Büro Brüssel
Ausgabe
13/2005 30.06.2005
Themen
in dieser Ausgabe: -
UN-Übereinkommen
zu elektronischen Vertragsabschlüssen -
Rom
II -
EuGH-Urteil:
Unmittelbare Wirkung von Rahmenbeschlüssen der EU im Bereich der polizeilichen
und justiziellen Zusammenarbeit -
Europäischer
Rat begrüßt Aktionsplan zum Haager Programm |
- Dienstleistungsrichtlinie - Britische
Ratspräsidentschaft - Jahres-Wettbewerbsbericht 2004 - Zukunft der EU-Verfassung - Leitlinien für die Zustimmung zur
Kommission - Keine
Pflicht zum EU-Führerschein in Deutschland |
Zivilrecht
|
UN-Übereinkommen
zu elektronischen Vertragsabschlüssen
Die Kommission hat den Rat der
Europäischen Union um ein Verhandlungsmandat für das UN-Übereinkommen zu
elektronischen Vertragsabschlüssen gebeten. Im Rahmen der UN-Kommission für
Internationales Handelsrecht (UNCITRAL) werden bereits Verhandlungen
über ein entsprechendes Abkommen geführt, mit dem einheitliche Regelungen
und Vereinfachungen für elektronische internationale Vertragsabschlusse
geschaffen werden sollen. Ziel der Kommission ist es, im Rahmen der Verhandlungen
den größtmöglichen Nutzen für europäische Unternehmen zu erzielen, u.a.
dadurch, dass durch Übereinstimmung zwischen dem Übereinkommen und der Richtlinie
2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr Rechtssicherheit und
-klarheit geschaffen wird.
Rom
II
Die Berichterstatterin Diana Wallis,
über deren Bericht der Rechtsausschuss des EP am 21. Juni 2005 abgestimmt hat,
hat mit Datum vom 27. Juni 2005 einen aktuellen Bericht
zu dem Verordnungsvorschlag
über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II)
vorgelegt. Für den 6. Juli 2005 ist eine Aussprache im Plenum des EP vorgesehen.
Strafrecht
|
EuGH-Urteil:
Unmittelbare Wirkung von Rahmenbeschlüssen der EU im Bereich der polizeilichen
und justiziellen Zusammenarbeit
Der EuGH hat im
Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Maria Pupino (Rs. C-105/03) am
16. Juni 2005 seine Entscheidung
getroffen. Dem EuGH war von einem italienischen Gericht die Frage vorgelegt
worden, ob ein nationales Gericht im Hinblick auf den Rahmenbeschluss
des Rates über die Stellung des Opfers im Strafverfahren die Möglichkeit
haben muss, Kleinkindern, die potentielle Opfer der untersuchten Misshandlungen
sind, vor der öffentlichen Gerichtsverhandlung unter angemessenen, sie
schützenden Umständen aussagen zu lassen. Der Rahmenbeschluss garantiert Opfern
ein Recht auf Anhörung im Rahmen des Strafverfahrens und bestimmt gleichzeitig,
dass die Befragung zum Schutz der Opfer nicht über das Erforderliche hinausgehen
soll.
Nach dem Wortlaut des Art. 34 Absatz 2
Buchstabe b EUV
sind Rahmenbeschlüsse zwar hinsichtlich des zu erreichenden Ziels, aber nicht
hinsichtlich der zu ergreifenden Mittel für die Mitgliedstaaten verbindlich und
nicht unmittelbar wirksam. In seiner die Vorlagefrage bejahenden Entscheidung
führt der EuGH den ähnlichen Wortlaut des Art. 249 EGV zu Richtlinien an, ohne
dabei darauf einzugehen, dass hier der Ausschluss der unmittelbaren Wirkung
gerade nicht statuiert ist. Nationale Behörden und Gerichte seien nach Art. 34
Abs. 2 Buchstabe b EUV aufgrund der Verbindlichkeit von Rahmenbeschlüssen
hinsichtlich des zu erreichenden Ziels zu einer gemeinschaftsrechtskonformen
Auslegung des nationalen Rechts verpflichtet, bei Anwendung des nationalen
Rechts sei dieses also so weit wie möglich in einer mit dem Wortlaut und Zweck
des Rahmenbeschlusses konformen Weise auszulegen. Denn wenn der Grundsatz der
loyalen Zusammenarbeit, der bedeute, dass die Mitgliedstaaten alle geeigneten
Maßnahmen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach dem Recht der EU träfen,
nicht auch im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit gelte,
so der EuGH, könne die EU ihre Aufgabe der kohärenten und solidarischen
Gestaltung der Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und ihren Völkern kaum
erfüllen. Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung dürfe allerdings nicht zu
einer Auslegung contra legem des nationalen Rechts führen.
