Büro Brüssel
Ausgabe 12/2008 19.06.2008
Themen in dieser
Ausgabe: ·
Rom-I-Verordnung
verabschiedet ·
Ratsberatungen zu
Unterhalt und Ehesachen |
·
Einigung im Rat zu Abwesenheitsurteilen ·
EP billigt
europaweite Vernetzung der Strafregister |
Zivilrecht
|
Rom-I-Verordnung
verabschiedet
Der
Rat der Justiz- und Innenminister hat am 6. Juni 2008 die Verordnung
über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I)
verabschiedet.
Die
Verordnung regelt, welches Recht innerhalb der EU auf grenzüberschreitende
Verträge anwendbar ist. Danach ist es den Vertragsparteien gleich ob
Unternehmer oder Verbraucher möglich, das auf den Vertrag anwendbare Recht zu
bestimmen, wobei bei Verbraucherverträgen in jedem Fall die zwingenden
Vorschriften des Heimatlandes des Verbrauchers gelten. Sollte keine Rechtswahl
getroffen werden, gilt für Verbraucherverträge das Recht des Heimatlandes des
Verbrauchers. Demgegenüber gilt bei Verträgen zwischen Gewerbetreibenden das
Recht am Ort der Partei, die die geschäftstypische Leistung erbringt.
Die
Verordnung, die das Übereinkommen von Rom über das auf Schuldverhältnisse
anwendbare Recht aus 1980 ersetzt, wird ab Dezember 2009 in allen
Mitgliedstaaten (außer Dänemark und ggf. Großbritannien) unmittelbar gelten und
die ab 11. Januar 2009 geltende Verordnung
über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II)
ergänzen.
Frühere Berichte: 1/2006,
8/2007,
22/2007
Ratsberatungen
zu Unterhalt und Ehesachen
Am
6. Juni 2008 haben sich die Justiz- und Innenminister der Mitgliedstaaten auf
Leitlinien für eine Verordnung
über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht sowie die Anerkennung
und Vollstreckung in Unterhaltssachen geeinigt.
Mit der Verordnung sollen bestehende Hindernisse bei der Durchsetzung von
Unterhaltsansprüchen ausgeräumt werden.
Die
vom Rat beschlossenen Leitlinien betreffen
Anwendungsbereich, Gerichtsbarkeit, anwendbares Recht, Anerkennung,
Durchsetzbarkeit sowie die Vollstreckung. So
soll die Verordnung nicht nur für die Unterhaltsansprüche von Kindern, sondern
auch für Ansprüche von Ehegatten,
Lebenspartnern sowie von Eltern gegen ihre erwachsenen Kindern gelten.
Demgegenüber
scheiterte eine Einigung über den Verordnungsvorschlag
zum anwendbaren Recht in Ehesachen (Rom IIIVerordnung) am Widerstand einiger Mitgliedstaaten,
insbesondere Schwedens. Nun soll ein mögliches Vorgehen im Rahmen der verstärkten
Zusammenarbeit von mindestens acht Mitgliedstaaten - geprüft werden.
Frühere Berichte: 8/2007,
17/2007,
1/2008
Strafrecht
|
Einigung
im Rat zu Abwesenheitsurteilen
Der Rat der Justiz- und Innenminister hat am 6. Juni
2008 eine allgemeine
Ausrichtung zum Rahmenbeschluss zur Vollstreckung von Abwesenheitsurteilen
erzielt. Mit dem Rahmenbeschluss sollen
gemeinsame Regeln für die gegenseitige Anerkennung und/oder Vollstreckung von
Urteilen geschaffen werden, die in einem Verfahren ergangen sind, in dem die
betroffene Person nicht anwesend war. Bedauerlich ist, dass der Vorschlag dem
verfolgten Ziel, neben der Erleichterung der justiziellen Zusammenarbeit in
Strafsachen auch eine verbesserte Balance zwischen repressiven Maßnahmen und
den bislang fehlenden Verfahrensrechten herzustellen, nicht gerecht wird: Nach
dem Rahmenbeschluss wird ein Abwesenheitsurteil auch dann zwingend anzuerkennen
sein, wenn das Verfahren vollständig ohne Kenntnis der betroffenen Personen
stattgefunden hat. Der Staat muss nach dem vorliegenden Text in keiner Weise
auch nur versuchen, die betroffene Person zu laden oder sonst von dem Termin in
Kenntnis zu setzen. Laut dem vorgeschlagenen neuen Art. 4a des
Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl soll sogar allein auf
Grundlage der Zusicherung eines Nachverfahrens die Überstellung einer Person
erreicht werden können. Dies bedeutet, dass die ahnungslose betroffene Person
erstmals nach ihrer Überstellung - also erst nach Antritt der Verbüßung der
Freiheitsstrafe - die Möglichkeit hat, sich zu verteidigen, indem sie ein neues
Gerichtsverfahren anstrengt.
