Büro
Brüssel
Ausgabe
14/2008 17.07.2008
Themen
in dieser Ausgabe: Zugang zum Recht - Gemeinsame Veranstaltung von baden- württembergischem Justizministerium, DAV und BRAK -
Rom-I-Verordnung -
EuGH-Urteil zum
Europäischem Haftbefehl -
Justiz-Forum zur
gegenseitigen Anerkennung in Strafsachen |
-
Bericht über die Umsetzung des Haager Programms in 2007 - aija Jahreskongress in Paris - Konferenz zum Europäischen Familienrecht - Nachrichten aus Brüssel - Sommerpause |
Zugang zum Recht
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Gemeinsame
Veranstaltung von baden-württembergischem Justizministerium, DAV und BRAK
Der Frage Beschreitung des Rechtswegs wirtschaftlich kalkulierbare Entscheidung oder finanzielles Abenteuer? wurde am 2. Juli 2008 auf einer von der Landesvertretung Baden-Württemberg, BRAK und DAV organisierten Podiumsdiskussion in Brüssel auf den Grund gegangen. Unter Moderation von Dr. Matthias Kilian nahmen die Diskutanten insbesondere das Verhältnis von Anwalts- und Gerichtskosten zum Streitgegenstand, die Kalkulierbarkeit der Verfahrensgesamtkosten vor Beginn des Prozesses und die Kostenerstattung in den Fokus.
Den Auftakt machte Generalanwalt beim belgischen Kassationshof André Henkes und berichtete über die in Belgien Anfang 2008 eingeführte Kostenerstattung durch die unterliegende Partei sowie über die ersten Erfahrungen und noch bestehenden Unwägsamkeiten. Das englische System erläuterte der Barrister Nicholas Bacon. Er betonte die Flexibilität, die dadurch erreicht werde, dass ein Kostenrichter anhand von Prinzipien über eine verhältnismäßige Kostenerstattung entscheide. Das deutsche System erläuterten der baden-württembergische Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll und die Präsidenten von BRAK und DAV, Axel C. Filges und Hartmut Kilger. Und konnten die Anwesenden überzeugen: So klar im Vorfeld kalkulieren, welche Kosten im Prozessfall maximal auf ihn zukommen, kann ein Mandant nirgends so einfach, eindeutig und definitiv wie in Deutschland.
Zivilrecht
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Rom-I-Verordnung
Die Verordnung
(EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende
Recht (Rom I) wurde am 4. Juli 2008 im Amtsblatt der EU veröffentlicht.
Die Verordnung
wird in allen
Mitgliedstaaten (außer Dänemark und ggf. Großbritannien) an die Stelle des
Übereinkommens von Rom treten und für alle
Verträge gelten, die nach dem 17. Dezember 2009 geschlossen werden.
Die Verordnung
regelt, welches Recht innerhalb der EU auf grenzüberschreitende Verträge anwendbar
ist. Danach ist es den Vertragsparteien gleich ob Unternehmer oder
Verbraucher möglich, das auf den Vertrag anwendbare Recht zu bestimmen, wobei
bei Verbraucherverträgen in jedem Fall die zwingenden Vorschriften des Heimatlandes
des Verbrauchers gelten. Sollte keine Rechtswahl getroffen werden, gilt für
Verbraucherverträge das Recht des Heimatlandes des Verbrauchers. Demgegenüber
gilt bei Verträgen zwischen Gewerbetreibenden das Recht am Ort der Partei, die
die geschäftstypische Leistung erbringt.
Frühere
Berichte: 1/2006,
8/2007,
22/2007,
12/2008
Strafrecht
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EuGH-Urteil zum Europäischem Haftbefehl
Der
EuGH hat am 17. Juli 2008 über ein Vorabentscheidungsersuchen
des OLG Stuttgart über die Auslegung von Art. 4 Nr. 6 des Rahmenbeschlusses
über den Europäischen Haftbefehl entschieden.
