Büro Brüssel
Ausgabe
17/2005 22.09.2005
Themen
in dieser Ausgabe: -
Europäisches
Vertragsrecht Bericht Lehne -
EP - Europäisches
Bagatellverfahren
-
EuGH
Regelungskompetenz für Sanktionsmaßnahmen -
Vorratsspeicherung
von Daten -
OLAF: Anonyme Betrugsanzeige per
Internet geplant
|
-
Dienstleistungsrichtlinie
- Kompromissänderungsanträge -
Neue
Internetseite des Europäischen Parlaments |
Zivilrecht
|
Europäisches
Vertragsrecht Bericht Lehne
Gegenstand der Sitzung des
Rechtsausschusses am 14. September 2005 war u.a. der Bericht über Europäisches Vertragsrecht und
Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstandes: weiteres Vorgehen" von
MdEP Lehne. In seinem Bericht unterstützt Lehne die Bemühungen der Kommission
um eine stärkere Harmonisierung des Vertragsrechts. Allerdings seien eine klare
legislative Vorschau der Kommission zur geplanten Rechtsnatur des Referenzrahmens
sowie eine stärkere Einbeziehung des EP in den Entwicklungsprozess des
Vertragsrechts notwendig. Letzteres könne durch Quartalsberichte der Kommission
an das Parlament erreicht werden.
In
materiellrechtlicher Hinsicht fordert der Bericht eine stärkere
systematische Trennung von Rechtsverhältnissen von Unternehmen untereinander
sowie zwischen Unternehmen und Verbrauchern. Zudem sei zu befürchten, dass das
Grundprinzip der Vertragsfreiheit nicht genügend beachtet werde und die stark
detaillierten Regelungen dazu führen könnten, dass die dynamische
Fortentwicklung des Vertragsrechts gehemmt würde.
In der Sitzung des Rechtsausschusses
begrüßte MdEP Lehne, dass die Kommission bereits vor Verabschiedung des
Berichts auf die Kritikpunkte reagiert habe. Zum weiteren Vorgehen erklärte er,
er wolle zunächst den Fortschrittsbericht der Kommission abwarten. Dieser
Fortschrittsbericht, der bereits für den Sommer angekündigt war, wird nunmehr
noch im September 2005 erwartet.
Weitere Berichte über das Europäische
Vertragsrecht finden Sie in den Ausgaben 5, 20
und 23
aus 2004 der Nachrichten aus Brüssel.
Auf der Sitzung des Ausschusses für
Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) am 14. September 2005 wurde
über den Verordnungsvorschlag
für die Einführung eines europäischen
Verfahrens für geringfügige Forderungen beraten. Das vorgeschlagene Verfahren, das
eine einheitliche Möglichkeit schaffen soll, geringfügige Forderungen in Europa
auf möglichst einfache, schnelle und kostengünstige Weise geltend zu machen,
wurde angesichts der vielen grenzüberschreitenden Fälle vom Ausschuss befürwortet.
Es kamen einige der derzeit strittigen u. a. von der BRAK angesprochenen
Kritikpunkte zur Sprache: So bestehen Zweifel darüber, ob Art. 65 EGV die
richtige Rechtsgrundlage für eine entsprechende Verordnung darstellt, da er
innerstaatliche Verfahren in Zivilsachen nicht erfasst. Vorgeschlagen wird,
eine innerstaatliche Harmonisierung über den Erlass einer Richtlinie zu erreichen.
Eben die innerstaatliche Geltung des Verfahrens erweist sich wie beim
europäischen Mahnverfahren als problematisch für einzelne mitgliedstaatliche
Justizsysteme, in denen vom Vorschlag abweichende Regelungen gelten. Kritisiert
wird u. a. die bei 2.000 angesetzte Streitwertgrenze, die, verglichen mit der
deutschen Regelung zum Verfahren vor den Amtsgerichten nach § 495 a BGB,
deutlich höher bemessen ist. Ferner wird teilweise die Regelung zur
Verjährungshemmung als zu streng angesehen. Hinsichtlich einer vernünftigen
Lösung mit der Kommission zeigte sich der Ausschuss aber zuversichtlich.
Die Stellungnahme des
ZPO/GVG-Ausschusses der BRAK zum Verordnungsvorschlag finden Sie hier.
Über das europäische Bagatellverfahren
berichteten wir, teilweise im Zusammenhang mit dem europäischen Mahnverfahren,
bereits in den Ausgaben 1, 9 und 20 aus 2003 und 6
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.
Strafrecht
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EuGH
Regelungskompetenz für Sanktionsmaßnahmen
Mit seinem Urteil
vom 13. September 2005 hat der EuGH den Rahmenbeschluss über den Schutz der
Umwelt durch das Strafrecht für nichtig erklärt. In diesem Urteil bestätigt er,
dass der Gemeinschaft im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch die Kompetenz dafür
zukommt, die Mitgliedstaaten aufzufordern, auf nationaler Ebene Sanktionen zu
verhängen, gegebenenfalls auch solche strafrechtlicher Art. Zwar falle das
Strafrecht ebenso wie das Strafprozessrecht grundsätzlich nicht in die
Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft. Dies hindere den
Gemeinschaftsgesetzgeber jedoch nicht daran, erforderliche Maßnahmen in Bezug
auf das Strafrecht der Mitgliedstaaten zu ergreifen, um die volle Wirksamkeit
der von ihm zum Schutz der Umwelt erlassenen Rechtsnormen zu gewährleisten.