Europäischer
Rat begrüßt Aktionsplan zum Haager Programm
Der
Europäische Rat
begrüßt in seinen Schlussfolgerungen
zur Sitzung vom 16./17. Juni 2005 u.a. die Annahme des Aktionsplans zur
Umsetzung des Haager Programms zur Stärkung des Raums der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts durch den Rat und die Kommission, mit dem die Ziele
des Haager Programms in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Er spricht sich
dafür aus, im 2. Halbjahr 2005 die Gesetzgebungsarbeiten zur Stärkung der
polizeilichen Zusammenarbeit, insbesondere zum Informationsaustausch über
terroristische Straftaten, sowie zur Bekämpfung des Terrorismus vorrangig
voranzutreiben.
Über
den Aktionsplan zum Haager Programm haben wir bereits in der Ausgabe 10
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel berichtet.
Freizügigkeit
|
Dienstleistungsrichtlinie
Der mitberatende
Rechtsausschuss des EP hat am 20. Juni 2005 über den Bericht
von Kurt Lechner (CDU) und die dazu eingereichten Änderungsanträge
abgestimmt. Der Bericht wurde mit 14 zu 9 Stimmen angenommen. Mit
Erwägungsgrund 13 wird durch den Bericht insoweit Rechtssicherheit geschaffen,
als dass ausdrücklich klargestellt wird, dass die Dienstleistungsrichtlinie
bereits existierende Gemeinschaftsrechtsakte nur ergänzt. Darüber hinaus hat
der Ausschuss den Änderungsantrag 53 zu Artikel 17 von MdP Klaus-Heiner Lehne
(CDU) angenommen, mit dem nicht nur Tätigkeiten, die unter die sektorale
Dienstleistungsrichtlinie für Rechtsanwälte fallen, sondern auch die
Tätigkeiten der Rechtsbesorgung, wie sie nach dem Recht des jeweiligen Aufnahmestaats
definiert sind, vom Anwendungsbereich des Herkunftslandsprinzips ausgenommen
sind. Damit enthält der Bericht, der am Herkunftslandsprinzip festhält,
aus Sicht der Anwaltschaft begrüßenswerte Änderungen gegenüber dem
Kommissionsvorschlag.
Über die Dienstleistungsrichtlinie
berichteten wir bereits in den Ausgaben 1, 12
aus 2004 sowie 2,
3,
5,
6,
11
und 12
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.
Die Stellungnahme der BRAK zum
Kommissionsvorschlag finden Sie hier.
Sonstiges
|
Britische
Ratspräsidentschaft
Zum 1. Juli 2005 wird Großbritannien
den Vorsitz im Rat übernehmen und damit Luxemburg ablösen. In seiner Rede
vor dem EP erklärte Tony Blair, der künftige Ratsvorsitzende, die EU sei eine
Union der Werte und Solidarität zwischen den Völkern, nicht nur ein gemeinsamer
Markt. Die Diskussion über die Zukunft Europas bringe die Chance mit sich, die
EU zu erneuern und die europäischen Ideale mit der modernen Welt zu verknüpfen.
Wichtige
Themen unter der britischen Präsidentschaft werden u.a. die
Dienstleistungsrichtlinie- sowie die Arbeitszeitrichtlinie sein. Der britische
Vorsitz werde darüber hinaus u.a. auch den Kampf gegen das Verbrechen,
Immigration, illegale Einwanderung, Menschhandel, Terrorismus und Drogenhandel
mit Nachdruck verfolgen.
