Büro Brüssel

Ausgabe 5/2005                                                                                                                  10.03.2005

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Anerkennung familienrechtlicher Entscheidungen

- Grünbuch Erb- und Testamentsrecht

 

Strafrecht

- Europäischer Haftbefehl

- Europol

 

 

Freizügigkeit

- Grenzüberschreitende Anwaltsversorgung

- Neue Entwicklungen bei Dienstleistungsrichtlinie

 

Sonstiges

- Europäische Verfassung

- Neues Webportal "Europa für Sie"


 

Zivilrecht

 

Anerkennung familienrechtlicher Entscheidungen

Seit dem 01.03.2005 gilt in allen Mitgliedstaaten, außer in Dänemark, die Verordnung über die elterliche Verantwortung. Umgangsrechtsentscheidungen können künftig ungehindert zwischen den Mitgliedstaaten zirkulieren. Kinder werden nach einer Trennung ihrer Eltern das Recht auf regelmäßige Kontakte mit beiden Elternteilen haben, auch wenn diese in unterschiedlichen Mitgliedsländern wohnen. Die Vorschriften der Verordnung zur Kindesentführung sollen die Rückgabe entführter Kinder innerhalb von 6 Wochen in ihren Ursprungsstaat ermöglichen. Ein Leitfaden zur Anwendung der Verordnung steht momentan nur in englischer und französischer Sprache zur Verfügung, soll jedoch in absehbarer Zeit in allen Sprachen abrufbar sein. Weitere nützliche Informationen zu diesem Themenbereich erhalten Sie auf der Internetseite „Europäisches Justizielles Netz für Zivil- und Handelssachen (EJN)“. Die Pressemitteilung finden Sie hier.

 

Grünbuch Erb- und Testamentsrecht

Am 01.03.2005 hat die Kommission ein Grünbuch zum Erb- und Testamentsrecht vorgelegt. Das Grünbuch hinterfragt Probleme, die bei der Abwicklung von Erbschaften mit Auslandsbezug entstehen können. Die Schwierigkeiten lassen sich größtenteils zurückführen auf die Unterschiede im materiellen Recht, im Verfahrensrecht und im Kollisionsrecht der Mitgliedstaaten. Auch die Frage der Zuständigkeit der Behörden ist innerhalb der EU unterschiedlich geregelt. In manchen Mitgliedsländern muss bei jedem Erbschaftsfall ein Gericht eingeschaltet werden, in anderen ist dies nur bei komplexen oder streitigen Erbfällen nötig. Ferner diskutiert das Grünbuch die Einführung eines „Europäischen Erbscheins“, der ebenso wie die Registrierung von Testamenten im Haager Programm gefordert wird. Die Kommission fordert alle interessierten Kreise auf, bis zum 30. September zum Grünbuch Stellung zu nehmen und die zur Diskussion gestellten 39 Fragen zu beantworten. Die Pressemitteilung finden Sie hier.

 

Strafrecht

 

Europäischer Haftbefehl

Die Kommission hat am 23.02.2005 einen Bericht über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten vorgelegt. Darin bewertet die Kommission die Umsetzung des Rahmenbeschlusses vom 13.06.2002 in den einzelnen Mitgliedstaaten als positiv. Der Rahmenbeschluss wird mittlerweile nach anfänglichen Verzögerungen in allen Mitgliedstaaten außer Italien angewandt, jedoch noch nicht in allen Teilbereichen in allen Mitgliedstaaten umgesetzt.

 

Über den Europäischen Haftbefehl berichteten wir bereits in der Ausgabe 13 aus 2004 der Nachrichten aus Brüssel. Die Pressemitteilungen der Kommission finden Sie hier.

 

Europol

Der Rat der Innen- und Justizminister wählte am 24.02.2005 einstimmig den Deutschen Max-Peter Ratzel zum neuen Chef von Europol. Er tritt die Nachfolge des Deutschen Jürgen Storbeck an und wird der Behörde in Den Haag für vier Jahre vorstehen.

 

Freizügigkeit

 

Grenzüberschreitende Anwaltsversorgung

Das EP hat beschlossen, dass die VO Nr. 1408/71 über die Systeme der sozialen Sicherheit und die Freizügigkeit auch Anwendung auf die freien Berufe finden soll. Die VO legte 1971 die Strukturen für die gegenseitige Anerkennung von sozialen Leistungen fest und war jährlich aktualisiert worden. Jetzt soll die Verordnung auch auf die freien Berufe Anwendung finden. Gerade für die Angehörigen der freien Berufe kommt es im Rahmen der Niederlassungsrichtlinie (98/5/EG) im Bereich der Daseinsvorsorge zu Anwendungsproblemen. Der Anwalt sieht sich mit der Frage konfrontiert, welche Versorgungseinrichtungen für ihn zuständig sind, wenn er nicht nur vorübergehend im Ausland tätig ist. In diesem Zusammenhang hat der Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) einen Leitfaden (en/fr) für die grenzüberschreitende Versorgung von Rechtsanwälten veröffentlicht. Der Leitfaden soll dem Anwalt helfen, die gewünschten Informationen zu erhalten. Daneben hat der CCBE eine Richtlinie (en/fr) ausgearbeitet, die es den Versorgungseinrichtungen erlauben soll, die VO Nr. 1408/71 über die Systeme der sozialen Sicherheit und die Freizügigkeit einheitlich anzuwenden. Der CCBE (en/fr) hofft, mit der Rückbesinnung auf die wichtigen Grundlagen des Gemeinschaftsrechts die Zusammenarbeit der einzelnen Versorgungseinrichtungen zu verstärken. Weitere Informationen erteilt die Arbeitgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV).