Dies gelte, wenn die Anwendung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender
Sanktionen durch die zuständigen nationalen Behörden eine zur Bekämpfung
schwererer Beeinträchtigungen der Umwelt unerlässliche Maßnahme darstelle.
Mit diesem Urteil wird der Kommission
auch in diesem Bereich das Initiativrecht und dem Parlament die Rolle des
Mitgesetzgebers eingeräumt. Der Rat entscheidet mit qualifizierter Mehrheit.
Außerdem hat die Kommission anders als bei Verfahren, die auf Grundlage des
EU-Vertrags angenommen werden, die Möglichkeit, die Mitgliedstaaten zu einer
ordnungsgemäßen Umsetzung zu zwingen.
Vorratsspeicherung
von Daten
Auf der Sitzung des Ausschusses für
Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) am 14. September 2005 fand
eine Aussprache zum Vorschlag des Rates für einen Rahmenbeschluss zur
Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten
statt. Der Vorschlag sieht die
Speicherung von Daten für Kommunikationsverbindungen, nicht des
Kommunikationsinhaltes vor. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die
gespeicherten Daten abgerufen werden
können, soll der nationalen Gesetzgebung, in Deutschland also den Regelungen
der Datenschutzverordnung und der StPO, vorbehalten bleiben.
Der Ausschuss ließ eine kritische
Haltung gegenüber der vorgeschlagenen Maßnahme der Vorratsdatenspeicherung
erkennen. Die Argumentation bewegte sich im Spannungsfeld zwischen der
Einsicht, dass Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung erforderlich seien, und der
Besorgnis, durch solche Maßnahmen zu stark in die Privatsphäre einzugreifen.
Auch klaffen derzeit die moderaten
Prognosen von Befürwortern der Regelung und die Befürchtungen von
Telekommunikationsbetreibern, wie sich auf der informellen Tagung des Rates für
Justiz und Inneres am 8. September 2005 in Newcastle abzeichnete, weit
auseinander. Es ist zweifelhaft, ob der Rahmenbeschluss wie geplant am 12.
Oktober 2005 verabschiedet werden kann: Hierfür wäre Einstimmigkeit im Rat
erforderlich.
Der Ausschuss sprach sich dafür aus,
die Vorratsdatenspeicherung im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens unter
Einbindung des EP zu behandeln. Dieses wird im Rahmen der am 21. September 2005
von der Kommission vorgeschlagenen
Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung erfolgen. Der Vorschlag sieht
Speicherfristen von einem Jahr für die Verkehrsdaten von Telefonen und 6
Monaten bei solchen von Internetkommunikation vor. Er sieht eine Erstattungsregelung
für die den Kommunikationsanbietern entstehenden Zusatzkosten vor. Die
Datenverarbeitung soll der uneingeschränkten Aufsicht durch die
Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten unterliegen.
Zu diesem Thema berichteten wir auch in
den Ausgaben 22
und 23
aus 2004 sowie 12
und 15
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.
Das Europäische Amt für
Betrugsbekämpfung (OLAF) plant,
im Internet ein System für anonyme Hinweise auf Betrug und Korruption
einzurichten. So soll die Kommunikation mit Hinweisgebern erleichtert werden,
die ihre Identität nicht offenbaren wollen. Zur Zeit läuft das
Ausschreibungsverfahren für dieses Projekt.
Weitere Artikel über OLAF finden Sie in
den Ausgaben 15 und 16
aus 2005, 22
aus 2004, 8
und 14
aus 2003 der Nachrichten aus Brüssel.
Freizügigkeit
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Dienstleistungsrichtlinie
- Kompromissänderungsanträge
In
der Sitzung des federführenden Ausschusses Binnenmarkt
und Verbraucherschutz (IMCO) am 14. September 2005 hat die Berichterstatterin
Evelyne Gebhardt erneut bekräftigt, dass am Zeitplan festgehalten werden soll:
Danach soll die Abstimmung im IMCO am 4./5. Oktober, die im Plenum des EP am
25. Oktober 2005 stattfinden. Dies soll auch durch die erst nach der Sitzung
vorgelegten Kompromissänderungsanträge möglich sein. Diese sehen eine vollständige
Ausnahme der rechtsberatenden Berufe aus der Dienstleistungsrichtlinie vor. Es
bleibt nunmehr abzuwarten, ob diese Kompromissänderungsanträge von der Mehrheit
in Parlament und Rat unterstützt werden.
Über die Dienstleistungsrichtlinie
berichteten wir in den Ausgaben 1
und 12
aus 2004 sowie 2,
3,
5,
6,
11,
12,
13,
14
und 15
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.
Die Stellungnahme der BRAK zum
Kommissionsvorschlag finden Sie hier.
Sonstiges
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Neue
Internetseite des Europäischen Parlaments
Der neue
Internetauftritt des EP soll einen einfacheren und schnelleren Zugang zu
den Informationen des EP schaffen und so eine bessere Kommunikation mit den
Bürgern ermöglichen. Die Seite, die in allen 20 Amtssprachen verfügbar ist,
bietet tagesaktuelle Informationen genauso wie Hintergrundinformationen zum EP
und den Abgeordneten. Zudem ermöglicht sie den Zugriff auf Legislativdokumente
und die Plenarsitzungen des EP werden live übertragen.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RA Dr. Wolfgang Eichele, LL.M. und RAin Mila Otto, LL.M. |
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