Büro Brüssel
Ausgabe
2/2005 27.01.2005
Themen in dieser Ausgabe: -Europäischer Vollstreckungstitel -3.Geldwäschrichtlinie |
-Vergaberecht -Dienstleistungsrahmenrichtlinie -Versorgungseinrichtungen für
Rechtsanwälte -Wahl
des Präsidenten des Europäischen Rech- nungshofes -Verfassungsdiskussion |
Zivilrecht
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Europäischer
Vollstreckungstitel
Am 19.01.2005 hat die Bundesregierung
den Entwurf eines EG Vollstreckungstitel Durchführungsgesetzes beschlossen.
Dieser dient zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 21.04.2004 zur Einführung eines europäischen
Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen. Ziel der Verordnung ist
es, jede Nachprüfung der Entscheidungen eines anderen Mitgliedstaats in Vollstreckungsverfahren
entbehrlich zu machen. Eine Nachprüfung der Entscheidung (Exequaturverfahren)
soll nicht mehr unerlässliche Voraussetzung für die Vollstreckung sein. Ferner
wird der europäische Vollstreckungstitel Mindestvoraussetzungen für die Zustellung
enthalten, um Schuldnerrechte zu wahren. Die BRAK begrüßte seinerzeit in ihrer
Stellungnahme
gegenüber der Kommission die Abschaffung des Exequaturverfahrens. Dadurch
würden immer noch existierende Probleme bei der grenzüberschreitenden Vollstreckung
weitgehend minimiert. Die Durchführungsvorschriften sollen in das neu geschaffene
11. Buch der ZPO integriert werden.
Über den Europäischen
Vollstreckungstitel berichteten wir bereits in den Ausgaben Nr. 16 und 8 aus 2004 der
Nachrichten aus Brüssel.
Strafrecht
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3. Geldwäscherichtlinie
Am
18.01.05 hat der Petitionsausschuss des
EP die Stellungnahme
von Luciana Sbarbati zur 3. Geldwäscherichtlinie ohne jede Änderung angenommen.
Mit der Annahme des Berichts folgt der Petitionsausschuss der Meinung
Sbarbatis, wonach die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts auf der Wahrung der
Verschwiegenheitspflicht beruht und diese durch die 3.
Geldwäscherichtlinie untergraben zu werden droht. Der Bericht fordert, den
Entwurf so lange zurückzustellen, bis die Auswirkungen der 2.
Geldwäscherichtlinie auf die Rechtsberufe überprüft worden sind. Im Rechtsausschuss des EP hat Diana Wallis ihren Bericht
am 20.01.05 vorgelegt und äußert darin ähnliche Bedenken. Auch hier wird der
Eingriff in das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant moniert. Auch
sollte der Begriff der schweren Straftat modifiziert werden, da es nicht
möglich sei, auf die Länge der Straftat abzustellen. Damit greifen beide
Berichterstatterinnen generelle
Bedenken der Anwaltschaft auf. Die Europäische
Kommission hatte seinerzeit am 30.06.04 den Vorschlag für eine Richtlinie zur
Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche
einschließlich der Finanzierung des Terrorismus (2004/137/EG - 3.
Geldwäscherichtlinie) vorgelegt. Damit soll die bestehende 2.
Geldwäscherichtlinie (2001/97/EG) aktualisiert werden. Der
Geldwäschetatbestand wird darin neu definiert, um insbesondere die Finanzierung
des Terrorismus zu erfassen. Die Richtlinie soll damit den im Jahr 2003
überarbeiteten 40 Empfehlungen zur Geldwäschebekämpfung angepasst werden, die
die Arbeitsgruppe Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF)
aufgestellt hat. Rechtsanwälte unterliegen grundsätzlich den Bestimmungen der
Richtlinie, wie bereits in der 2. Geldwäscherichtlinie vorgesehen, wenn sie für
ihren Mandanten Finanz- oder Immobilientransaktionen tätigen. Dabei besteht die
Befreiung von der Pflicht zur Meldung des Verdachts auf Geldwäsche für Anwälte
auch in dieser Richtlinie fort, wenn der Anwalt die Informationen vor, während
oder nach dem Gerichtsverfahren oder im Rahmen der Rechtsberatung des Mandanten
erlangt. Die Rechtsberatung unterliegt somit weiterhin der anwaltlichen
Verschwiegenheitspflicht, es sei denn der Anwalt ist an Geldwäschevorgängen
beteiligt oder die Rechtsberatung wird zum Zwecke der Geldwäsche erteilt. Für
dieses Ergebnis hatte sich die BRAK im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens zur
