Büro Brüssel

Ausgabe 19/2008                                                                                                                30.10.2008

Themen in dieser Ausgabe:

Zivilrecht

-         EP befürwortet Rom-III-Verordnung

-         Einigung über Unterhaltsverordnung

-         EP stimmt Timeshare-Richtlinie zu

 

Strafrecht

-         Richtlinie über strafrechtlichen Schutz der Umwelt verabschiedet

-         Entschließung des EP zur Europäischen Beweisanordnung

-         Ausrichtung des Rates zum EU-Strafregisterinformationssystem (ECRIS)

 

 

Personalia

-            Neue Handelskommissarin

 

Sonstiges

-            Europäischer Tag der Ziviljustiz

 


 

Zivilrecht

 

EP befürwortet Rom-III-Verordnung

Das EP hat sich am 21. Oktober 2008 mit dem Verordnungsvorschlag über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Ehesachen (Rom III) befasst und zugunsten von mehr Rechtssicherheit eine Neuregelung und Vereinfachung der für internationale Scheidungen geltenden Regeln gefordert. Den Kommissionsvorschlag hat das EP mit Änderungen gebilligt.

Mit der Verordnung sollen harmonisierte Kollisionsregeln für die Ehescheidung eingeführt werden. Die Ehegatten könnten den Gerichtsstand sowie das anwendbare Recht einvernehmlich festlegen, sofern zu diesem Mitgliedstaat bzw. zu der Rechtsordnung ein enger Bezug besteht. In Ermangelung einer Rechtswahl könnte das anwendbare Recht nach einer Reihe von Anknüpfungspunkten bestimmt werden, die die Gewähr dafür bieten, dass sich das Verfahren nach der Rechtsordnung richtet, zu der es den engsten Bezug aufweist.

Vor dem Hintergrund, dass die für die Verabschiedung notwendige Einstimmigkeit im Rat insbesondere am Widerstand Schwedens gescheitert ist, hat sich das EP für eine eindeutige Lösung von hier möglichen Konflikten ausgesprochen: In Fällen, in denen nach dem bestimmten Recht eine Scheidung nicht möglich ist oder sie für einen Ehepartner in diskriminierender Weise erfolgt, soll das Recht des Gerichtsstands gelten. Neun Mitgliedstaaten (Frankreich, Ungarn, Luxemburg, Spanien, Österreich, Italien, Griechenland, Slowenien, Rumänien) hatten auf das Scheitern im Rat mit einem Antrag auf Vorgehen im Wege der verstärkten Zusammenarbeit reagiert. Auf die mündliche Anfrage des LIBE Ausschusses zum weiteren Vorgehen, erläuterte Kommissar Barrot, dass der Kommissionsvorschlag nur – und dann notwendigerweise – zurückgezogen werde, wenn sich die Kommission für die verstärkte Zusammenarbeit entscheide.

Frühere Berichte: 8/2007, 17/2007, 12/2008, 16/2008

 

Einigung über Unterhaltsverordnung

Die Justiz- und Innenminister der Mitgliedstaaten haben sich am 24. Oktober 2008 über eine Verordnung über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht sowie die Anerkennung und Vollstreckung in Unterhaltssachen geeinigt.

Die Verordnung soll dazu beitragen, Unterhaltsansprüche europaweit effektiver durchsetzen zu können. Geschaffen werden Regeln über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht sowie die Anerkennung und Vollstreckung von in anderen Mitgliedstaaten ergangenen Unterhaltsentscheidungen, die nicht nur Kindesunterhaltsachen, sondern auch Unterhaltsansprüche von Ehegatten und Lebenspartner anwendbar sind. Die Verordnung regelt zudem den Anspruch auf Prozesskostenhilfe.

Nach dieser Einigung im Rat ist in Kürze - nach Beratungen zu den vorgesehenen Formularen und einer sprachlichen Überarbeitung – mit der endgültigen Verabschiedung der Verordnung zu rechnen. Sie wird zweieinhalb Jahre nach ihrer Verabschiedung und Veröffentlichung im Amtsblatt direkt in den Mitgliedstaaten gelten.

Frühere Berichte: 8/2007, 17/2007, 1/2008, 12/2008

 

EP stimmt Timeshare-Richtlinie zu

Am 22. Oktober 2008 hat das EP dem Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie 94/47/EG zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilnutzungsrechten an Immobilien und Ergänzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken zugestimmt.

Mit der neuen sog. Timeshare-Richtlinie sollen Regelungslücken der alten Richtlinien geschlossen und der Anwendungsbereich auf neue Timesharingprodukte ausgeweitet werden. Die Rechte der Verbraucher beim Kauf, aber auch beim Wiederverkauf und Tausch von Teilnutzungsrechten sowie langfristigen Urlaubsprodukten sollen gestärkt werden. Umfasst sind nun neben Nutzungsrechten an Ferienimmobilien auch neue sog. „timesharingähnliche Produkte“. In Zukunft werden die – aktualisierten – Bestimmungen über vorvertragliche Informationen, die 14-tätige Bedenkzeit, das Verbot, Anzahlungen zu fordern und den Rücktritt vom Vertrag ohne Angabe von Gründen auch für Mobilien wie Hausboote, Campingwagen und Kreuzfahrtschiffe sowie für „langfristige Urlaubsprodukte“ wie sog. „Holiday Discount Clubs“ gelten.

Die ausstehende endgültige Einigung im Rat gilt aufgrund der vorgegangenen Verhandlungen als reine Formalität.

