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Themen in dieser Ausgabe: Arbeitsrecht Berechnung der Kündigungsfrist bei
Arbeitsverhältnissen-EuGH Strafrecht Richtlinienvorschlag für eine
Europäische Schutzanordnung Institutionen Ratspräsidentschaft Spanien Anhörung der designierten Kommissare |
Arbeitsrecht
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Berechnung der Kündigungsfrist bei
Arbeitsverhältnissen-EuGH
Die deutsche Regelung, dass
vor Vollendung des 25. Lebensjahrs liegende Beschäftigungszeiten des
Arbeitnehmers bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt
werden, verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in
seiner Konkretisierung durch die Richtlinie
2000/78 über die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und
Beruf und ist vom nationalen Gericht auch in einem Rechtsstreit zwischen
Parteien erforderlichenfalls unangewendet zu lassen. Dies hat der EuGH in
seinem Urteil
vom 19. Januar 2010 entschieden. Frau Kücükdeveci war seit ihrem
vollendeten 18. Lebensjahr bei dem Unternehmen Swedex beschäftigt. Sie wurde im
Alter von 28 Jahren unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat
entlassen. Obwohl Frau Kükükdeveci seit zehn Jahren in dem Unternehmen
beschäftigt war, wurde von dem Arbeitgeber bei der Berechnung der
Kündigungsfrist lediglich eine Beschäftigungsdauer von drei Jahren
zugrundegelegt, da nach § 622 BGB Beschäftigungszeiten, die vor Vollendung des
25. Lebensjahrs liegen, nicht berücksichtigt werden. Frau Kükükdeveci klagte
gegen ihre Entlassung. Die Regelung stelle eine unionsrechtlich verbotene
Diskriminierung wegen ihres Alters dar. Die Kündigungsfrist hätte vielmehr 4
Monate betragen müssen wegen ihrer Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren. Das
Berufungsgericht befragte den EuGH zur Vereinbarkeit einer solchen
Kündigungsregelung mit dem Unionsrecht und zu den Folgen einer etwaigen
Unvereinbarkeit. Der EuGH stellte fest, dass die Ziele dieser
Kündigungsregelung zur Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik gehören und daher
legitim seien. Das Ziel der Regelung sei es, dem Arbeitgeber eine größere
personalwirtschaftliche Flexibilität zu verschaffen, indem seine Belastung im
Zusammenhang mit der Entlassung jüngerer Arbeitnehmer verringert werde, denen
eine größere berufliche und persönliche Mobilität zugemutet werde. Die Regelung
sei zur Erreichung dieses Ziels jedoch nicht angemessen oder geeignet, so der
EuGH, weil sie für alle Arbeitnehmer gelte, die vor Vollendung des 25.
Lebensjahrs in den Betrieb eingetreten seien, unabhängig davon, wie alt sie zum
Zeitpunkt ihrer Entlassung seien. Eine Richtlinie könne nicht selbst
Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen, so dass ihm gegenüber eine
Berufung auf die Richtlinie nicht möglich sei. Das Verbot der Diskriminierung
wegen des Alters sei jedoch ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der
Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf werde in der
entsprechenden Richtlinie nur konkretisiert. Der EuGH kommt deshalb zu dem
Ergebnis, dass das nationale Gericht im Rahmen seiner Zuständigkeiten den
rechtlichen Schutz, der sich für den Einzelnen aus dem Unionsrecht ergebe,
sicherzustellen und die volle Wirksamkeit dieses Schutzes zu gewährleisten,
indem es gegebenenfalls jede dem Verbot der Diskriminierung wegen Alters
entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt.
Strafrecht
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Richtlinienvorschlag
für eine Europäische Schutzanordnung
Der Rat hat am 05. Januar 2010 einen Richtlinienvorschlag
für eine Europäische Schutzanordnung vorgelegt. Hiermit sollen die in einem
Mitgliedstaat von den Justizbehörden angeordneten Schutzmaßnahmen auf einen
anderen Mitgliedstaat, in den die geschützte Person umzieht, ausgeweitet
werden, unabhängig von der Art oder der Dauer der in der betreffenden
Schutzmaßnahme enthaltenen Verpflichtungen oder Verbote. Mit dem
Richtlinienvorschlag wird ein Ziel des Stockholm-Programms
umgesetzt. Der Erlass einer Europäischen Schutzanordnung wird auf Antrag der
geschützten Person in die Wege geleitet. Der Anordnungsstaat bleibt zuständig
für alle weiteren Entscheidungen im Zusammenhang mit der einer Europäischen
Schutzanordnung zugrundeliegenden Schutzmaßnahme. Der Vollstreckungsstaat kann
die Anerkennung verweigern, wenn z.B. sich der Schutz aus der Vollstreckung
einer Strafe ableitet, die nach dem Recht des Vollstreckungsstaats Gegenstand
einer Amnestie ist und sich auf eine Handlung bezieht, für die nach diesem
Recht der Vollstreckungsstaat zuständig ist.
