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Ausgabe 18/2009

26.11.2009

 

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

EuGH-Urteil zur Auslegung des Begriffs der Annullierung von Flügen

 

Strafrecht

Grünbuch zur Erlangung verwertbarer Beweise in Strafsachen

 

Wirtschaftsrecht

Europäisches Parlament verabschiedet den letzten Teil des „Telekom-Pakets“

EU-Strategie für 2020

 

Institutionen

EU-Sondergipfel entscheidet über neue EU-Spitzenämter

 

Sonstiges

Grünbuch zur Europäischen Bürgerinitiative

 

 

Zivilrecht

 

EuGH-Urteil zur Auslegung des Begriffs der Annullierung von Flügen

Der EuGH hat am 19. November 2009 im Vorabentscheidungsverfahren in der verbundenen Sache C-402/07 und C-432/07 entschieden. In beiden Verfahren hatten Flugpassagiere Verspätungen von 22 bzw. 25 Stunden aufgrund technischer Defekte der Flugzeuge erlitten und begehrten Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 i.V.m. Artikel 5 der Verordnung 261/2004. Voraussetzung dafür ist, dass der Flug annulliert wurde. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn die Annullierung „auf außergewöhnliche Umstände“ zurückzuführen ist, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Der EuGH entschied, dass auch eine erhebliche Verspätung nicht als Annullierung i.S.d. Verordnung anzusehen sei, wenn der Flug entsprechend der ursprünglichen Flugplanung des Luftfahrtunternehmens durchgeführt werde, wie in den vorliegenden Fällen. Allerdings seien Artikel 5, 6 und 7 der Verordnung dahingehend auszulegen, dass ein Flug, durch den der Flugpassagier mehr als drei Stunden später als ursprünglich geplant am Zielort ankommt, einem annullierten Flug gleichgestellt werden könne und der Passagier daher einen Ausgleichsanspruch gemäß Artikel 7 der Verordnung habe. In Anlehnung an das Urteil C-549/07 kam der EuGH zu dem Schluss, dass auch bei einem verspäteten Flug aufgrund eines technischen Defekts nur dann „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen, wenn das Problem auf Vorkommnisse zurückgeht, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind.

 

 

Strafrecht

 

Grünbuch zur Erlangung verwertbarer Beweise in Strafsachen

Am 11. November 2009 hat die Kommission ein Grünbuch zur Erlangung verwertbarer Beweise in Strafsachen aus einem anderen Mitgliedstaat angenommen. Sie will damit eine Konsultation der Mitgliedstaaten zu der Frage einleiten, ob die in verschiedenen Rechtsinstrumenten existierenden Einzelregelungen für die Beweiserhebung in Strafsachen durch eine einzige Regelung auf der Grundlage des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung ersetzt werden soll, die alle Beweisarten umfasst. Es soll somit ein umfassendes System für die Beweiserhebung in grenzüberschreitenden Angelegenheiten geschaffen werden.

Gleichzeitig erwägt die Kommission, gemeinsame Beweiserhebungsnormen einzuführen. Damit könne vermieden werden, dass Beweise aufgrund der Art und Weise wie sie in einem Mitgliedstaat erhoben worden sind vor Gericht eines anderen Mitgliedstaats als unzulässig oder weniger glaubwürdig eingestuft würden oder dass die bestehenden Beweiserhebungsregeln nur im Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten mit vergleichbaren nationalen Beweiserhebungsnormen zur Anwendung kommen.

Die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche Anwaltverein haben zu dem Projekt der europäischen Beweisanordnung bereits in ihrer Gemeinsamen Stellungnahme zum Stockholm-Programm Position bezogen und den Vorschlag zurückgewiesen. Die Bundesrechtsanwaltskammer ist der Auffassung, dass es bisher keine Evaluierung gebe, die den Bedarf einer europäischen Beweisanordnung anzeige. Zudem müsse erst einmal die Umsetzung des vorhandenden Rahmenbeschlusses über eine europäische Beweisanordnung abgewartet werden. Es dürfe nicht versucht werden, „die Unterschiede der verschiedenen Rechtssysteme isoliert im Bereich der Beweiserhebungen zu nivellieren“.

 

 

Wirtschaftsrecht

 

Europäisches Parlament verabschiedet den letzten Teil des „Telekom-Pakets“

Am 24. November hat das Europäische Parlament in dritter Lesung den letzten Teil des sogenannten Telekom-Pakets verabschiedet. Letzter strittiger Punkt war die Frage der Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen. Der gefunden Kompromiss sieht nun vor, dass entsprechende Maßnahmen „nur unter gebührender Beachtung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung und des Recht auf Schutz der Privatsphäre“ und im Anschluss an ein „vorheriges, faires und unparteiisches Verfahren“ unter Gewährleistung des „Rechts der betroffenen Personen(en) auf Anhörung“ und des Rechts „auf eine effektive und rechtzeitige gerichtliche Prüfung“ getroffen werden.

