Büro Brüssel
Ausgabe 02/2006
02.02.2006
Themen
in dieser Ausgabe: -
Änderung der EG-Zustellungsverordnung -
Mediation - Stellungnahme der BRAK |
-
Konsultation zum Patentschutzsystem und Anhörung zu Fragen
des Geistigen Eigentums -
Schlussanträge des
Generalanwalts in den Vorabentscheidungsverfahren Cipolla (C-94/04) und
Macrino, Capodarte (C-202/04) -
Debatte um die Zukunft der Verfassung -
Seminar der Europäischen Rechtsakademie |
Zivilrecht
|
Änderung
der EG-Zustellungsverordnung
Am 31. Januar 2006 hat der
Rechtsausschuss des EP über den Vorschlag
für eine Verordnung zur Änderung der EG-Zustellungsverordnung
abgestimmt. Erfreulich aus Sicht der BRAK ist, dass die im Bericht
von Jean-Paul Gauzès vorgeschlagene Änderung zu Art. 1 Abs. 2 des
Kommissionsvorschlags angenommen wurde. Der Kommissionsvorschlag liest sich so,
dass das Zurückweisungsrecht des Empfängers zum Einen bei Zustellung in der
Amtsprache besteht, wenn der Empfänger die Sprache des zugestellten
Schriftstücks nicht versteht und zum Anderen, wenn in einer Sprache, die er
versteht, zugestellt wird, die nicht Amtssprache ist. Der Zustellende ist damit
der Gefahr ausgesetzt, nicht feststellen zu können, wie er wirksam zustellen
kann. Mit dem angenommenen Bericht wird nunmehr den Belangen der Rechtssicherheit
Rechnung getragen: Der Empfänger darf danach
die Annahme des Schriftstückes verweigern, wenn er die Sprache, in der das
Schriftstück verfasst ist, nicht versteht, es sei denn, es ist in (einer) der
Amtssprache(n) des Empfangsmitgliedstaates abgefasst oder in sie übersetzt. Die
Abstimmung im Plenum des EP steht noch aus. Über das Thema berichteten wir auch
in den Ausgaben 14
und 21
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.
Mediation
Stellungahme der BRAK
Die BRAK hat eine Stellungnahme
zum Kommissionsvorschlag
für eine Richtlinie über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und
Handelssachen erarbeitet. Ziel des Kommissionsvorschlags ist ein vereinfachter
Zugang zur Streitbeilegung und die Förderung einer gütlichen Regelung von Streitigkeiten,
u. a. durch die verstärkte Anwendung von Mediation. Eine Stärkung der Streitschlichtung
durch Mediation wird von der BRAK grundsätzlich befürwortet. Jedoch ist Art. 65
EG nach Auffassung der BRAK keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage zur Etablierung
eines einheitlichen Mediationsverfahrens. Die BRAK setzt sich außerdem für eine
Beschränkung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf grenzüberschreitende
Fälle ein.
Wirtschaftsrecht
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Konsultation
zum Patentschutzsystem und Anhörung zu Fragen des Geistigen Eigentums
Die Kommission hat eine Konsultation
zum Patentschutzsystem in Europa eingeleitet, die sich insbesondere mit den
Anforderungen an den Patentschutz, dem Gemeinschaftspatent, dem europäischen
Patentsystem sowie möglichen Bereichen für eine Harmonisierung befasst und die nach
der Bedeutung des Patentschutzsystems generell fragt. Hintergrund der
Konsultation ist, dass der seit 2000 vorliegende Vorschlag für ein
Gemeinschaftspatent nach wie vor nicht verabschiedet worden ist, da insbesondere
über die Frage der Übersetzung der Patentansprüche keine Einigung erzielt
werden konnte. Das Gemeinschaftspatent war auch eines der Themen der Anhörung
im Rechtsausschuss des EP am 31. Januar 2006. Vor dem Hintergrund der
bisherigen Probleme bei der Verabschiedung der Gemeinschaftspatentverordnung
wurde die politische Realisierbarkeit zwar skeptisch betrachtet, doch wurde der
erneute Versuch zur Schaffung eines Gemeinschaftspatents überwiegend positiv
bewertet. Ein Gemeinschaftspatent, das auch für den kleinen Mittelstand
attraktiv sein müsse und größere Rechtssicherheit gewährleisten sollte, könnte eine
sinnvolle und gewinnbringende Ergänzung der bestehenden Patentsysteme sein. Eher
skeptisch äußerten sich die Redner gegenüber der vorgeschlagenen Einführung
von strafrechtlichen Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums.
