Büro Brüssel

Ausgabe 17/2004                                                                                                                16.09.2004

 

Themen in dieser Ausgabe:

Strafrecht

- Grünbuch Überwachungsmaßnahmen

- Tätigkeit von Verteidigern vor dem IStGH

 

 

Sonstiges

- Rechtsanwälte in Lettland

- Europäischer Verfassungsvertrag

 


 

Strafrecht

 

Grünbuch Überwachungsmaßnahmen

Die Europäische Kommission hat am 17.08.2004 ein Grünbuch über die gegenseitige Anerkennung von Überwachungsmaßnahmen ohne Freiheitsentzug im Ermittlungsverfahren vorgelegt, das als Diskussionsgrundlage für die Vorbereitung eines entsprechenden Gesetzesvorschlags dienen soll. Das Grünbuch soll insbesondere Richter, Staatsanwälte, Strafverteidiger, Sozialarbeiter, Bewährungshelfer, Personal von Untersuchungsgefängnissen und Haftanstalten, Berufsvertretungen und öffentliche Stellen in das Konsultationsverfahren einbeziehen. In einem Arbeitsdokument legt die Kommission dar, wie dieser Rechtsakt aussehen könnte. Leitgedanke ist, die Untersuchungshaft durch eine Überwachungsmaßnahme ohne Freiheitsentzug zu ersetzen und diese Maßnahme auf den Mitgliedstaat zu übertragen, in dem der Beschuldigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Damit soll der Betreffende die Überwachungsmaßnahme in seinem gewohnten Umfeld durchführen können, bis das Verfahren in dem ausländischen Mitgliedstaat stattfindet. Die Kommission bittet um Stellungnahmen bis zum 30.11.2004. Sie wird zum Grünbuch eine öffentliche Anhörung veranstalten.

 

Einige maßgebliche Bereiche (Rechtsbeistand, Beiziehung eines Dolmetschers und Übersetzers, besonders schutzwürdige Personen, konsularische Unterstützung/Recht auf Kommunikation und die „Erklärung der Rechte“) wurden bereits im Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über bestimmte Verfahrensrechte in Strafverfahren abgedeckt. Die BRAK hatte zu dem dem Rahmenbeschlussvorschlag vorausgegangenen Grünbuch über Verfahrensgarantien in Strafverfahren Stellung genommen.

 

Das Grünbuch über die gegenseitige Anerkennung von Überwachungsmaßnahmen ohne

Freiheitsentzug im Ermittlungsverfahren:

http://www.europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/gp_30112004/gp_de.pdf

 

Arbeitsunterlage der Kommission (Anhang zum Grünbuch):

http://www.europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/gp_30112004/staff_working_paper_sec_1046_de.pdf

 

Stellungnahme der BRAK zum Grünbuch über Verfahrensgarantien in Strafverfahren:

http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/GBStrauda.pdf

 

Tätigkeit von Verteidigern vor dem IStGH

Verteidiger, die an der Tätigkeit vor dem Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag interessiert sind, können sich in eine vom Kanzler des IStGH momentan noch vorläufig geführte Liste gemäß Art. 21 der Verfahrensordnung des IStGH eintragen lassen. Für die Eintragung muss der Rechtsanwalt die in Art. 22 der Verfahrensordnung genannten Voraussetzungen erfüllen. Insbesondere muss er Kenntnisse im Völkerrecht oder Straf- und Strafprozessrecht und prinzipiell 10 Jahre Berufserfahrung als Richter, Staatsanwalt oder Verteidiger in Strafverfahren vorweisen können, um als leitender Verteidiger (leading counsel) auftreten zu können. Rechtsanwälte, die über weniger als 10 Jahre Erfahrung verfügen, können gemeinsam mit einem leitenden Verteidiger auftreten. Außerdem muss der Verteidiger mindestens eine der zwei Arbeitssprachen des Gerichtshofs (Englisch oder Französisch) beherrschen. Verteidiger müssen außerdem folgende Dokumente gleichzeitig einreichen: das ausgefüllte Bewerbungsformular und eine Zulassungsbescheinigung der Rechtsanwaltskammer, ein polizeiliches Führungszeugnis und einen detaillierten  Lebenslauf mit Hinweisen auf relevante Kompetenzen und Berufserfahrung, einen Nachweis der Berufshaftpflichtversicherung, Kopien der Geburtsurkunde, des Personalausweises bzw. Reisepasses sowie zwei Passfotos. Bis zum 14.05.2004 hat der Gerichtshof bereits 35 Anträge auf Eintragung in die Liste der Verteidiger erhalten. Sobald die rechtlichen Texte des Gerichtshofs endgültig angenommen ist, wird der Kanzler nach Überprüfung der Qualifikationen der Verteidiger auf der vorläufigen Liste diese in die endgültige Liste aufnehmen.