Das
OLG Stuttgart hatte dem EuGH im Rahmen eines Verfahrens über die Vollstreckung
eines Europäischen Haftbefehls die Frage vorgelegt,
welche Reichweite den Begriffen Aufenthalt und Wohnsitz im Sinne von Art. 4
Nr. 6 des Rahmenbeschlusses
über den Europäischen Haftbefehl zukommt, insbesondere ob Unterbrechungen
des Aufenthalts, Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht, die gewerbsmäßige
Begehung von Straftaten oder der Aufenthalt in Strafhaft diesen entgegenstehen.
Während
der Begriff Wohnsitz an den tatsächlichen Wohnsitz anknüpfe, müsse die
vollstreckende Justizbehörde mithilfe einer Gesamtschau objektiver Kriterien
ermitteln, ob eine gesuchte Person ihren Aufenthalt im Vollstreckungsstaat
habe, so der EuGH. Dieses sei anzunehmen, wenn sie infolge eines beständigen
Verweilens von gewisser Dauer Bindungen von gewisser Intensität zu dem Staat
aufgebaut habe, wie sie sich aus einem Wohnsitz ergeben. Als objektive
Kriterien seien Dauer, Art und Bedingungen des Verweilens der Person sowie ihre
familiären und wirtschaftlichen Bindungen zum Vollstreckungsstaat
heranzuziehen. Für relevant, wenn auch nicht ausschlaggebend, zur Beantwortung
der Frage seien von den genannten Umständen allein Unterbrechungen des
Aufenthalts und Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht.
Da
der EuGH im konkreten Fall den Aufenthalt verneinte, befasste er sich nicht
mehr mit der zweiten Vorlagefrage des OLG Stuttgart, ob eine Umsetzung von Art.
4 Nr. 6 des Rahmenbeschlusses
über den Europäischen Haftbefehl, die unterschiedliche Schutzstandards für
eigene Staatsangehörige einerseits und für andere Unionsbürger andererseits
vorsieht, mit den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung und der
Unionsbürgerschaft vereinbar ist.
Frühere Berichte: 05/2008
Justiz-Forum zur gegenseitigen Anerkennung in Strafsachen
Am
10. Juli 2008 fand die zweite Sitzung des von der Kommission eingerichteten Forums
zur Erörterung der EU-Rechtspolitik und Praxis statt. Das Forum soll einen
Dialog mit allen Beteiligten während sämtlicher Phasen der Konzeption und
Umsetzung rechtspolitischer Maßnahmen gewährleisten. Hiervon verspricht sich
die Kommission die Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit im Zivil- und
Strafrecht.
Thema dieser Sitzung war die gegenseitige Anerkennung in Strafsachen.
Die
Anwaltschaft ist über den CCBE und die ECBA in die Arbeiten des Forums eingebunden
und betonte insbesondere, dass das der gegenseitigen Anerkennung notwendige
innewohnende gegenseitige Vertrauen fehle, da es an Mindestgarantien in
Strafverfahren mangele.
Die
Kommission kündigte auf der Konferenz die Vorlage einer Mitteilung zu den
Schwierigkeiten der gegenseitigen Anerkennung sowie Vorschläge zum Grundsatz
ne bis in idem und Kompetenzkonflikten und Opferrechten an. Die Vorlage eines
Vorschlags für Mindestgarantien in Strafverfahren hänge von der Unterstützung
ab, die ein solcher erwarten könne.
Weitere
Sitzungen des Forums werden sich mit den Themen e-Justiz, juristische Aus- und
Fortbildung und Mindestverfahrensrechte befassen.
Frühere Berichte: 11/2008
Europäische Union
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Bericht
über die Umsetzung des Haager Programms in 2007
Am 2. Juli 2008 hat die Kommission den Bericht
über die Umsetzung des Haager
Programms im Jahre 2007 veröffentlicht. Insgesamt ist die Kommission mit
der Bilanz eher unzufrieden. Die Durchführungsquote beträgt in 2007 nur 38 %
und liegt damit deutlich unter der Quote in 2006 von 53 %.