Sonstiges
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Schlussanträge des
Generalanwalts in den Vorabentscheidungsverfahren Cipolla
(C-94/04) und Macrino,
Capodarte (C-202/04)
Der Generalanwalt Maduro hat am 1. Februar 2006 seine
Schlussanträge
in den vorbezeichneten Angelegenheiten vorgelegt. In beiden Fällen geht es
darum, ob die italienische Gebührenordnung für Rechtsanwälte für
außergerichtliche Beratungstätigkeit mit dem europäischen Wettbewerbsrecht und
mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit zu vereinbaren ist. In
wettbewerbsrechtlicher Hinsicht hat der Generalanwalt die ständige
Rechtsprechung des EuGH, zuletzt im Urteil
Arduino, fortgeführt und bestätigt, dass bei hinreichender staatlicher
Überprüfung, die Gebührenordnung für Rechtsanwälte mit dem Wettbewerbsrecht
vereinbar ist und folglich kein Verstoß gegen Art. 81 i. V. m. Art. 10 EG
vorliegt.
Allerdings sieht der Generalanwalt in den Mindest-
und Höchstgebühren der italienischen Gebührenordnung einen Verstoß gegen die
Dienstleistungsfreiheit. Bei der Festlegung der Gebührenordnung seien nur die
Situation und der Kostenaufwand der italienischen Rechtsanwälte berücksichtigt,
nicht die der Rechtsanwälte in anderen EU-Mitgliedstaaten. Die in der
Gebührenordnung vorgeschriebenen Mindesthonorare hinderten die außerhalb
Italiens niedergelassenen Rechtsanwälte daran, in Italien juristische
Dienstleistungen zu niedrigeren Honoraren als den vorgeschriebenen
Mindestgebühren zu erbringen, selbst wenn sie dazu in der Lage wären. Ferner
würden italienische Bürger, die gerne einen ausländischen Rechtsanwalt in
Anspruch nehmen wollten, daran gehindert, die Vorteile des Binnenmarkts in vollem
Umfang zu nutzen, da ihnen der Zugang zu juristischen Dienstleistungen zu
geringeren Kosten als nach der italienischen Gebührenordnung selbst dann
versagt bliebe, wenn diese Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat
verfügbar seien.
Debatte
über die Zukunft der Verfassung
Die Verfassung soll nach Ansicht des EP
im Laufe des Jahres 2009 in Kraft treten. Aus der legislativen Entschließung
des EP vom 19. Januar 2006 geht hervor, dass in dem geltenden Vertrag
von Nizza keine zukunftsfähige Grundlage für die Weiterführung des
europäischen Integrationsprozesses gesehen wird. Nach wie vor wird von den
Abgeordneten eine konstitutionelle Lösung favorisiert. Um die Verfassungsdebatte
während der sog. Reflexionsphase nach dem Scheitern der Verfassungsreferenden
in Frankreich und den Niederlanden im vergangenen Jahr wiederzubeleben, sieht
das EP die Bildung sog. Parlamentarischer Foren gemeinsam mit den nationalen
Parlamenten vor. Ein erstes interparlamentarische Forum ist für das Frühjahr
2006 vorgesehen. Auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene schlägt das EP
vor, sog. Bürgerforen über die Zukunft Europas zu veranstalten, wozu die
Sozialpartner und Organisationen der Zivilgesellschaft ausdrücklich zur
Beteiligung aufgerufen werden.
Über
die Diskussion zur Zukunft der
Europäischen Verfassung berichteten wir in den Ausgaben 13
und 20
aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.
Seminar
der Europäischen Rechtsakademie
In Zusammenarbeit mit dem Rat der
Anwaltschaften der Europäischen Gemeinschaft (CCBE)
und unterstützt von der Europäischen Kommission hält die Europäische
Rechtsakademie (ERA) für
Rechtsanwälte vom 22. 24. Februar 2006 in Trier ein Seminar über das
Europäische Zivil- und Handelsrecht in der Praxis ab. Es sollen rechtliche
Fragestellungen thematisiert werden, die ein europäischer Rechtsanwalt bei der
Konfrontation mit grenzüberschreitenden Sachverhalten berücksichtigen muss, wie
etwa die Zuständigkeit, die gegenseitige Anerkennung und die Vollstreckbarkeit
von Urteilen in einem anderen Mitgliedsstaat.
In Zusammenarbeit mit dem CCBE werden
weiterhin das Seminar Das
europäische Familienrecht in der Praxis Ende Mai und eine Veranstaltung
zum europäischen Insolvenzrecht im September organisiert. Das Tagungsprogramm
sowie das Anmeldeformular für die aktuelle Veranstaltung finden sie hier.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RA Dr. Wolfgang Eichele, LL.M. und RAin Mila Otto, LL.M. |
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