 

Das Bewerbungsformular für Verteidiger (englisch) ist hier abrufbar:

http://www.icc-cpi.int/library/defence/lc_candidates_form.doc

 

Das Formular für die Zulassungsbescheinigung, auszustellen von der Rechtsanwaltskammer („Certificat of good standing“) finden Sie hier:

http://www.icc-cpi.int/library/defence/certificate_goodstanding.doc

 

Weitere Informationen über die vorläufige Liste der Verteidiger erhalten Sie hier:

http://www.icc-cpi.int/defence/defcounsel.html

 

Die Verfahrensordnung des IStGH (Rules of Evidence and Procedure) finden Sie hier:

http://www.icc-cpi.int/library/officialjournal/Rules_of_Proc_and_Evid_070704-EN.pdf

 

Die Internetseite des IStGH:

http://www.icc-cpi.int/

 

Sonstiges

 

Rechtsanwälte in Lettland

Die BRAK besuchte Mitte September mit einer Delegation die lettische Anwaltskammer in Riga. Dabei wurden auch Gespräche mit der lettischen Justizministerin und dem Parlamentarischen Staatssekretär des Justizministeriums geführt. Auf etwa 2,5 Millionen Einwohner kommen 665 verkammerte Rechtsanwälte (Advokati). Das Kollegium der Anwaltschaft wird geleitet vom Rat der Anwaltschaft, der aus neun Anwälten besteht und dem wiederum ein Präsident und ein Vizepräsident vorstehen. Dem Rat obliegt u.a. die Finanzgewalt, die Leitungs- und Koordinierungskompetenz und die Prüfungskompetenz. Um in die Anwaltschaft aufgenommen zu werden, muss nach dem Studium und mindestens dreijähriger Berufspraxis, die entweder als „Anwaltsgehilfe“ oder „Quereinsteiger“ abgeleistet werden kann, eine Anwaltsprüfung abgelegt werden. Wiederholt wurde von offizieller Seite betont, wie nützlich ein Praktikum für lettische Junganwälte in Deutschland sei. Ausbildungsbereite deutsche Anwaltskanzleien werden daher gebeten, sich bei der BRAK zu melden.

 

Kontaktadresse:

info@brak.de

 

Internetauftritt der lettischen Botschaft in Deutschland:

http://www.botschaft-lettland.de

 

Deutsch-Baltische Handelskammer:

http://www.ahk-est.ee

 

Europäischer Verfassungsvertrag

Am 06.08.2004 ist die endgültige Textfassung des Vertrages über eine Verfassung für Europa im Internet veröffentlicht worden, über den die Staats- und Regierungschefs im Juni 2004 Einigkeit erreicht hatten. Der Text besteht aus dem Verfassungsvertrag selbst, insgesamt 36 Protokollen und 2 Anhängen (Addendum 1) sowie 48 Erklärungen zur Schlussakte der Regierungskonferenz (Addendum 2). Inhaltlich ergeben sich im Bereich der Institutionen, der Grundrechtecharta und den Bereichen Justiz und Inneres (Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts) keine Änderungen zu den im Rahmen der Einigung erzielten Ergebnissen.

 

Der endgültige Text des Verfassungsvertrages (349 Seiten) ist abrufbar unter: http://ue.eu.int/igcpdf/de/04/cg00/cg00087.de04.pdf

 

Das Addendum 1 finden Sie hier (382 Seiten):

http://ue.eu.int/igcpdf/de/04/cg00/cg00087-ad01.de04.pdf

 

Das Addendum 2 finden Sie hier (121 Seiten):

http://ue.eu.int/igcpdf/de/04/cg00/cg00087-ad02.de04.pdf

 

Einen Bericht zur Einigung über den Verfassungsvertrag finden Sie in der Ausgabe 13/2004 der Nachrichten aus Brüssel:

http://www.brak.de/seiten/pdf/Bruessel/Nachrichten/2004/Nachrichten13aus2004_end.pdf

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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