Jahres-Wettbewerbsbericht
2004
Die Kommission hat den Jahres-Wettbewerbsbericht
2004 angenommen, der die maßgeblichen gesetzgeberischen und politischen
Initiativen sowie Einzelfallentscheidungen auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik
beinhaltet. Ein Kapitel des Berichts (Rn. 313 ff) ist den freien Berufen
gewidmet. Der Bericht geht dabei insbesondere auf den von der Kommission im
Februar 2004 angenommenen Bericht
über den Wettbewerb bei freiberuflichen Dienstleistungen ein, der als
Grundlage für Überlegungen zur Reform oder Modernisierung von Berufsrechten
dienen soll.
Über den Wettbewerbsbericht über Freie
Berufe berichteten wir in der Ausgabe 3
aus 2004 der Nachrichten aus Brüssel.
Zukunft
der EU-Verfassung
Der Europäische Rat hat am 16./17. Juni
2005 eine Erklärung
zur Ratifizierung des Vertrags über eine Verfassung für Europa abgeben.
Darin erklären die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, dass die
Ablehnung der Verfassung durch Frankreich und Holland zu einer Reflexion der
Lage führen müsse, die für eine ausführliche, intensivere und erweiterte
Diskussion der Bürger, der Zivilgesellschaft, der Sozialpartner sowie der
Politik in den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union genutzt werden solle.
Indes sei das europäische Aufbauwerk an sich nicht in Frage gestellt. Für
Herbst 2006 kündigt die Erklärung eine gemeinsame Bewertung der
einzelstaatlichen Diskussionen sowie eine Vereinbarung für den weiteren
Ratifizierungsprozess an.
Obwohl die Erklärung die ggf.
angepasste Fortsetzung der Ratifizierungsprozesse ausdrücklich für
gerechtfertigt hält, hat Polen das Referendum zur EU-Verfassung auf unbestimmte
Zeit verschoben.
Leitlinien
für die Zustimmung zur Kommission
Das EP hat am 7. Juni 2005 einen
Initiativ-Bericht
über die Leitlinien zur Zustimmung zur Europäischen Kommission angenommen.
Darin spricht sich das EP für eine konkretere Ausgestaltung der Grundsätze, Kriterien
und Regelungen aus, die das Zustimmungsvotum des Parlaments zum gesamten
Kollegium der Kommission regeln. Im Fokus des Berichts stehen dabei insbesondere
die Anhörungen der designierten Kommissionsmitglieder durch das EP, auf deren
Grundlage ihre Befähigung, ihr Einsatz, ihre Unabhängigkeit sowie ihre Kenntnis
des jeweiligen Ressorts und ihre Kommunikationsfähigkeiten durch das Parlament
bewertet wird.
Keine
Pflicht zum EU-Führerschein in Deutschland
Die EU-Verkehrsminister konnten sich auf ihrem Treffen am 27. Juni 2005 in Luxemburg nicht auf die Pflicht zum Umtausch der existierenden 110 Versionen nationaler Führerscheine in einen EU-Führerschein einigen. Da Deutschland, Frankreich sowie Österreich und Polen Widerstand erkennen ließen, wurde auf eine Abstimmung über den vom EP in erster Lesung bereits gebilligten Richtlinienvorschlag verzichtet.
In Deutschland wird es zunächst keine
Pflicht geben, den nationalen Führerschein binnen 10 Jahren in einen
EU-einheitlichen umzutauschen. Für den Umtausch, für den Kosten in Höhe von 30
berechnet werden, soll in Deutschland das Prinzip der Freiwilligkeit gelten.
Über den EU-Führerschein berichteten
wir bereits in der Ausgabe 20 aus
2003 und 4
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RA Dr. Wolfgang Eichele LL.M. und RAin Mila Otto LL.M. |
Der
Newsletter ist im Internet unter www.BRAK.de
abrufbar und kann auch dort be- oder abbestellt werden.
Wenn
Sie diesen Newsletter zukünftig nicht mehr erhalten möchten, schreiben Sie
bitte eine E-Mail an brak.bxl@brak.be.