2. Geldwäscherichtlinie eingesetzt.
Wirtschaftsrecht
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Vergaberecht
Der EuGH hat in einem lange erwarteten Urteil
klargestellt, dass Kommunen das Vergaberecht auch dann beachten müssen, wenn
sie Aufträge an eigene Unternehmen mit privater Beteiligung vergeben. Dem
Urteil vom 11.01.05 lag die Frage zugrunde, ob es mit EU-Recht (zu
den Richtlinien) vereinbar sei, wenn die Stadt Halle einen
Dienstleistungsauftrag im Bereich der Abfallentsorgung ohne öffentliche Ausschreibung
an ein Unternehmen vergibt, dessen Kapital mehrheitlich von der Stadt Halle und
minderheitlich von einer privaten Gesellschaft gehalten wird. Dagegen wehrte
sich ein Konkurrent. Die Luxemburger Richter stellten klar, dass auch Vorgänge
im Binnenbereich der Verwaltung der Ausschreibung bedürfen. Es gilt das
Vergaberecht, sobald neben der öffentlichen Hand auch Private beteiligt sind,
egal in welcher Höhe. Bisher war entscheidend, ob der Auftraggeber den Beauftragten
wie eine eigene Dienststelle kontrollieren konnte (Teckal, Urteil
vom 18.11.99). Der Richterspruch schafft Rechtssicherheit und beseitigt
eine auf den Einzelfall bezogene Abgrenzung.
Freizügigkeit
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Versorgungseinrichtungen für
Rechtsanwälte
Die
VO Nr. 1408/71
über die Systeme der sozialen Sicherheit und die Freizügigkeit soll nach dem
Willen des EP-Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten auch
auf die Angehörigen der freien Berufe Anwendung finden. Mit der Annahme im EP
ist Ende Februar zu rechnen. Die Grundverordnung Nr. 1408/71 koordiniert seit
über 30 Jahren die Systeme der sozialen Sicherheit in Europa. Damit hätten auch
die im EU-Ausland tätigen Rechtsanwälte eine Rechtsgrundlage zum Beispiel für
die Anerkennung der Zeiten der Mitgliedschaft im Versorgungswerk durch den
Versicherungsträger in den 24 anderen EU-Ländern. Dies stellt nach Ansicht der
BRAK eine wichtige Maßnahme für die Förderung der Freizügigkeit im europäischen
Raum dar. Weitere Informationen erteilt die Arbeitsgemeinschaft
berufsständischer Versorgungseinrichtungen in Köln.
Wir
berichteten bereits in der Ausgabe Nr.7
aus 2004 der Nachrichten aus Brüssel zur CCBE - Konferenz über Anwaltsversorgungswerke.
