Büro Brüssel
Ausgabe
14/2004 15.07.2004
Themen
in dieser Ausgabe: - EuGH-Urteil zum
Defizitverfahren gegen Deutschland |
- EuGH - Vorlageverfahren
in italienischer Anwaltsgebührensache - Begründete Stellungnahme
zum VW-Gesetz - Deutscher UIA Vizepräsident - Debatte über den europäischen
Verfassungsvertrag |
Rechtsprechung
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EuGH-Urteil zum Defizitverfahren gegen
Deutschland
Der EuGH hat
am 13.07.2004 in der Rechtssache C-27/04 über die Aussetzung des
EU-Defizitverfahrens gegen Deutschland und damit auch grundsätzlich über die
Anwendung des Stabilitätspakts gegen Länder mit dauerhaft zu hoher
Neuverschuldung entschieden. Die Kommission hatte sich der Entscheidung der
EU-Finanzminister entgegengestellt, die Verfahren gegen Deutschland und
Frankreich auf Eis zu legen, obwohl ihre Defizite 2004 das dritte Mal in Folge
die erlaubten drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes überschreiten. Die Kommission
hatte beim EuGH Klage gegen die Nichtannahme der von ihr empfohlenen Entscheidung
durch den Rat und gegen die Schlussfolgerungen des Rates erhoben. Mit letzteren hatte er die Verfahren bei übermäßigem
Defizit ausgesetzt Der EuGH
erklärt die Klage hinsichtlich der Nichtannahme der Entscheidung für unzulässig.
Er begründet dies damit, dass die vorliegende Empfehlung der Kommission keine
Entscheidung im Sinne des Vertrages darstelle, die eine mit einer Nichtigkeitsklage
anfechtbare Handlung sei. Ferner erklärt der EuGH auch die vom Rat angenommenen Schlussfolgerungen
für nichtig. Zur Begründung führt er an,
dass der Rat sich nicht von den Vorschriften des Vertrages und dem Sekundärrecht
lösen darf, das er sich selbst gesetzt hat (Verordnung 1467/97). Frankreich und
Deutschland drohen nun hohe Strafen bis zu 7,5 Milliarden Euro bzw. bis zu 10 Milliarden
Euro. Das Urteil der obersten EU-Richter verdeutlicht insbesondere die
Machtverteilung zwischen den Finanzministern und der Kommission bei der Überwachung der nationalen Haushalte. Das Urteil
veranschaulicht außerdem einmal mehr die Position des EuGH als oberste
Entscheidungsinstanz im Rahmen politischer Auseinandersetzungen auf europäischer
Ebene.
Das Urteil des EuGH können Sie lesen
unter:
Pressemitteilung des EuGH:
http://curia.eu.int/de/actu/communiques/cp04/aff/cp040057de.pdf
Die
Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 07.07.1997 über die Beschleunigung
und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit ist abrufbar unter:
Wirtschaftsrecht
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In dem Verfahren Meloni (Vorabentscheidungsersuchen in der Rs. C-202/04
v. 07.04.2004) geht es um die Frage, ob eine anwaltliche Gebührenordnung
wettbewerbskonform ist, die außergerichtliche Vergütungen mit Mindest- und
Höchstsätzen regelt. Obwohl der Europäische Gerichtshof im Verfahren Arduino
(Rs. C- 35/99 v. 19.02.2002) bereits entschieden hatte, dass er die italienische
Gebührenordnung für wettbewerbskonform halte, sei, so das vorlegende
italienische Gericht, über die Besonderheit der festen Vergütung für
außergerichtliche Tätigkeiten noch nicht entschieden worden. Das vorlegende
Gericht stellt die Wettbewerbskonformität dieser Regelung in Frage. Es
bezweifelt, dass der Erlass einer Gebührenordnung, die Mindest- und Höchstsätze
für außergerichtliche Leistungen vorsehe, ein bestimmtes Qualitätsniveau der
reglementierten Dienstleistungen gewährleisten könne. In Italien unterliegen
die außergerichtlichen Beratungstätigkeiten keinem Anwaltsmonopol. Die zu
entscheidende Frage stellt sich nach deutschen Gebührenrecht nicht, da mit dem
neuen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Gebühren für außergerichtliche Leistungen
des Anwalts frei vereinbart werden können.
