieweit Unterschiede zwischen den strafrechtlichen Sanktionssystemen
der Mitgliedstaaten bestehen bzw. inwiefern diese die justizielle Zusammenarbeit
zwischen den Mitgliedstaaten erschweren. Die Konsultation soll darüber Auskunft
geben, ob die Vorlage eines Legislativvorschlags in diesem Bereich sinnvoll
ist, um einerseits eine gewisse Annäherung der Vorschriften für strafrechtliche
Sanktionen allgemein und andererseits die gegenseitige Anerkennung von
freiheitsentziehenden Sanktionen, Geldstrafen und bußen, Aberkennung von
Rechten, Einziehung sowie Sanktionen gegen juristische Personen zu erreichen.
Dabei werden auch die unterschiedlichen Regeln des allgemeinen Strafrechts in den
Mitgliedstaaten untersucht, u. a. die Einleitung der Strafverfolgung, der
Ermessensspielraum des Richters, Täterschaft und Teilnahme, der Versuch,
erschwerende und mildernde Umstände, der so genannte Rückfall oder Fragen der
Tateinheit oder Tatmehrheit. Das Grünbuch enthält außerdem in drei Anhängen
eine Bestandsaufnahme und vergleichende Analyse des Rechts der Mitgliedstaaten
zu den im Urteil angeordneten Modalitäten für die Vollstreckung
freiheitsentziehender Sanktionen, zu so genannten alternativen Sanktionen
(gemeinnützige Arbeit, Mediation in Strafsachen, staatsanwaltlicher Vergleich)
und über die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen. Die Kommission ruft die
interessierten Kreise auf, bis spätestens zum 31.07.2004 gegenüber der Generaldirektion
Justiz und Inneres Stellung zu nehmen.
Das
Grünbuch ist zu lesen unter:
http://www.europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/gp_sanctions/green_paper_de.pdf
Presseinformationen
der Europäischen Kommission (nur französisch):
http://www.europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/news_sanctions_fr.htm
Weitere
Informationen der Europäischen Kommission zur gegenseitigen Anerkennung in
Strafverfahren (englisch):
Wirtschaftsrecht
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Bekanntmachungen
im EU-Wettbewerbsrecht
Am
01.05.2004 ist die Verordnung (EG) 1/2003 in Kraft getreten. Diese löst die bis
dahin mehr als vierzig Jahre gültige Verordnung (EWG) 17/62 ab. Die neue
Verordnung bedeutet einen Systemwechsel im Kartellrecht im Hinblick auf eine
Dezentralisierung der Anwendung der Wettbewerbsvorschriften. Mit zunehmender
Einschaltung der nationalen Gerichte oder Behörden wird das bisherige
Anwendungsmonopol der Europäischen Kommission wegfallen. Während die nationalen
Gerichte und Behörden bei Anwendung von europäischem Wettbewerbs- und
Kartellrecht ihr eigenes Verfahrensrecht anwenden, beschränkt sich die Europäische
Kommission darauf, die Wettbewerbspolitik zu formulieren, das Netzwerk der
Kartellbehörden zu koordinieren und Einzelfälle von besonderer Bedeutung zu
bearbeiten. Weiterhin besteht auf materiell-rechtlicher Ebene der Anwendungsvorrang
von Art. 81 ff. EG gegenüber nationalem Wettbewerbsrecht. Der Systemwandel mit
der damit verbundenen Aufgrund der VO (EG) 1/2003 fällt ebenfalls das in der
alten VO (EWG) 17/62 vorgesehene Notifizierungsverfahren bei der
Europäischen Kommission weg. Es ist nun die Aufgabe der betroffenen Unternehmen
aufgrund eigener Einschätzung des Sachverhalts sicherzustellen, dass kein
Wettbewerbsverstoß vorliegt. Zuständigkeitsverlagerung auf nationale Ebene
veranlasste die Europäische Kommission nachfolgende Bekanntmachungen im Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften Ende April zu veröffentlichen.