Dienstleistungsrahmenrichtlinie
Die Berichterstatterin Evelyne Gebhardt
hat am 18.01.05 ihr Arbeitsdokument
zur Dienstleistungsrahmenrichtlinie
vorgestellt. Sie hat dabei das Herkunftslandprinzip deutlich kritisiert und die
damit verbundenen Schwierigkeiten dargestellt. Sie erwähnte in diesem
Zusammenhang Tätigkeiten,
die in einigen Mitgliedstaaten Rechtsanwälten vorbehalten sind, in anderen aber
von Nichtanwälten erledigt werden können und deshalb nicht durch die
sektorspezifische Anwaltsrichtlinie abgedeckt werden. Wenn hier das
Herkunftslandprinzip der Dienstleistungsrahmenrichtlinie greife, könnten
Dienstleistungserbringer auch in einem Land eine Dienstleistung
grenzüberschreitend anbieten, die dort sonst nur Anwälten vorbehalten ist. Das würde eine
Umgehung z.B. des deutschen Rechtsberatungs- und zukünftigen Rechtdienstleistungsgesetzes
darstellen. Damit teilt sie die Bedenken der BRAK. Die BRAK hatte im Vorfeld
auf die mit dem Herkunftslandprinzip verbundenen Probleme in ihrer Stellungnahme
hingewiesen. Mit der Richtlinie beabsichtigt die Kommission den Abbau von
Hindernissen, um grenzüberschreitende Dienstleistungen und den damit verbunden
Wettbewerb zu fördern.
Wir berichteten bereits in der Ausgabe Nr.1
und Nr.12
aus 2004 der Nachrichten aus Brüssel.
Sonstiges
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Verfassungsdiskussion
Mit einer ungewöhnlichen
Maßnahme will eine Gruppe von Abgeordneten des EP verhindern, dass die Gegner
des Verfassungsvertrages mittels falscher Informationen die
Verfassungsdiskussion beeinflussen. Dafür ist am 19.01.05 eine sog. schnelle Eingreiftruppe
gegründet worden. Das Parlament werde unmittelbar mit einer Richtigstellung auf
stark verzerrende oder verfälschende Darstellungen der Verfassungsinhalte durch
die Kampagnen der Gegner reagieren, so der Leiter der achtköpfigen Task Force Jo Leinen. Innerhalb von drei
Stunden soll eine Reaktion vorliegen, um den Verfassungsgegnern nicht das Feld
zu überlassen. Und gerade bei den Volksbefragungen - die erste findet am
20.02.05 in Spanien statt befürchten die EU-Verfassungsfreunde, dass das
Verfassungswerk in den Kampagnen der Verfassungsgegner dem Populismus zum Opfer
fällt. Insgesamt sind in elf Mitgliedsstaaten Referenden über die Verfassung
vorgesehen.
Wahl des Präsidenten des Europäischen
Rechnungshofes
Die
25 Mitglieder des Europäischen Rechnungshofes haben den gebürtigen Wiener
Hubert Weber am 14.01.05
zum 10. Präsidenten ihres Organs gewählt. Die Amtszeit beträgt drei Jahre. Der
65 - Jährige tritt die Nachfolge von Juan Manuel Fabra Valles an. Mehr als die
Hälfte seines Lebens hat Weber der Rechnungsprüfung gewidmet: Vor seiner
Tätigkeit in Luxemburg - seit 1995 - hatte er bereits 25 Jahre lang beim
österreichischen Rechnungshof gearbeitet. Der in der Öffentlichkeit wenig
bekannte Rechnungshof spielt als Kontrollinstanz der Union in der
Haushaltspolitik eine wichtige Rolle. Dennoch steht er im Schatten des Europäischen
Parlaments und der Kommission, da er kein Recht sprechendes Organ ist und
keinerlei Sanktionen verhängen kann. Jedoch ist es auf der Website des Rechnungshofes
jedem EU-Bürger möglich, die kompletten Jahresberichte ab 1997 einzusehen. Der Europäische Rechnungshof wurde 1975 von den damaligen
EG-Mitgliedstaaten als Kontrollausschuss ohne Organcharakter gegründet und war
ursprünglich für die Änderung bestimmter Finanzvorschriften zuständig. Die
Notwendigkeit eines unabhängigen Rechnungshofes ergab sich erst, als die
Europäische Gemeinschaft ab dem 1. Januar 1980 einen eigenen, von den
Mitgliedstaaten unabhängigen Haushalt führte. Im Zuge des Vertrages über die
Europäische Union von 1992 wurde in Maastricht der Rechnungshof in den Rang
eines Hauptorgans gehoben.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer,
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46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M.. |
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