Darüber hinaus stärkt das Telekom-Paket die Rechte der Verbraucher. So haben Verbraucher zukünftig das Recht, innerhalb eines Tages ihren Fest- oder Mobilfunkanbieter zu wechseln und ihre Telefonnummer mitzunehmen. Zudem dürfen „Cookies“ nicht mehr ohne Zustimmung des Internetnutzers auf dessen PC gespeichert werden. Auch müssen Internet- und Telefonanbieter Kundendaten wie Namen, E-Mail sowie Bankverbindungen sicher aufbewahren, so dass sie nicht zufällig oder absichtlich in falsche Hände geraten können. Weiterhin sind Maßnahmen enthalten, die für mehr Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt sorgen. So wird es möglich sein, marktbeherrschende Betreiber dazu zu verpflichten, Mitbewerben den Zugang zu ihren Netzen zu öffnen, und die Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsbehörden für Telekommunikation wird verbessert werden.

Die Mitgliedstaaten müssen nun bis spätestens Mai 2011 diese Regelungen in nationales Recht umzusetzen.

 

Früherer Bericht: 17/2009

 

 

EU-Strategie für 2020

Die Kommission hat am 24. November 2009 eine öffentliche Konsultation zur EU 2020 Strategie gestartet. Die Strategie für 2020 löst die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung ab, die 2010 ausläuft. Aufbauend auf deren Ergebnissen soll die neue Strategie den Weg aus der Wirtschaftskrise weisen. Das Konsultationspapier nennt drei Schlüsselprioritäten: eine Wertschöpfung durch Wissen, Kampf gegen gesellschaftliche Ausgrenzung und die Schaffung einer wettbewerbsfähigen, ökologischeren Wirtschaft. Die interessierten Kreise sind aufgefordert, bis 15. Januar 2010 Stellungnahmen abzugeben. Den endgültigen Vorschlag für die EU 2020 will die Kommission noch im Januar 2010 vorlegen, die Abstimmung soll im März 2010 auf dem EU-Frühjahrsgipfel erfolgen.

 

Frühere Berichte: 10/2009, 6/2005, 4/2004

 

Institutionen

 

EU-Sondergipfel entscheidet über neue EU-Spitzenämter

Auf dem Sondergipfel am 19. November 2009 haben die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten den Belgier Herman Van Rompuy als ersten ständigen Ratspräsidenten und die Britin Catherine Ashton als Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission ernannt. Herman Van Rompuy ist der amtierende belgische Premierminister, die Britin Catherine Ashton war bisher als Kommissionsmitglied für das Handelsressort zuständig. Beide Ämter sind mit dem am 1. Dezember 2009 in Kraft tretenden Lissabon-Vertrag neu geschaffen worden. Während Van Rompuy sein Amt erst in einigen Wochen antritt, nimmt Catherine Ashton ihre Tätigkeit als Hohe Vertreterin bereits mit Inkrafttreten des EU-Reformvertrags auf. Anders als im Falle Van Rompuys, muss die Benennung von Ashton durch das Europäische Parlament bestätigt werden, da Ashton in Personalunion auch Vizepräsidentin der Kommission sein wird. Da die formelle Anhörung der neuen Kommissare frühestens im Januar 2010 möglich ist, soll Ashton vorab am 2. Dezember 2009 vom außenpolitischen Ausschuss des Europäischen Parlaments zu einem Hearing geladen werden.

 

Frühere Berichte: 16/2009, 15/2009, 14/2009, 13/2009, 12/2009, 9/2009, 3/2009, 8/2008, 4/2008, 03/2008, 22/2007, 20/2007

 

 

Sonstiges

 

Grünbuch zur Europäischen Bürgerinitiative

Die Kommission hat am 11. November 2009 ein Grünbuch zur Europäischen Bürgerinitiative angenommen. Die Bürgerinitiative wird mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt und ermöglicht den Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union eine direkte Beteiligung an der Europäischen Gesetzgebung und somit ein Element direkter Demokratie auf Europäischer Ebene. Der Vertrag von Lissabon sieht vor, dass eine Anzahl von mindestens 1 Million Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern, bei denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handeln muss, die Kommission auffordern kann, im Rahmen ihrer Befugnisse Gesetzesvorschläge zu Themen zu unterbreiten, die diese Bürgerinnen und Bürgern als nötig erachten, um die Verträge der Europäischen Union umzusetzen.

Die konkrete Ausgestaltung dieser Bürgerinitiative wird durch eine Verordnung festgelegt. Dazu möchte die Kommission nun mit ihrem Grünbuch praktische Fragen zur bestmöglichen Umsetzung der Bürgerinitiative in die Praxis erörtern. Hierzu gehört u.a. wie viele Mitgliedstaaten eine erhebliche Anzahl darstellen, die Mindestzahl der Unterzeichner je Mitgliedstaat, ob und wenn ja welches Mindestalter für die Teilnahme an der Europäischen Bürgerinitiative gelten soll, wie die Überprüfung der Echtheit der Unterschriften vorgenommen werden soll, ob und wenn ja welcher Zeitraum zur Sammlung von Unterschriften vorgesehen werden soll und ob der Kommission eine Frist zur Überprüfung der Initiative gesetzt werden sollte.

Die Kommission richtet sich mit ihrer öffentlichen Konsultation an alle interessierten Kreise und bittet um Antworten bis Ende Januar 2010.

Das Europäische Parlament hatte bereits am Ende der letzten Legislatur einen Initiativbericht vorgelegt, der detaillierte Vorschläge zur Umsetzung der Bürgerinitiative enthält.

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen, RAin Tanja Ortel und Natalie Barth

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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