Büro Brüssel
Ausgabe 16/2005
08.09.2005
Themen
in dieser Ausgabe: -
Europäisches Mahnverfahren -
EuGH- Justizielle Zusammenarbeit in -
Zivilsachen -
Haager Programm - Aktionsplan -
Deutsche konsolidierte Fassung der 3. Geldwäscherichtlinie - OLAF veröffentlicht seine Verfahrensregel |
-
Follow-up zum Bericht über den Wettbewerb bei freiberuflichen
Dienstleistungen -
Kommission - Verschärfung der Kontrollen von
Geldüberweisungen -
Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften - Fortschritte bei der Umsetzung von Binnenmarktrichtlinien - EU-Kommission veröffentlicht Eurobarometer |
Zivilrecht
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Europäisches
Mahnverfahren
Mit ihrer neuerlichen Stellungnahme
zum Verordnungsvorschlag für ein Europäisches Mahnverfahren hat die BRAK auf
den maßgeblich vom ursprünglichen Kommissionsvorschlag
abweichenden Ratsvorschlag vom 31. Januar 2005 reagiert. Die BRAK begrüßt
grundsätzlich die Einführung von unmittelbar geltenden Regelungen für ein
Europäisches Mahnverfahren. Mit ihrer Stellungnahme
aus November 2004 hatte die BRAK den Kommissionsvorschlag, der im Wesentlichen
dem deutschen Mahnverfahren ähnelt, insoweit kritisiert, als dass das Europäische
Mahnverfahren nicht auf grenzüberschreitende Sachverhalte beschränkt sein
sollte. Dieses bleibt zentraler Punkt in der neuen Stellungnahme: Aus Sicht der
BRAK ist die Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens nur zu begrüßen, sofern
die gemeinschaftliche Regelung allein grenzüberschreitende Sachverhalte
betrifft. Für die Regelungstechnik würde die BRAK anstelle vieler, verwirrender
Verweise auf das nationale Recht eine autonome Regelung begrüßen. Die
Vorwegnahme einer Beweisstation unter Zugrundelegung selektiv vom Antragsteller
vorgelegter Beweismittel erscheint der BRAK weder unter dem Aspekt der
Beschleunigung noch unter dem des Antragsgegnerschutzes sinnvoll. Zu den
weiteren Einzelheiten finden Sie bitte die Stellungnahme der BRAK aus August
2005 hier.
Weitere
Berichte finden Sie in den Ausgaben 1, 9, 20,
21
aus 2003, Ausgaben 5, 7,
18
aus 2004 sowie 8
und 11
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.
EuGH
- Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen
In dem Vorabentscheidungsverfahren
C-1/04 über die vom BGH vorgelegte Frage der Zuständigkeit des
Insolvenzgerichts bei Verlagerung des wirtschaftlichen Interessenschwerpunktes
des Schuldners in einen anderen Mitgliedstaat hat Generalanwalt Ruiz-Jarabo
Colomer seine Schlussanträge
vorgelegt. Er plädiert dafür, dass das Gericht des Mitgliedstaates, bei dem der
Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden ist, auch dann für
die Entscheidung über die Eröffnung zuständig sein soll, wenn der Schuldner
nach Antragstellung, aber vor der Eröffnung des Verfahrens, den Mittelpunkt
seiner hauptsächlichen Interessen i. S. des Art. 3 Abs. 1 S. 1 VO 1346/2000 in
einen anderen Mitgliedstaat verlegt. So werde ein ungerechtfertigter Vorteil
des Antragstellers im Rechtsstreit, welcher durch die Wahlmöglichkeit des für
ihn günstigsten nationalen Verfahrens entstünde (sog. "forum
shopping"), verhindert. Wenn der Schuldner stets nach Antragstellung die
Gerichtszuständigkeit ändern könnte, würde zudem die Effizienz
grenzüberschreitender Insolvenzverfahren vereitelt und Rechtsunsicherheit
entstehen. Auch sollten die dem vorläufigen Insolvenzverwalter durch Art. 38 VO
1346/2000 gestatteten Sicherungsmaßnahmen des vorläufigen Insolvenzverwalters
zu Lasten des in anderen Mitgliedstaaten befindlichen Schuldnervermögens nicht
ausgehöhlt werden.
Strafrecht
|
Haager Programm Aktionsplan
Mit Datum vom 12. August 2005 ist der Aktionsplan
des Rates und der Kommission zur Umsetzung des Haager Programms zur Stärkung
von Freiheit, Sicherheit und Recht in der EU im Amtsblatt der EU veröffentlicht
worden. Der Aktionsplan, der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu einem
Bezugsrahmen für die Arbeit von Rat und Kommission ausgestaltet werden soll,
nennt die gesetzgeberischen und nichtgesetzgeberischen Maßnahmen, die nach
Auffassung von Rat und Kommission für die konkrete Ausgestaltung der Leitlinien
des Haager Programms erforderlich sind, sowie ihre geplanten
Umsetzungszeitpunkte. Eine Aktualisierung des Aktionsplans ist für 2006 vorgesehen.
