Büro Brüssel
Ausgabe 13/2008 03.07.2008
Themen in dieser
Ausgabe: Französische
Ratspräsidentschaft Ausbau des Europäischen
Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen |
Small Business Act und
Kommissionsvorschlag für Europäische Privatgesellschaft Register für
Interessenvertreter online |
Europäische
Union
|
Französische
Ratspräsidentschaft
Seit dem 1. Juli 2008 hat Frankreich die
sechsmonatige Ratspräsidentschaft inne. Prioritäten seines Arbeitsprogramms
sind Energie und Klima, Fragen der Migration, Landwirtschaft sowie Sicherheit
und Verteidigung. Zu den Schwerpunkten werden außerdem der Zugang zu Rechtsmitteln,
das Familienrecht, die Überarbeitung der bestehenden Regelungen im
Verbraucherrecht, die Überlegungen für einen Gemeinsamen Referenzrahmen im
Europäischen Vertragsrecht und die Schaffung eines einheitlichen
Patentrechtssystems zählen. Das Themenpaket gehört zu einem im Rahmen der sog.
Triopräsidentschaft von Frankreich sowie den zukünftigen Präsidentschaften
Tschechien und Schweden verabschiedeten umfangreichen Programm
für die EU-Politik in den kommenden 18 Monaten.
Frühere Berichte: 1/2007,
13/2007,
1/2008
Zivilrecht
|
Ausbau
des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen
Die
Kommission hat am 23. Juni 2008 einen Vorschlag
vorgelegt, mit dem die Rolle des Europäischen Justiziellen
Netzes für Zivil- und Handelssachen (EJN) gestärkt werden soll. Durch die
Änderung der entsprechenden Ratsentscheidung
sollen der Rechtsrahmen überarbeitet, die Organisation neu strukturiert und
zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.
Das
EJN existiert seit 2002. Seine zentrale Aufgabe ist die Erleichterung der
justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in Zivil- und
Handelssachen bei Verfahren mit grenzüberschreitenden Bezügen. Die derzeit rund
400 Mitglieder, Vertreter der Justiz- und
Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten, können das EJN nutzen, um
Auskünfte zu allgemeinen Fragen des Rechts der Mitgliedstaaten und über den
Stand im Ausland anhängiger Rechtssachen zu erhalten sowie ggf. Direktkontakte
herzustellen. Hierzu sind Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten eingerichtet.
Die
Kapazität des Netzes soll nun durch die Öffnung des Netzes für Angehörige der
Rechtsberufe erhöht werden, indem Berufskammern als Mitglieder des Netzes
aufgenommen werden und als zusätzliche Kontaktstellen dienen sollen. Auch die
Öffentlichkeit soll schrittweise Zugang zu den Kontaktstellen erhalten.
Zudem
stellt die Kommission im Rahmen des EJN im Internet Informationen bereit, die
sich auch an die Öffentlichkeit richten. Durch Informationsseiten über das Gemeinschaftsrecht, internationale Übereinkünfte
und das nationale Recht der Mitgliedstaaten sowie Wege der internationalen
Zusammenarbeit soll auch der Zugang des Bürgers zur Justiz
erleichtert werden.
Wirtschaftsrecht
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Small
Business Act und Kommissionsvorschlag für Europäische Privatgesellschaft
Die
Kommission hat am 25. Juni 2008 den sog. Small Business
Act vorgestellt, ein Paket von 10 Grundsätzen und Vorschlägen für
Maßnahmen zur Schaffung besserer Rahmenbedingungen für kleine und mittlere
Unternehmen (KMU) in der EU. In vier für KMU zentralen Bereichen sollen neue
Rechtsvorschriften vorgeschlagen werden. Neben Vorschlägen für eine neue
Gruppenfreistellungsverordnung in Bezug auf staatliche Beihilfen, Mehrwertsteuerermäßigungen
für lokal erbrachte Dienstleistungen und die Änderung der Richtlinie über
Zahlungsverzögerungen hat die Kommission einen Verordnungsvorschlag
über das Statut der europäischen Privatgesellschaft (Societas Privata
Europaea, nachstehend SPE) vorgelegt.