Institutionen
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Übernahme der Ratspräsidentschaft durch Spanien
Am 01. Januar 2010 hat
Spanien die Ratspräsidentschaft
übernommen. Es ist die erste Ratspräsidentschaft nach In-Kraft-Treten des
Lissabon-Vertrags am 01. Dezember 2009. Die spanische Präsidentschaft hat sich
vier Prioritäten
gesetzt: Die vollständige Umsetzung des Lissabon-Vertrags, Koordination der
Wirtschafts- und Finanzpolitik, um nachhaltiges Wachstum zu fördern, Stärkung
der EU-Außenpolitik und die Schaffung eines Raumes der Freiheit und des Rechts
in der EU, der den EU-Bürgern dient. Auf der Agenda der spanischen
Ratspräsidentschaft stehen im Bereich des Zivilrechts die Arbeiten an einer
Überprüfung der Brüssel I-Verordnung. Weiterhin soll der Entwurf für eine
Erbrecht-Verordnung angenommen werden und die Arbeiten an einer Reform des
anwendbaren Rechts in grenzüberschreitenden Scheidungsverfahren (ROM III)
wieder aufgenommen werden. Die Präsidentschaft plant auch, sich mit der
Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie zu befassen, die bis Ende 2009 durch
die Mitgliedstaaten umzusetzen war. Die im letzten halben Jahr in Angriff
genommenen Reformen im Bereich des Strafrechts sollen weiterverfolgt werden.
Diese Prioritäten werden flankiert durch ein 18-Monatsprogramm,
das Spanien zusammen mit den nachfolgenden Ratspräsidentschaften Belgien und
Ungarn erstellt hat. Im ersten Halbjahr 2010 wird ein Gesetzgebungsvorschlag
über Schadensersatzklagen bei Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts erwartet.
Eine hohe Priorität wollen die drei Präsidentschaften der Umsetzung des Small
Business Act einräumen. Über die Einführung der Europäischen
Privatgesellschaft (EPG) soll eine Einigung erzielt werden. Auf dem Gebiet des
Gesellschaftsrechts wird zudem eine Überprüfung der Verordnung über die
Europäische Aktiengesellschaft (SE) und der Übernahmerichtlinie stattfinden.
Aufbauend auf den Erfolgen der schwedischen Ratspräsidentschaft in den vergangenen
sechs Monaten soll eine umfassende Einigung über ein einheitliches
Patentgerichtssystem und das EU-Patent erreicht werden. Eine weitere Priorität
soll die Umsetzung des am 11. Dezember 2009 vom Rat angenommenen
Stockholm-Programms sein. Im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit werden in
dem Programm die Aspekte des Grundrechtsschutzes, des Datenschutzes, von
E-Justiz und der Fortbildung von Justizpersonal hervorgehoben. Weiterhin soll
sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung
gestärkt werden. Im Strafrecht wollen die drei Präsidentschaften dieses Prinzip
insbesondere bei der Beweiserlangung fördern. Im Bereich der E-Justiz sollen
vor allem die Aspekte der Zustellung, der Prozesskostenhilfe, des Europäischen
Mahnverfahrens und des Verfahrens für geringfügige Forderungen geregelt werden.
Im Bereich des Verbraucherschutzes wird der Arbeit an dem Vorschlag für eine
Richtlinie über Verbraucherrechte Vorrang eingeräumt werden. Die Möglichkeiten
kollektiver Rechtsdurchsetzung sollen weiterentwickelt und die Richtlinie über
Pauschalreisen überarbeitet werden. Die Ratspräsidentschaften wollen zudem die
Modernisierungsagenda für europäische Hochschulen verstärkt umsetzen. Im März
2010 wird eine Ministertagung zur Bewertung der Fortschritte im Bologna-Prozess
stattfinden.
Anhörung der designierten Kommissare
In der Woche vom 11. Januar
2010 wurde die designierten Kommissare vom Europäischen Parlament angehört. Vor
der Anhörung hatten die Kandidaten schriftlich auf Basis eines Fragebogens der
EU-Parlamentarier Stellung bezogen. Die designierte Justizkommissarin Viviane
Reding stellte in ihrer Stellungnahme
ihr Arbeitsprogramm vor. Als Prioritäten nannte sie die Entwicklung eines
Rechtsraums innerhalb der EU ohne Schranken, eine Stärkung der Grundrechte
sowie die Stärkung der Bürgernähe der EU. Eine ihrer ersten Maßnahmen wird die
Veröffentlichung eines Aktionsplans zur Umsetzung des Stockholm-Programms sein.