Leitlinien
zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag:
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/c_101/c_10120040427de00970118.pdf
Leitlinien
über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den
Artikeln 81 und 82 des Vertrags:
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/c_101/c_10120040427de00810096.pdf
Informelle
Beratung bei neuartigen Fragen zu den Artikeln 81 und 82 des Vertrages, die in
Einzelfällen auftreten:
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/c_101/c_10120040427de00780080.pdf
Behandlung
von Beschwerden durch die Kommission gemäß Artikel 81 und 82 EG:
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/c_101/c_10120040427de00650077.pdf
Zusammenarbeit
zwischen der Kommission und den Gerichten der EU-Mitgliedstaaten zu Art. 81 und
82 EG:
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/c_101/c_10120040427de00540064.pdf
Zusammenarbeit
innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden:
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/c_101/c_10120040427de00430053.pdf
Leitlinien
zur Anwendung von Artikel 81 EG-Vertrag auf Technologietransfer-Vereinbarungen
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/c_101/c_10120040427de00020042.pdf
Sonstiges
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Deutsch-Chinesischer
Rechtsstaatsdialog
Am
17.05. und 18.05.2004 fand das fünfte deutsch-chinesische Symposion zum
deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog in Peking statt. Der Rechtsstaatsdialog
zwischen Deutschland und China geht auf eine Initiative von Bundeskanzler
Gerhard Schröder im November 1999 zurück. Bei seinem damaligen Besuch in China
hatte der Bundeskanzler einen umfassenden Dialog mit China über Fragen des
Rechtsstaats vorgeschlagen. Im Sommer 2000 unterzeichneten Deutschland und
China eine entsprechende Vereinbarung. Seither fand in jedem Jahr ein
bilaterales Symposium statt. Ergänzt werden die Symposien durch Arbeitstreffen
von Fachdelegationen. Die Bundesrechtsanwaltskammer nahm regelmäßig so auch
dieses Jahr- vertreten durch ihren Präsidenten an dem Rechtstaatsdialog teil. Geplant
ist für die Zukunft, dass ein Hospitationsprogramm für junge chinesische
Rechtsanwälte in Deutschland stattfindet.
Pressemitteilung
BMJ:
Rede
der Bundesjustizministerin in China:
http://www.bmj.de/enid/my.html
Allgemeines
zum deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog:
http://www.bmj.bund.de/enid/ce4e78d47028183c2d6859e38d3f3c2d,0/8p.html
Zur
Durchsetzung der europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten
in seinen Mitgliedstaaten hatte der Europarat zunächst drei Organe geschaffen:
Die Europäische Kommission für Menschenrechte (1954), den Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte (1959) und das Ministerkomitee des Europarates, das sich aus
den Außenministern der Mitgliedstaaten zusammensetzt. Dem
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, EGMR, mit Sitz in Straßburg,
gehört je ein Richter jedes Mitgliedstaats an. Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte war bis 1998 zweite internationale Instanz für Verfahren gemäß
der Europäischen Menschenrechtskonvention, in erster Instanz entschied die
Europäische Kommission für Menschenrechte. Seit 1998 hat der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte auch die Aufgaben der letzteren übernommen.
Einerseits können Staaten jederzeit gegen einen anderen Staat Klage
aufgrund einer Vertragsverletzung einreichen. Die Anzahl dieser Klagen ist
allerdings sehr geringfügig. Andererseits kann jede Person im Falle der
Verletzung eigener Menschenrechte, Klage vor dem Europäischen
Menschengerichtshof erheben. Schließlich kann der Gerichtshof auf Antrag auch
Gutachten erstellen.
Homepage
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte:
http://www.coe.int/T/D/Menschenrechtsgerichtshof/
Homepage des Europarates:
Glossar
zur Terminologie des Gerichtshofs:
Europäische
Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten:
http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/ListeTraites.asp?CM=8&CL=GER
Merkblatt:
http://www.echr.coe.int/Notesfor%20guidanceApplicants/NoticeGER.pdf
Erläuterungen
für Beschwerden:
http://www.echr.coe.int/Notesfor%20guidanceApplicants/NoticeGER.pdf
Beschwerdeformular:
http://www.echr.coe.int/Application%20forms/FormulaireGER.pdf
10 neue Richter am EuGH
Die Vertreter der
Regierungen der Mitgliedstaaten der EU haben am 01.05.2004 die Ernennung von 10
neuen Richtern aus den neuen Mitgliedstaaten beim Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften beschlossen. Für die Zeit vom 01.05.2004 bis zum 06.10.2006
werden beim EuGH zu Richtern ernannt:
Herr Jiøí MALENOVSKÝ
(Tschechische Republik) Herr Uno
LÕHMUS (Estland)
Herr George ARESTIS
(Zypern) Herr Ján
KLUÈKA (Ungarn)
Herr Egils LEVITS
(Lettland) Herr
Marko ILEIÈ (Polen)
Herr Pranas KURIS
(Litauen) Herr
Jerzy MAKARCZYK (Slowenien)
Herr Anthony BORG-BARTHET (Malta) Herr
Endre JUHÁSZ (Slowakei)
Der
Beschluss der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten ist abrufbar unter:
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/l_169/l_16920040501de00220022.pdf
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M.. |
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