Nachrichten aus Brüssel 13/2004 zu Architektengebühren:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten13aus2004.htm
Wettbewerbsbericht der
Kommission vom 9.02.2004:
http://www.europa.eu.int/comm/competition/liberal_professions/final_communication_de.pdf
Nachrichten aus Brüssel
10/2004 zu Bekanntmachungen im EU-Wettbewerbsrecht:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten10aus2004.htm#_Toc26763713
Nachrichten aus Brüssel
3/2004 zum Wettbewerbsbericht der Kommission:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten3aus2004.htm
Nachrichten aus Brüssel
21/2003 zu belgischen Architektenhonoraren:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten21aus2003.htm#_Toc26763713
Am
12.07.2004 hat die deutsche Bundesregierung im Rechtsstreit mit der
Europäischen Kommission zum VW Gesetz ihre Erklärung zur Begründeten
Stellungnahme der Kommission gegenüber abgegeben. Die Bundesregierung bleibt
bei ihrer Meinung, dass das VW-Gesetz rechtmäßig sei. Die Europäische
Kommission hatte am 19.03.2003 ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226
EG gegen Deutschland eingeleitet. Die Kommission befürchtete, dass einige Bestimmungen
des 1960 erlassenen und später mehrfach geänderten Volkswagengesetzes
(VW-Gesetz) Investoren aus anderen EU-Mitgliedstaaten abschrecken und damit
gegen die Vorschriften des EG-Vertrags über den freien Kapitalverkehr (Art. 56)
und die Niederlassungsfreiheit (Art. 43) verstoßen könnten. Die
Kommission kritisiert insbesondere das Höchststimmrecht, nach dem kein Aktionär
mehr als 20 % der Stimmen ausüben kann, die Sperrminorität von 20% und die
Entsenderechte zur Vertretung im Aufsichtsrat. Die Bundesregierung hält das
Gesetz für europarechtskonform. Gerade mit Blick auf die Historie des
VW-Gesetzes ergebe sich, dass keine Begünstigung der öffentlichen Hand als
Anteilseigner vorliege, so dass keine Vergleichbarkeit zu den Fällen der
Golden Shares bestünde. Aufgrund der ungeklärten Eigentumsverhältnisse nach
dem Zweiten Weltkrieg stelle das Gesetz einen noch heute gültigen, sorgfältig
austarierten Interessenausgleich zwischen sämtlichen Beteiligten dar. Die
aktive Teilnahme an Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens sei für alle
Aktionäre auch zukünftig gewährleistet.
Pressemitteilung
BMJ:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten13aus2003.htm#_Toc26763713
Bericht
über Golden Shares in Nachrichten aus Brüssel 10/2003:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten10aus2003.htm#_Toc26763713
Bericht
zum Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in Nachrichten aus Brüssel
6/2003:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten6aus2003.htm#_Toc26763713
Sonstiges
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Deutscher
UIA Vizepräsident
Der
deutsche Rechtsanwalt Dr. Bernd Reinmüller ist am 18. Juni 2004 in Beirut mit großer
Mehrheit zum neuen Ersten Vizepräsidenten der Union Internationale des Avocats
gewählt worden. Aller Voraussicht nach wird Dr. Reinmüller sein Amt als UIA
Präsident im Jahre 2008 antreten. Dr. Reinmüller ist seit langer Zeit
verdienstvolles Mitglied des deutschen UIA Komitee. Im UIA Komitee sind Vertreter
der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwalt Vereins vertreten, die
sich für die Interessen der deutschen Anwaltschaft auf internationaler Ebene
einsetzen. Dr. Reinmüller wird sich entsprechend vor allem für die deutschen
berufsrechtlichen Belange stark machen.
Homepage
der UIA:
http://www.uianet.org/index.jsp
Debatte
über den neuen Verfassungsvertrag
Die Präsidenten des EP (Pat Cox), der Europäischen Kommission (Romano
Prodi) und des Ausschusses der Regionen (Peter Straub) rufen dazu auf,
öffentliche Debatten über den neuen europäischen Verfassungsvertrag zu
veranstalten. Sie fordern insbesondere die Abgeordneten und die Vertreter der
europäischen, nationalen, regionalen und kommunalen Behörden der 25 Mitgliedstaaten
der EU auf, sich auf diese Weise an der Aktion 1000 Debatten für Europa zu
beteiligen. Hintergrund dieses Aufrufs ist, die europäischen Bürger stärker in
die Diskussion über die Verfassung mit einzubeziehen. Die Verfassung wird von
den Staats- und Regierungschefs am 29.10.2004 in Rom offiziell unterzeichnet.
Jedes Land muss danach den Verfassungsvertrag entweder über ein Referendum oder
eine parlamentarische Abstimmung innerhalb von zwei Jahren ratifizieren. Die
Staaten Dänemark, Irland, Spanien, Portugal und Großbritannien haben bereits
ein Referendum angekündigt. In anderen Ländern ist es momentan noch offen, ob es
Referenden geben wird.
Das Teilnahmeformular für die Organisation von Veranstaltungen finden
Sie hier:
http://europa.eu.int/futurum/1000debates/index.cfm?page=dsp_debate_app_form&lng_id=1
Informationen zu dieser Initiative sowie eine Übersicht aller Aktionen
nach Ländern geordnet und einen Bereich für Ihre Beiträge finden Sie auf der
Website
http://europa.eu.int/futurum/1000debates/.
Den Aufruf können Sie lesen unter:
Vorläufige konsolidierte Fassung des
Vertrages über eine Verfassung für Europa (englisch):
http://www.europa.eu.int/futurum/documents/other/oth180604_2_en.pdf
Zusammenfassung der Einigung über den
Verfassungsvertrag (englisch):
http://www.europa.eu.int/futurum/documents/other/oth250604_2_en.pdf
Dokumente, auf deren Grundlage die
Einigung der Regierungschefs erfolgte:
http://ue.eu.int/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/de/misc/81112.pdf
http://ue.eu.int/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/de/misc/81198.pdf
Der vom Verfassungskonvent vorgelegte
Entwurf eines Vertrages über eine Verfassung für Europa ist hier abrufbar:
http://european-convention.eu.int/docs/Treaty/cv00850.de03.pdf
Weitere Informationen der EU zur
Zukunft der Europäischen Union:
http://www.europa.eu.int/futurum/index_de.htm
Informationen zum Thema finden Sie in
der Ausgabe 13/2004 der Nachrichten aus Brüssel:
http://www.brak.de/seiten/pdf/Bruessel/Nachrichten/2004/Nachrichten13aus2004_end.pdf
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743
86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M.. |
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