Die strafrechtlichen Verfahrensrechte sollen gestärkt werden. Mittelfristig ist
geplant, Eurojust zu einer europäischen Staatsanwaltschaft auszubauen. Wie auch
im Programm der Ratspräsidentschaften vorgesehen, will Reding weiter an einem
System für die Erlangung verwertbarer Beweise in grenzüberschreitenden
Verfahren arbeiten. Ein entsprechendes Grünbuch wurde kürzlich veröffentlicht.
Weiterhin will Reding die Arbeiten an einem europäischen Vertragsrecht
vorantreiben. Mittelfristig soll dies zu einem europäischen Zivilrecht führen,
das entweder freiwillig gewählt werden kann oder dass als optionale 28.
Rechtsordnung ausgestaltet werden kann. Das Gesetzgebungsverfahren für eine
Verbraucherrechte-Richtlinie soll zu Ende geführt werden. Hierbei solle darauf
geachtet werden, dass der Entwurf mit
einem zukünftigen europäischen
Vertragsrecht in Einklang zu bringen sei. Den Vorschlag zum anwendbaren
Recht bei Ehescheidungen (Rom III) will Reding notfalls im Wege der verstärkten
Zusammenarbeit vorantreiben. Die Brüssel I-Verordnung soll überarbeitet werden,
insbesondere soll das Exequatur-Verfahren abgeschafft und die gegenseitige
Anerkennung auf weitere Bereiche erstreckt werden. Im Bereich des
Datenschutzrechts sollen die bereits vorliegenden Instrumente in ein umfassendes,
verständliches Instrument zusammengefasst werden. Es müsse gewährleistet
werden, dass persönliche Daten von EU-Bürgern vor unbefugtem Gebrauch geschützt
werden. Andernfalls könne kein Vertrauen der Bürger in die EU geschaffen
werden. In Bezug auf die Europäische Menschenrechtskonvention will Reding eng
mit dem Europarat zusammenarbeiten, um einen Gleichlauf in den Arbeiten
erzielen zu können. Weiterhin werde sie aufmerksam die Entwicklung in
Gesetzgebung und Rechtsprechung in den EU-Mitgliedstaaten zum Thema
Menschenrechte verfolgen und einen Erfahrungsaustausch zwischen den
Mitgliedstaaten fördern, um eine europäische Menschenrechtskultur entwickeln zu
können.
Der designierte
Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia setzte in seiner schriftlichen Stellungnahme
die Priorität, unter Einsatz aller wettbewerbspolitischen Instrumente darauf
hinzuwirken, dass die Märkte den Verbrauchern, Unternehmen und der Gesellschaft
insgesamt mehr Vorteile bescheren. Die Wettbewerbspolitik müsse ihren Beitrag
zur Überwindung der Finanzkrise leisten, und dabei gleiche
Wettbewerbsbedingungen wahren und den Binnenmarkt schützen. Als konkrete
legislative Maßnahmen nannte Almunia die Modernisierung der Durchführung der
beihilferechtlichen Prüfverfahren und die weitere Analyse der Möglichkeiten des
Schadensersatzes für Kartellgeschädigte.
Michel Barnier,
designierter Kommissar für Binnenmarkt und Wettbewerb, stellte in Aussicht, die
Reform der Aufsicht des Finanzdienstleistungssektors zum Abschluss bringen zu
wollen. Außerdem habe er der Absicht, der Kommission die Schaffung eines
rechtlichen Rahmens für Krisenmanagement und
bewältigung vorzuschlagen. Eine weitere Priorität sei die Vollendung des
Dienstleistungsbinnenmarkts. Hierzu werde die in der Dienstleistungsrichtlinie
vorgesehene gegenseitige Evaluierung wichtige Erkenntnisse bringen. Auch die
Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen soll einer
umfassenden Bewertung unterzogen werden. Die Arbeiten zum Gemeinschaftspatent
und zum europäischen Patentgerichtssystem möchte Barnier zum Abschluss bringen.
Weiterhin strebt er die Modernisierung des Markenrechts an.
Das Europäische Parlament
wird am 09. Februar über die Kommissionsbesetzung abstimmen. Der ursprüngliche
Zeitplan hat sich verzögert, da die Parlamentarier die Ernennung der
bulgarischen Kandidatin Rumania Jeleva verweigern. Die Ersatzkandidatin soll am
03. Februar vom Parlament angehört werden. Die neue Kommission kann also
voraussichtlich am 10. Februar 2010 die Arbeit aufnehmen.
Frühere Berichte: 18/2009,
16/2009
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer,
Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743
86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher,
RAin Anabel von Preuschen und Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer |
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