Zufrieden ist die Kommission mit der
Durchführungsquote in den Bereichen Migration und Grenzpolitik, Terrorismus,
Vertrauensbildung und gegenseitiges Vertrauen sowie justizielle Zusammenarbeit in
Zivilsachen. Als Fortschritte in der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen
werden insbesondere die Verabschiedung der Rom-II-Verordnung
sowie die Annahme der Grünbücher zur Überprüfung
des Verbraucheracquis und über die effiziente
Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in der EU genannt. Hervorgehoben
wird außerdem die Richtlinie
über die Mediation in Zivil- und Handelssachen.
Zur Vertrauensbildung und dem
gegenseitigen Vertrauen hätten zum einen das 2006 eingerichtete Europäische
Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (EJTN) und
zum anderen die Einrichtung des Forums
zur Erörterung der EU-Rechtspolitik und Praxis beigetragen.
Demgegenüber sei die Durchführungsquote
u.a. im Bereich justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen unzureichend. Dies
resultiere aus der wegen möglichen Änderungen des Gesetzgebungsverfahrens
aufgrund des Vertrags von Lissabon notwendig gewordenen Revidierung der zeitlichen
Planung. Betroffen seien u. a. der Vorschlag über den Entzug der Fahrerlaubnis,
die Ergänzung der europäischen Beweisanordnung und das Grünbuch zum Umgang mit
Beweismitteln. Außerdem seien das geplante Grünbuch und der Vorschlag zu
Abwesenheitsurteilen nach der Vorlage der Legislativinitiative durch den
slowenischen Vorsitz Anfang 2008 überholt worden. Die Arbeiten für einen
Vorschlag zum Schutz von Zeugen und Informanten würden nicht fortgesetzt,
nachdem kein ausreichender Nachweis für den Mehrwert einer Regelung auf
EU-Ebene erbracht werden konnte.
Für 2009 kündigt die Kommission eine
Mitteilung zur künftigen Politik im Bereich Justiz, Freiheit und Sicherheit an,
die dazu beitragen soll, die Bereiche, in denen in den letzten Jahren kaum
Fortschritte erzielt wurden, wiederzubeleben. Diese Mitteilung wird die Grundlage
für die Erörterung und die Vorbereitung eines neuen Mehrjahresprogramms im
Bereich Justiz, Freiheit und Sicherheit für den Zeitraum 2010-2014 bilden.
Frühere Berichte: 13/2006,
13/2007
Veranstaltungen
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aija
Jahreskongress in Paris
Vom 26. bis 30. August 2008 wird der aija-Jahreskongress in Paris
stattfinden. aija
Association Internationale des Jeunes Avocats ist eine französisch- und
englischsprachige internationale Organisation für junge Anwälte bis zu 45
Jahren. aija organisiert zum einen Seminare und Konferenzen, zum anderen
versteht sich aija als Plattform für auch internationale Kontakte und
Erfahrungsaustausch.
Konferenz zum
Europäischen Familienrecht
Am
11. und 12. Dezember 2008 organisieren CCBE und ERA eine Konferenz zum
Europäischen Familienrecht in Brüssel. Der Fokus der Veranstaltung wird zum
einen auf bestehenden und geplanten europäischen Rechtsinstrumenten im Bereich
des Familienrechts, zum anderen auf dem Erfahrungsaustausch und der Diskussion
praktischer Probleme liegen.
Das
Programm
der Konferenz und Registrierungsformular sind hier abrufbar.
In eigener Sache
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Nachrichten aus Brüssel-Sommerpause
Wegen der Sommerpause in Brüssel
erscheint die nächste Ausgabe der Nachrichten
aus Brüssel erst wieder am 4. September 2008.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Mila Otto, LL.M. und Natalie Barth |
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