Über das Haager Programm berichteten wir in Ausgabe 21
aus 2004, der Aktionsplan der Kommission zum Haager Programm aus Mai 2005 war
Thema in Ausgabe 10
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.
Deutsche
konsolidierte Fassung der 3. Geldwäscherichtlinie
Die 3. Geldwäscherichtlinie ist in der
konsolidierten Fassung,
über die das EP im Mai 2005 abgestimmt und die der Rat im Juni 2005
verabschiedet hat, im Internet erhältlich. Mit der Veröffentlichung der 3.
Geldwäscherichtlinie im Amtsblatt der EU ist aufgrund der Übersetzungsarbeiten
erst Ende 2005 zu rechnen. Die Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten wird nach
dieser Veröffentlichung zwei Jahre betragen.
Über die 3. Geldwäscherichtlinie haben
wir in den Ausgaben 13
und 23
aus 2004 sowie 2,
11
, 12
und 15
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel berichtet.
Das Europäische Amt für
Betrugsbekämpfung hat seine internen Vorschriften über seine Untersuchungen
und sonstigen Verfahren veröffentlicht. Das in elektronischer Form kostenlos
erhältliche OLAF-Handbuch
(OLAF-Manual) enthält die für die Tätigkeit des Amts maßgeblichen
Verfahrensregeln, Standards und Formulare. Besonders wird auf die Grund- und
Freiheitsrechte der Personen eingegangen, die von den Untersuchungen betroffen
sind. Dieses Handbuch ist jedoch rechtlich nicht bindend: Nur der Gesetzgeber
wäre befugt, verbindliche Verfahrensvorschriften zu erlassen.
Wir berichteten bereits in den Ausgaben
22
aus 2004, 8
und 14
aus 2003 der Nachrichten aus Brüssel über OLAF.
Die Pressemitteilung der Kommission ist
hier
abrufbar, der Sonderbericht
des Rechnungshofes über OLAF ist ebenfalls im Internet abrufbar.
Wirtschaftsrecht
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Follow-up zum Bericht über den Wettbewerb bei
freiberuflichen Dienstleistungen
Die Kommission hat am 5. September 2005
ihren Folgebericht Freiberufliche
Dienstleistungen Raum für weitere Reformen zu dem Bericht
über den Wettbewerb bei freiberuflichen Dienstleistungen vom 9. Februar 2004
veröffentlicht. In der aktuellen Mitteilung begrüßt die Kommission die in
einigen Mitgliedstaaten erzielten Fortschritte. Deutschland ist zusammen mit
Frankreich, Irland, Litauen und der Slowakei in der zweiten Gruppe, die
kleinere Reformen und analytische Arbeiten durchgeführt haben, aufgeführt.
Gleichzeitig stellt die Kommission aber auch fest, dass in zahlreichen Ländern
immer noch Regelungen gelten, die den Wettbewerb gravierend einschränken.
Genannt werden insbesondere verbindliche Festpreise und Werbeverbote. Die
Kommission fordert die Mitgliedstaaten erneut auf, die Regelungen der Freien
Berufe im Lichte des Wettbewerbsrechts zu untersuchen und ggf. zu reformieren.
Zugleich erkennt der Bericht aber an,
dass es Gründe gibt, die für eine Reglementierung bestimmter freiberuflicher
Dienstleistungen sprechen. Wie schon im Bericht 2004 wird in diesem
Zusammenhang ausdrücklich eine funktionierende Justizverwaltung genannt, die
als öffentliches Gut für die Gesellschaft als Ganzes von Bedeutung ist. Anlässlich
einer Wirtschaftsanalyse des Marktes für freiberufliche Dienstleistungen soll
stärker berücksichtigt werden, was auf den einzelnen Märkten mit dem Begriff
des öffentlichen Interesses gemeint ist. Die BRAK hat in ihren Gesprächen immer
wieder darauf hingewiesen, dass die Kernberufsregeln dem öffentlichen Interesse
und dem Verbraucherschutz dienen.
Über den Wettbewerbsbericht vom Februar
2004 berichteten wird in der Ausgabe 3
aus 2004 der Nachrichten aus Brüssel.
Kommission
- Verschärfung der Kontrollen von Geldüberweisungen
Im Rahmen des EU- Aktionsplans zur
Terrorismusbekämpfung hat die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung über die Übermittlung von Angaben zum
Auftraggeber bei Geldtransfers vorgelegt, der
darauf abzielt, den EU-Rechtsrahmen an die neun Sonderempfehlungen der
Financial Action Task Force (FATF) anzupassen. Demzufolge sollen die an einer
Zahlungskette beteiligten Banken und Geldüberweisungsstellen in der EU dazu
verpflichtet werden, Geldüberweisungen mit der genauen Angabe des Auftraggebers,
einschließlich Name, Anschrift und Kontonummer zu versehen, d.h. diese Daten im
Zweifel zu ermitteln und dafür zu sorgen, dass sie weitergeleitet und
angemessen gespeichert werden. Die Angaben sollen den zuständigen Behörden zu
Zwecken der Prävention, Entdeckung und Verfolgung von Geldwäsche oder
Terrorismusfinanzierung zur Verfügung gestellt werden.