 

Strafrecht

 

Richtlinie über strafrechtlichen Schutz der Umwelt verabschiedet

Der Rat hat am 24. Oktober 2008 die Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt verabschiedet und ist dabei der EP-Stellungnahme aus Mai 2008 gefolgt, die den zwischen Kommission, EP und Rat gefundenen Kompromiss widerspiegelt.

Durch die Richtlinie werden bestimmte schwere Umweltdelikte in allen Mitgliedstaaten als Straftat eingestuft. Zur Wahrung des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots enthält sie im Anhang eine Liste der umweltrechtlichen europäischen Rechtsvorschriften, deren Verletzung eine strafrechtliche Folge auslösen kann. Anknüpfungspunkt für die Strafbarkeit werden – anders als im Kommissionsvorschlag vorgesehen – generell nur rechtswidrige Handlungen sein. Anstiftung und Beihilfe werden nur zu vorsätzlichen Handlungen strafbar sein.

Der Vorschlag für die Richtlinie war von der Kommission vorgelegt worden, nachdem der Rahmenbeschluss 2003/80/JI über den Schutz der Umwelt durch den EuGH aufgehoben worden war. Allerdings hat die von der Kommission vorgeschlagene – u. a. auch von der BRAK als zu umfassend kritisierte – Vorgabe von Strafarten und -höhe keinen Eingang in die Richtlinie gefunden. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH, der in seinem Urteil aus September 2005 festgestellt hat, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber zwar zum Erlass strafrechtlicher Maßnahmen befugt ist, wenn diese zur Durchführung europäischer Umweltgesetzgebung erforderlich sind, in einer Entscheidung im Oktober 2007 aber klargestellt hat, dass die Bestimmungen zu Art und Maß der Sanktionen im alleinigen Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten verbleiben.

Die Richtlinie ist von den Mitgliedstaaten innerhalb von 24 Monaten umzusetzen.

Frühere Berichte: 17/2005, 22/2005, 03/2007, 20/2007, 7/2008, 10/2008

 

Entschließung des EP zur Europäischen Beweisanordnung

Am 21. Oktober 2008 hat sich das EP zum Rahmenbeschlussentwurf über die Europäische Beweisanordnung positioniert.

Mit dem Rahmenbeschluss, der die Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafsachen betrifft, soll der Rahmenbeschluss über die Vollstreckung von Entscheidungen zur Sicherstellung von Vermögensgegenständen und Beweismitteln in der EU ergänzt werden. Bislang ist die Übermittlung der Beweismittel nur im Rahmen der Rechtshilfe möglich.

Das EP fordert, dass neben der Anklage auch die Verteidigung einen Antrag auf Erlass einer Europäischen Beweisanordnung stellen kann. Durch die Einfügung eines neuen Artikels soll sichergestellt werden, dass die Verwendung der erlangten Beweise die Rechte auf Verteidigung in späteren Strafverfahren nicht beeinträchtigt. Auch wird die Aufnahme von Schutzgarantien für die Vollstreckung sowie für den Verzicht auf eine Beschränkung von Rechtsmitteln gefordert, um - wegen des Fehlens von Verfahrensgarantien - Mindestgarantien zumindest für diesen Bereich festzulegen und möglichst weit reichende Rechtsmittel vorzusehen. Außerdem sieht das EP die Aufnahme einer Verpflichtung der Mitgliedstaaten vor, alle Anstrengungen zu unternehmen, um vor der Umsetzung des Rahmenbeschlusses über die Europäische Beweisanordnung einen Rahmenbeschluss über Verfahrensrechte in der EU zu erlassen.

Ausrichtung des Rates zum EU-Strafregisterinformationssystem (ECRIS)

Am 24. Oktober 2008 hat sich der Rat der Justiz- und Innenminister auf eine allgemeine Ausrichtung zum Beschlussvorschlag der Kommission zur Errichtung einer Europäischen Strafregisterdatenbank (ECRIS) geeinigt. Die Schaffung von ECRIS dient der technischen Umsetzung des vorgeschlagenen Rahmenbeschlusses über die Durchführung und den Inhalt des Austausches von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten, der das  Europäische Abkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen des Europarats ersetzen soll. ECRIS soll die nationalen Systeme vernetzen und den Datenaustausch hinsichtlich bestehender Verurteilungen zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern.

Frühere Berichte: 20/2004, 21/2004, 23/2004, 3/2005, 4/2005, 7/2005, 23/2005, 1/2006, 11/2006, 12/2007, 12/2008, 18/2008

 

Personalia

 

Neue Handelskommissarin

Die Britin Baroness Catherine Ashton ist nach dem Ausscheiden von Peter Mandelson am 22. Oktober 2008 vom EP als neue Handelskommissarin bestätigt worden. Der Kandidatin der Labour Party war es in der Befragung durch das EP gelungen, die von einigen Abgeordneten geäußerten Zweifel an ihrer Eignung für das Amt aufgrund mangelnder Erfahrung im Ressort Handel zu zerstreuen. Baroness Ashton stand bisher an der Spitze des „House of Lords“.

 

Sonstiges

 

Europäischer Tag der Ziviljustiz

Mit einem Preis in Form einer Kristallwaage haben Kommission und Europarat anlässlich des 6. Europäischen Tags der Ziviljustiz das Justizministerium des Vereinigten Königreichs ausgezeichnet. Die Anerkennung für qualitätssteigernde Innovationen im Bereich der Ziviljustiz erhielt das Ministerium für den „Small Claims Mediation Service“, mit dessen Hilfe Bagatellsachen mit einem Streitwert von bis zu 5.000 GBP zügiger abgewickelt werden können. Der Europäische Tag der Ziviljustiz wird in Deutschland am 6. November 2008 in Leipzig begangen.

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Mila Otto, LL.M. und Natalie Barth

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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