Die
Vorlage eines entsprechenden Vorschlags hatte das EP bereits im Februar 2007
von der Kommission gefordert.
Mit dem Statut der SPE soll eine neben den nationalen Gesellschaftsformen
stehende einheitliche europäische Rechtsform geschaffen werden, die
insbesondere KMU die Niederlassung und Tätigkeit im Binnenmarkt erleichtern
soll. Eine SPE soll in allen Mitgliedstaaten gemäß den gleichen und flexiblen
Gesellschaftsrechtsvorschriften gegründet oder eine Gesellschaft in eine SPE
umgewandelt - werden können. Nur für Fragen, die außerhalb des
Gesellschaftsrechts liegen, wie z. B. solche des Arbeits-, Insolvenz- oder
Steuerrechts, soll das Recht des Mitgliedsstaats anwendbar sein, in dem die SPE
ihren eingetragenen Sitz hat.
Der
Verordnungsvorschlag sieht die Ausgestaltung der SPE als Gesellschaft mit
beschränkter Haftung vor, deren Gründung nicht an eine grenzüberschreitende
Anforderung geknüpft sein soll. Die Kontrolle der Rechtsgültigkeit der
Dokumente und Angaben bei der Registrierung der SPE, die elektronisch beantragt
können werden soll, soll durch eine Verwaltungs- oder eine Justizbehörde oder
eine notarielle Beglaubigung erfolgen. Als Mindestkapitalanforderung wird ein
Euro vorgeschlagen. Aus Studien gehe hervor, dass die Gläubiger heutzutage auf
andere Gesichtspunkte als das Kapital achteten, z. B. den Cash Flow, die für
die Solvenz relevanter seien. Anteilseigner der SPE sollen bei der Festlegung
des Aufbaus der SPE einen großen Spielraum erhalten. Der Verordnungsentwurf
enthält eine nicht erschöpfende Liste der von den Anteilseignern zu fassenden
Beschlüsse.
Frühere Berichte: 22/2006,
3/2007
Institutionen
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Register
für Interessenvertreter online
Seit
dem 23. Juni 2008 ist das Register
für Interessenvertreter der Kommission online. Zur Eintragung in das freiwillige, öffentlich einsehbare Register sind
Organisationen und Einrichtungen aufgefordert, die mit ihrer Tätigkeit auf die
Politikgestaltung und die Entscheidungsprozesse der europäischen Organe und
Einrichtungen Einfluss nehmen wollen. Hierunter fallen Anwälte dann, wenn ihre
Tätigkeit nicht im Zusammenhang mit Rechtsberatung oder sonstiger fachlicher
Beratung [steht], sofern diese mit der Ausübung des Grundrechts auf ein faires
Verfahren einschließlich jedes Recht auf Verteidigung in Verwaltungsverfahren,
die von Rechtsanwälten oder anderen daran beteiligten Fachleuten wahrgenommen
wird, verbunden sind.
Bei
der Registrierung müssen die Organisationen sich einem Verhaltenskodex
unterwerfen und angeben, wen sie
vertreten, welche Ziele und Aufgaben sie verfolgen und welche Politikbereiche
für sie von Interesse sind. Außerdem müssen sie den finanziellen Hintergrund
offen legen, damit die hinter der Interessenvertretung stehenden Interessen
erkennbar sind. Aus Sicht der
Anwaltschaft sind die Eintragung und Offenlegung insoweit problematisch, als
dass sie mit dem im anwaltlichen Berufsrecht verankerten Recht des Mandanten auf
Verschwiegenheit des von ihm um Rechtsrat gebetenen Anwalts kollidieren
können.
Frühere
Berichte: 09/2006,
06/2007,
19/2007,
22/2007,
7/2008,
9/2008, 11/2008
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Mila Otto, LL.M. und Natalie Barth |
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