 

Wir berichteten bereits in den Ausgaben Nr. 7 aus 2004 und Nr. 2 aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel über Anwaltsversorgungswerke.

 

Neue Entwicklungen bei Dienstleistungsrichtlinie

Anfang 2004 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Dienstleistungsrichtlinie vorgelegt, welcher nun von verschiedenen Seiten teils heftiger Kritik ausgesetzt ist. Nachdem die Berichterstatterin im federführenden Ausschuss, Evelyne Gebhardt, das in der Richtlinie verankerte Herkunftslandprinzip kritisiert hat, plädierte Anfang März 2005 die CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament für eine Positivliste, welche die Vorschriften der Berufsausübung nennen soll, bei denen das Herkunftslandprinzip Geltung beansprucht. Eine solche Liste würde nach Ansicht der Kommission das Herkunftslandprinzip stark beschneiden. Grundsätzlich ist die Kommission jedoch zu Änderungen bereit, will aber erst die offizielle Position des Parlaments abwarten. Nach einer Entscheidung im Parlament müsste schließlich auch der Rat der Europäischen Union dem Vorschlag zustimmen. Frankreich und Deutschland bevorzugen einen neuen Entwurf anstelle von Änderungen am vorhandenen Richtlinientext.

 

Über den Kommissionsvorschlag und darauf erfolgte Reaktionen berichteten wir bereits in den Nachrichten aus Brüssel 1/2004, 12/2004, 2/2005 und 3/2005.

 

Die Stellungnahme der BRAK zum Kommissionsvorschlag finden Sie hier.

 

Sonstiges

 

Europäische Verfassung

In Frankreich wurde am 28.02.2005 die nationale Verfassung mit großer Mehrheit abgeändert. Dadurch können die Bürger Frankreichs nun verbindlich über die EU-Verfassung abstimmen. Das Referendum wird am 29.05.2005 durchgeführt. Auch über künftige EU-Erweiterungen wird das französische Volk zukünftig abstimmen können. Ein Termin für das Referendum in Dänemark wurde ebenfalls festgesetzt. Die Dänen werden am 27.09.2005 über die EU-Verfassung abstimmen. Die Niederlande datierten ihr Referendum auf den 01.06.2005 und Polen wird sein Referendum am 25.09.2005 durchführen. In Deutschland wird der Bundestag die EU-Verfassung voraussichtlich am 12.05.2005 ratifizieren.

 

Wir berichteten bereits in der Ausgabe 3/2005 unserer Nachrichten aus Brüssel über den Zeitplan der Ratifizierungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Über vergangene Abstimmungen berichteten wir in den Ausgaben 1 und 4 aus 2005. Zum Inhalt der Verfassung erhalten Sie Informationen in der Ausgabe 12 aus 2003.

 

Neues Webportal „Europa für Sie“

Auf Initiative der EU-Kommission finden EU-Bürger und Unternehmen auf dem neuen Portal „Europa für Sie“ praktische Informationen über ihre Rechte und Möglichkeiten in der EU. Zweck der Internetseite soll sein, die Suche nach Informationen zu erleichtern und bei der Überwindung von Hindernissen Hilfestellung zu geben. So bietet die Website z. B. den Bürgern die Möglichkeit, sich über Arbeitsmöglichkeiten im EU-Ausland zu informieren und Unternehmern, was sie bei einer Verlagerung oder Eröffnung einer Zweigstelle in einem anderen EU-Mitgliedstaat beachten müssen. Ferner stellt die Website rund 1.300 „nationale Merkblätter“ zur Verfügung. Die Navigation der Website kann in den 20 EU-Amtssprachen erfolgen. „Europa für Sie“ bietet auch Links zu anderen Beratungs- und Informationsdiensten der EU-Kommission, wie z. B. Europe Direct, Bürger-Wegweiserdienst, die eine kostenlose persönliche Beratung anbieten sowie zu der Website Solvit, auf der Hilfe angeboten wird, wenn EU-Vorschriften durch Behörden eines anderen Mitgliedstaates nicht oder falsch angewandt werden. Die EU-Kommission ist bemüht, sämtliche Informationen der Homepage bis September 2005 zu aktualisieren.

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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