Zum
Thema Geldwäsche haben wir bereits in den Ausgaben 13
und 23
aus 2004 sowie 2,
11,
12
und 15
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel berichtet.
Vereinfachung
der Mehrwertsteuervorschriften
Mit ihrem am 20. Juli 2005 vorgelegten
Richtlinienvorschlag
zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bezüglich des Ortes der Dienstleistung
bezweckt die Kommission vor allem die weitere Vereinfachung der für die
Unternehmer geltenden Mehrwertsteuer-Vorschriften. Dies steht im Einklang mit
der auch auf Förderung des Wettbewerbs in der EU abzielenden
Lissabon-Strategie. Um den Unternehmern eine möglichst einfache und klare
Regelung der Mehrwertsteuer zu bieten und sie von einer steuerbedingten
Verlagerung ihres Sitzes abzuhalten, soll die Besteuerung einheitlich am Ort
des Verbrauchs der Leistung stattfinden. Die Mehrwertsteuer wird jeweils am
Dienstleistungsort erhoben. Der Ort der Dienstleistung an steuerpflichtige Dienstleistungsempfänger soll nunmehr grundsätzlich der Sitz des Kunden oder
der Ort seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder festen Niederlassung sein.
Demgegenüber wird für nichtsteuerpflichtige
Dienstleistungsempfänger (Endverbraucher) an der Regel festgehalten, dass der
Sitz der Niederlassung oder wirtschaftlichen Tätigkeit des Dienstleistungserbringers der Ort der Dienstleistung
ist. Davon werden einige regulierende Ausnahmen angeführt: So soll
beispielsweise Dienstleistungsort bei Zusammenhang der Leistung mit einem
Grundstück der Ort sein, an dem das Grundstück gelegen ist (Art. 9 a). Nach
Art. 9 i soll ferner bei der Dienstleistungserbringung z. B. durch Rechtsanwälte
an einen Nichtsteuerpflichtigen, der sich ständig außerhalb der EU aufhält oder
dort seinen Wohnsitz hat, als Dienstleistungsort der Wohnsitz oder übliche
Aufenthaltsort des Dienstleistungsempfängers gelten.
Das EP hat den Richtlinienvorschlag in
seiner Sitzung am 7. September 2005 grundsätzlich unterstützt.
Zu diesem Thema berichteten wir bereits
in der Ausgabe 12
aus 2003 der
Nachrichten aus Brüssel.
Sonstiges
|
Fortschritte bei der Umsetzung von
Binnenmarktrichtlinien
Im
aktuellen
Binnenmarktanzeiger
attestiert die Kommission den Mitgliedsstaaten Fortschritte bei der Umsetzung
von Binnenmarktrichtlinien in nationales Recht. Es wurden 98,1% aller Richtlinien
umgesetzt.
Am
weitesten bei der Umsetzung der Richtlinien sind mit Litauen, Ungarn und
Slowenien drei neue EU-Mitgliedsstaaten. Deutschland liegt mit einem
Umsetzungsdefizit von 1,4% - das entspricht 22 Richtlinien - im oberen Drittel.
Damit hat es das vom europäischen Rat gesetzte Umsetzungsziel von 1,5%
erreicht.
Gleichzeitig
ist es nur Belgien, Österreich, Frankreich und den Niederlanden gelungen, die
Vertragsverletzungsverfahren gegen sie zu reduzieren. Dem gegenüber fordert die
Binnenmarktstrategie
2003-2006, die Vertragsverletzungen bis 2006 um 50% zu verringern.
Wir
berichteten bereits in der Ausgabe 9
aus 2003 der Nachrichten aus Brüssel über den Binnenmarktanzeiger 2003 (Nr.
12).
EU-Kommission
veröffentlicht Eurobarometer
Das neue Eurobarometer
Europa besser erklären (Kurzfassung)
zeigt, dass die Deutschen und die Europäer besorgt über ihre wirtschaftliche
Zukunft sind. Auch lehnen sie zukünftige Erweiterungen der EU ab. Demgegenüber
befürwortet die Mehrheit von Deutschen wie Europäern eine Verfassung für die
EU, hält aber die diesbezügliche Informationspolitik der EU für nicht ausreichend.
Außerdem üben die Europäer Kritik am Zustand der Demokratie in Europa.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RA Dr. Wolfgang Eichele, LL.M. und RAin Mila Otto, LL.M. |
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