Dies
hat die BRAK von Anbeginn nachdrücklich
kritisiert. Die Anerkennung von Abwesenheitsurteilen ist nur dann mit dem
Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn die betroffene Person
geladen oder rechtzeitig durch einen befugten Vertreter über die Verhandlung
unterrichtet worden ist. Allenfalls im Ausnahmefall, wenn der ersuchende Staat
nachweist, dass die betroffene Person sich in Kenntnis des Strafverfahrens
diesem entzogen hat, könnte ein Verfahren ohne ihre Kenntnis in Betracht
kommen.
Bei
dem Gesetzgebungsverfahren handelt es sich um ein Konsultationsverfahren. Die
einzuholende Stellungnahme des EP steht noch aus. Es wird voraussichtlich am 2.
September 2008 im Plenum über den Berichtsentwurf
zu dem Rahmenbeschlussvorschlag abstimmen.
Frühere Berichte: 5/2008
EP
billigt europaweite Vernetzung der Strafregister
Das
EP hat am 17. Juni 2008 den Vorschlag
des Rates für einen Rahmenbeschluss über die Durchführung und den Inhalt des
Austausches von Informationen aus dem Strafregister zwischen den
Mitgliedstaaten in geänderter Fassung gebilligt.
Es war, nachdem es im Juni 2007 den Kommissionsvorschlag
in geänderter Form gebilligt
und der Rat einen geänderten Vorschlag vorgelegt hatte, erneut konsultiert
worden.
Der Rahmenbeschluss enthält Regeln zur Übermittlung von
Informationen aus dem Strafregister über strafrechtliche Verurteilungen und
damit ggf. einhergehende Rechtsverluste. Sowohl der Herkunfts- als auch der
Urteilsstaat sollen einen vollständigen Überblick über die gegen den
Betroffenen verhängten Vorstrafen haben. Dies soll erreicht werden, indem der
Urteilsmitgliedstaat dazu verpflichtet wird, dem Herkunftsmitgliedstaat die Informationen
über die gegen seine Staatsgehörige ergangenen Verurteilungen zu übermitteln.
Gleichzeitig wird er verpflichtet, über eine Zentralbehörde Informationen aus
dem Strafregister des Herkunftsmitgliedstaats anzufordern und in sein
Strafregister aufzunehmen. Im Gegenzug wird der Herkunftsmitgliedstaat
verpflichtet, die ihn erreichenden Informationen zu speichern, damit er
Informationsgesuche anderer Mitgliedstaaten umfassend beantworten kann.
Zur Erleichterung der Verständigung soll ein europäisches
Standardformat zum Austausch der Information in einer einheitlichen,
elektronischen Form dienen, das die automatisierte Übersetzung der
Informationen erleichtern soll.
Das EP fordert gegenüber dem Vorschlag des Rates insbesondere
einen verbesserten Schutz personenbezogener Daten. Mindestens die
Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Weitergabe und Verarbeitung der
Daten, die ausschließliche Erhebung zum konkret angeführten und rechtmäßigen
Zweck und die Exaktheit und Aktualität der Daten müsse gewährleistet sein.
Zudem müsse die betroffene Person
zumindest darüber informiert werden, dass und welche der sie betreffenden Daten
verarbeitet werden.
Frühere Berichte: 20/2004,
21/2004,
23/2004,
3/2005,
23/2005,
1/2006,
18/2006,
12/2007
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