Büro Brüssel

Ausgabe 14/2006                                                                                                                20.07.2006

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

-        1. Lesung - Änderungsverordnung über die Zustellung von Schriftstücken

 

Strafrecht

-        Sachverständigentreffen „Fairness bei der Beweisgewinnung und –verwertung in Strafverfahren“/ BRAK-Stellungnahme zum Grünbuch über die Unschuldsvermutung

 

 

Wirtschaftsrecht

-        Anhörung zum Europäischen Patentrecht

 

Sonstiges

-        50. UIA-Kongress

-        In eigener Sache


 

Zivilrecht

 

1. Lesung - Änderungsverordnung über die Zustellung von Schriftstücken

Am 04. Juli 2006 hat das EP in erster Lesung den Kommissionsvorschlag für eine Änderung der Verordnung über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen im Wesentlichen übernommen. Mit der Änderungsverordnung wird die Verbesserung und Beschleunigung der Übermittlung der Dokumente sowie die Erhöhung der Rechtssicherheit angestrebt. So soll die Zustellungsfrist von sechs Monaten auf einen Monat verkürzt werden. Der Rechtssicherheit soll auch durch ein Informationshandbuch zur ordnungsgemäßen Anwendung dieser Verordnung, welches im Europäischen Justiziellen Netz für die Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen veröffentlicht werden soll, Rechnung getragen werden. Die Zustimmung des Rates, von der allerdings aufgrund der Ausrichtung vom 01./02. Juni 2006 ausgegangen werden kann, steht noch aus.

Frühere Berichte: 14/2005, 21/2005, 2/2006

 

Strafrecht

 

Sachverständigentreffen „Fairness bei der Beweisgewinnung und –verwertung in Strafverfahren“/ BRAK-Stellungnahme zum Grünbuch über die Unschuldsvermutung

Am 17./18. Juli 2006 lud die Kommission zu einem Sachverständigentreffen, auf dem über das Grünbuch über die Unschuldsvermutung und über einen möglichen künftigen Kommissionsvorschlag über Fairness bei der Beweisgewinnung und –verwertung diskutiert wurde. Die Anhörung machte deutlich, dass eine deutliche Diskrepanz in der Beurteilung der Notwendigkeit einer Schaffung von Mindeststandards für Verfahrensrechte, nicht nur im Bereich des Beweisrechts, existiert. Einige wenige Vertreter von Mitgliedstaaten bezweifelten, dass eine Rechtsgrundlage für konkrete Maßnahmen der Kommission bzw. des Rates besteht. Trotz der zunehmend vereinfachten justiziellen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei gleichzeitig sehr unterschiedlichem Niveau an Verfahrensgarantien - auch im Hinblick auf die teilweise mangelhafte Umsetzung der Rechtsprechung des EGMR - verneinten manche Regierungsvertreter den Bedarf einer Stärkung der Beschuldigten- und Verteidigerrechte durch das Formulieren von verbindlichen Mindeststandards. Auch betrachteten manche das Rechtshilfeübereinkommen für Strafsachen vorläufig für ausreichend. Demgegenüber verliehen insbesondere der Vertreter der deutschen Bundesregierung, aber auch etwa die europäische Anwaltschaft ihrer Hoffnung Ausdruck, dass entsprechende Mindeststandards auf europäischer Ebene verabschiedet werden. Die BRAK hat sich schon in ihrer Stellungnahme aus Juni 2006 für die Schaffung von Mindeststandards von Beschuldigten- und Verteidigerrechten auf Grundlage von Art. 31 Abs. 1c EUV ausgesprochen und begrüßt, dass sich die Kommission in diesem Zusammenhang auch mit Themen der Unschuldsvermutung befasst. Die Praktiker zeigten die der derzeitigen Lage geschuldeten Problemfälle auf, die aufgrund der neuen Maßnahmen zur Erleichterung der Strafverfolgung eher zunehmen werden. Es würden Schwierigkeiten entstehen, wenn die Rechtssysteme der kooperierenden Mitgliedstaaten unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Beweiserhebung einerseits und der Beweisverwertung andererseits aufweisen. Das Problem liege oft gerade bei dem Vertrauen, das aufgebaut werden solle: So werde z.B. die Überprüfung von in unzulässigerweise erlangten Beweisen oftmals dadurch erschwert, dass der beweiserhebende Staat das Beweismittel bereits an den verwertenden Staat übersandt habe, dieser aber auf die ordnungsgemäße Erhebung vertraue und keine Überprüfung (mehr) vornehme. Indem man sich EU-weit auf Eckpunkte der Verfahrens- und Beweisrechte sowie auf Mindeststandards für Verteidigungsrechte verständigte, könnte vermieden werden, dass es zu Umgehungen von Verfahrens- und Beweisrechten komme. Außerdem sei es wichtig, die Verteidigungsrechte auf einem sichtbaren EU-Standard zu sichern, um die sog. "Waffengleichheit" zu ermöglichen bzw. zu gewährleisten. Ein Mittel könnte die Einbeziehung der Anwälte in die geplante Europäische Beweisanordnung sein.

