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Ausgabe 15/2009

15.10.2009

 

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

Vorschlag der Europäischen Kommission für eine einfachere Regelung von Erbsachen mit Auslandsbezug

 

Strafrecht

Entschließung des EP über den Entwurf eines Rahmenbeschlusses zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren

Urteil des EuGH über die Vollstreckung eines europäischen Haftbefehls

 

Institutionen

Stockholm-Programm – Entwurf einer Entschließung des EP

 

Lissabon-Vertrag

Ratifizierung des Lissabon-Vertrages durch Polen

 

 

 

Zivilrecht

 

Vorschlag der Europäischen Kommission für eine einfachere Regelung von Erbsachen mit Auslandsbezug

Am 14. Oktober 2009 hat die Kommission einen Vorschlag für eine einfachere Regelung von Erbsachen mit Auslandbezug  (COM (2009)154) vorgelegt. Bislang unterschieden sich die Vorschriften über die Zuständigkeiten sowie über das anwendbare Recht von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat erheblich, so dass ein großes Maß an Unsicherheit entstehe. Besonders die Erben sähen sich häufig einer schwer nachvollziehbaren und komplexen Vielzahl an Vorschriften gegenüber. Eine Verteilung des Nachlasses dauere oftmals sehr lange. Der Vorschlag der Kommission sieht vor, dass der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers das maßgebliche Kriterium sein soll, anhand dessen die Zuständigkeit einer Behörde und das anzuwendende Recht bestimmt werden. Davon abweichend kann ein Erblasser, der im Ausland wohnhaft ist, beschließen, dass auf seinen gesamten Nachlass das Recht des Staates anwendbar ist, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Die Regelungen der behördlichen Zuständigkeit und des anwendbaren Rechtes erstrecken sich in beiden genannten Fällen auf den gesamten Nachlass. Andere Kriterien, wie die Belegenheit von Gegenständen, sollen keine Rolle mehr spielen. Urkunden und Entscheidungen in einer Erbsache sollen von den Mitgliedstaaten untereinander uneingeschränkt gegenseitig anerkannt werden. Zudem soll ein europäisches Nachlasszeugnis eingeführt werden, mit dem Personen ihre Rechtsstellung als Erbe, Nachlassverwalter oder Testamentsvollstrecker ohne weitere Formalitäten nachweisen können. Dem nunmehr vorliegenden Vorschlag war 2005 ein Grünbuch vorausgegangen. Die BRAK hatte zu dem Grünbuch seinerzeit Stellung genommen.

 

Frühere Berichte: 22/2005, 5/2005

 

Strafrecht

 

Entschließung des EP zum Entwurf eines Rahmenbeschlusses zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren

Am 08. Oktober 2009 hat das Europäische Parlament eine Legislative Entschließung zu dem Entwurf eines Rahmenbeschlusses zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren angenommen. Das Parlament schlägt 18 Änderungen zu dem Rahmenbeschluss vor. Der Rat wird aufgefordert, den Rahmenbeschluss erst nach In-Kraft-Treten des Lissabon-Vertrags zu beschließen. Damit hätte das Parlament mehr Mitwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten.  Eingeschränkt werden sollen nach Willen des Parlaments die Übermittlung von Informationen über den Tatverdächtigen. Die Kriterien zur Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit werden in der Entschließung von den Erwägungsgründen in den Gesetzestext verschoben und konkretisiert. Weiterhin werden Verfahrensgarantien für den Angeklagten aufgenommen. Dieser ist z.B. über den Informationsaustausch zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten bzw. Behörden und Eurojust zu unterrichten, außerdem wird die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs festgelegt. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet sicherzustellen, dass eine angemessene Übersetzung, Verdolmetschung und Prozesskostenhilfe garantiert sind. Die Definition der „zuständigen Behörde“ nach dem Rahmenbeschluss wird auf Richter, Untersuchungsrichter oder Staatsanwalt oder eine sonstige Justizbehörde beschränkt.

 

Frühere Berichte: 8/2009, 4/2009, 2/2009, 11/2006, 7/2006, 1/2006

 