Frühere Berichte: 8/2006

 

Wirtschaftsrecht

 

Anhörung zum Europäischen Patentrecht

Die Kommission hat am 12. Juli 2006 eine Anhörung zur zukünftigen Patentpolitik in Europa abgehalten, der Anfang 2006 eine Konsultation zum europäischen Patentschutzsystem vorausgegangen war. Hintergrund ist, dass der seit 2000 vorliegende Verordnungsvorschlag für ein Gemeinschaftspatent nach wie vor nicht verabschiedet ist. Sowohl die Anhörung als auch die Konsultation stieß auf große Resonanz. Es bestand Einigkeit darüber, dass das Europäische Übereinkommen über Patentstreitigkeiten (EPLA) sowie das Londoner Übereinkommen zu einer kostengünstigen Übersetzungsregelung für europäische Patente schnell ratifiziert werden sollten. Daneben befürworteten viele der Anwesenden auch die Schaffung eines Gemeinschaftspatents. Ein solches könne ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU sein, wenn es gewährleiste, dass der Patentschutz in einem benutzerfreundlichen, transparenten und kostengünstigen Verfahren erlangt werden kann und Streitigkeiten berechenbar, schnell und kostengünstig beigelegt werden können. Indes wurde das Gemeinschaftspatent in der Form der gemeinsamen politischen Ausrichtung durch den Rat vom März 2003 überwiegend abgelehnt. Bezüglich der Sprachregelung – einem der Hauptstreitpunkte bei der Verabschiedung des Gemeinschaftspatents –befürworteten viele im Hinblick auf den Kosten- und Zeitfaktor eine Beschränkung der Übersetzung der Patentansprüche auf die Sprache des Patentanmelders und Englisch, teilweise nur auf Englisch. Außerdem wurde der Ansatz kritisiert, das Rechtsschutzsystem bereits in der Eingangsinstanz vor einem einzigen europäischen Gericht zu zentralisieren. Die Gefahr der Rechtsunsicherheit erfordere eine zentralisierte Eingangsinstanz, hierfür wäre die Einrichtung eines Gemeinschaftsgerichts letzter Instanz vollkommen ausreichend. Dieses entspricht der Auffassung der BRAK. Einige der Redner wünschten sich auch die Schaffung von Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung. Die Kommission kündigte die Auswertung der Konsultation für Oktober 2006 und die Befassung mit der Verbesserung europäischer Patente im Hinblick auf die Sprachregelung und Streitbeilegung an.

Frühere Berichte: 2/2006

 

Sonstiges

 

50. UIA-Kongress

Der diesjährige Kongress der Union Internationale des Avocats findet vom 31. Oktober bis 4. November 2006 in Salvador de Bahía, Brasilien, statt. Schwerpunktthemen sind das Umweltrecht, die Unternehmensglobalisierung und Erschließung neuer Märkte im Ausland sowie die Menschenrechte.

 

In eigener Sache

Wegen der Sommerpause in Brüssel erscheint die nächste Ausgabe der Nachrichten aus Brüssel erst wieder am 07. September 2006.

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Mila Otto, LL.M. und Natalie Barth

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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