Urteil des EuGH über die Vollstreckung eines europäischen Haftbefehls

Am 6. Oktober 2009 hat der Europäische Gerichtshof in der Sache C-123/08 ein Urteil über die Vollstreckung eines europäischen Haftbefehles gesprochen.  Dem Urteil lag zugrunde, dass das niederländische Recht vorsieht, dass die Übergabe von niederländischen Staatsangehörigen an eine ausstellende Justizbehörde zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe verweigert wird, bei Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten ist eine Verweigerung davon abhängig, dass sie sich rechtmäßig für mindestens fünf Jahre lang ununterbrochen in den Niederlanden aufgehalten haben. Ein niederländisches Gericht hatte dem EuGH die Rechtssache eines Deutschen vorgelegt, der sich in den Niederlanden niedergelassen hatte und dessen Bewährung widerrufen wurde, so dass die Freiheitsstrafe nun vollstreckt werden sollte. Der EuGH hat entschieden, dass die ungleiche Behandlung nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstoße, da fünf Jahre Aufenthalt eine angemessene Dauer seien, um die Integration der Person in die Gesellschaft anzunehmen. Dies sei insbesondere mit dem Resozialisierungsgedanken vereinbar, so dass die Vollstreckung bis zu fünf Jahren dauerhaftem Aufenthalt verweigert werden könne und eine Übergabe an die Behörden des ausstellenden Staates stattfinde.

 

Frühere Berichte: 10/2009, 09/2009, 14/2008, 05/2008

 

 

Institutionen

 

Stockholm-Programm – Entwurf einer Entschließung des EP

Der  Rechtsausschusses (JURI), der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und der Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO) diskutierten am 08. Oktober den gemeinsamen Entwurf einer Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Stockholm-Programm (KOM (2009) 262). Der Bericht weist darauf hin, dass das Programm voraussichtlich verabschiedet werde, wenn der Lissabon-Vertrag mit seinen neuen rechtlichen Rahmenbedingungen bereits in Kraft getreten ist, und es daher mit diesen im Einklang stehen müsse, das Parlament also stärker einbezogen werden müsse. In dem Entschließungsentwurf wird ein transparenterer Gesetzgebungsprozess gefordert und ein Evaluierungssystem, mit dem die Qualität, Effizienz und Fairness der Justizpolitik geprüft werden soll, in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten. Neuen Reformen und Programmen sei eine Folgenabschätzung für den Bereich der Grundrechte voranzustellen. Im Bereich des Zivilrechts müssten außergerichtliche Streitbeilegungsmechanismen mehr gefördert werden. Die Einführung eines EU- weiten Systems für Kollektivverfahren dürfe nicht zu einer Zersplitterung der nationalen  Rechtssysteme führen. Weitere Reformen fordert die Entschließung beispielsweise im Bereich der Anerkennung von öffentlichen Urkunden und im Bereich des Gesellschaftsrechts und im Ehe- und Unterhaltsrecht. Weiterhin sollen die Lücken in der Rom II Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Verordnung (EG) Nr. 864/2007) geschlossen werden. Die Arbeiten an einem gemeinsamen Referenzrahmen  sollten weitergeführt und dieser optional und direkt anwendbar sein. Mit Blick auf die in Aussicht gestellten Reformen im Strafrecht wird nochmals die Forderung nach einem Instrument für den Schutz der Beschuldigtenrechte aufgestellt, sowie für Opferrechte. Außerdem seien Minimumstandards für Gefängnisse aufzustellen und die Gefangenenrechte zu definieren. Der Kampf gegen den Terrorismus und organisiertes Verbrechen müsse mehr auf die Prävention fokussiert werden und den Schutz der Rechte von Zeugen. Die Entschließung sieht die Stärkung einer europäischen Rechtskultur vor durch bessere Weiterbildung und Vernetzung von Richtern und Justizangehörigen. Für Praktiker solle ein EU-weites, durch die Berufsorganisationen entwickeltes Credit-Point System für Weiterbildungsmaßnahmen auf diesem Gebiet eingeführt werden.  Auch die Arbeiten an der E-Justiz sollten weiter vorangetrieben werden. Die Mitgliedsstaaten sollten darauf achten, dass bilaterale Projekte so ausgestaltet werden, dass sie ohne weiteren Aufwand auf EU-Ebene übertragen werden können. Bereits vorhandene EU-weite Verfahren wie das vereinfachte Verfahren für geringfügige Forderungen sollen durch die E-Justiz vereinfacht, beschleunigt und kostengünstiger ausgestaltet werden.

 

Frühere Berichte: 14/2009, 10/2009

 

Lissabon-Vertrag

 

Ratifizierung des Lissabon-Vertrages durch Polen

Am 10. Oktober 2009 unterzeichnete Polens Präsident Kaczynski den Lissabon-Vertrag, so dass nun Tschechien das einzige der 27 Länder der Europäischen Union ist, das den Vertrag nicht ratifiziert hat. Präsident Klaus kündigte an, die Entscheidung des tschechischen Verfassungsgerichtes über den Vertrag abwarten zu wollen.

 

Frühere Berichte: 14/2009, 13/2009, 12/2009, 9/2009, 3/2009, 8/2008, 4/2008, 03/2008, 22/2007, 20/2007

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen, RAin Tanja Ortel und Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer

 

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