|
|
Themen in dieser Ausgabe: Zivilrecht Anerkennung von
Entscheidungen im Zusammenhang mit Insolvenzfahren Strafrecht BRAK-Stellungnahme zum Grünbuch
Erlangung verwertbarer Beweise in Strafsachen aus einem anderen Mitgliedstaat
Freizügigkeit Pflicht
des nationalen Gerichts zur Nichtanwendung einer nationalen
Sportwetten-Regelung bei Unvereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht Grundrechte Durchsuchung
bei einem Rechtsanwalt Urteil EGMR Institutionen Beziehungen
Europäische Kommission EP Sonstiges Europäisches
Wettbewerbsnetz ECN veröffentlicht ersten Newsletter
|
Zivilrecht
|
Anerkennung von Entscheidungen im Zusammenhang mit
Insolvenzfahren
Der
Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil
vom 21. Januar 2010 (C-444/07) klargestellt, dass nach der wirksamen
Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in einem Mitgliedstaat die zuständigen
Behörden eines anderen Mitgliedstaats grundsätzlich verpflichtet sind, alle
Entscheidungen im Zusammenhang mit diesem Insolvenzverfahren anzuerkennen und
zu vollstrecken. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn in dem anderen
Mitgliedstaat ein Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Insolvenzverfahrensverordnung
EG Nr. 1346/2000 in der geänderten Fassung
EG Nr. 603/2005 kennt zwei Insolvenzverfahrensarten: das sogenannte
Hauptinsolvenzverfahren, welches von dem zuständigen Mitgliedstaat, in dessen
Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat, und
das sogenannte Sekundärinsolvenzverfahren, das von dem zuständigen Gericht
eines Mitgliedstaats, in dem der Schuldner eine Niederlassung hat, eröffnet
wird. Nur das Hauptinsolvenzverfahren hat universale Wirkung, während das
Sekundärinsolvenzverfahren auf das im Gebiet des Mitgliedstaats belegene
Vermögen beschränkt ist, sodass aber die universale Wirkung des
Hauptinsolvenzverfahrens durch das Sekundärinsolvenzverfahren beschränkt werden
kann. In diesem Rahmen hebt der EuGH hervor, dass es nur zwei Gründe für die
Nichtanerkennung des Insolvenzverfahrens eines anderen Mitgliedstaats geben
kann. Zum einen, wenn dadurch die persönliche Freiheit oder das Postgeheimnis
eingeschränkt wird und zum anderen, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung mit
der öffentlichen Ordnung, insbesondere mit den Grundprinzipien oder den
verfassungsmäßig garantierten Rechten und Freiheiten des Einzelnen, unvereinbar
ist. In dem zugrunde liegenden Fall ging es um die Rechtmäßigkeit von
Forderungspfändungen, die vom Amtsgericht Saarbrücken angeordnet und nach
Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens eines Bauunternehmens -mit
Gesellschaftssitz in Polen- durchgeführt worden waren. Das Unternehmen hatte
eine Zweigniederlassung in Deutschland. Da vorliegend in Deutschland kein
Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet worden war und das polnische Gesetz über
die Insolvenz und die Sanierung nicht zulässt, dass nach der Eröffnung eines
Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner Vollstreckungsverfahren in Bezug auf die Vermögenswerte eingeleitet
werden, die zur Insolvenzmasse gehören, konnten die zuständigen deutschen
Behörden nicht rechtswirksam Vollstreckungsmaßnahmen nach deutschem Recht in
Bezug auf das in Deutschland befindliche Vermögen des polnischen Unternehmens anordnen.
Strafrecht
|
Freizügigkeit
|
Pflicht des nationalen Gerichts zur
Nichtanwendung einer nationalen Sportwetten-Regelung bei Unvereinbarkeit mit
Gemeinschaftsrecht
Grundrechte
|
Durchsuchung bei einem Rechtsanwalt
Urteil EGMR
Mit
seinem Urteil
(Nr. 43757/05) vom 21. Januar 2010 (nur in französischer Sprache erhältlich)
hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zugunsten des
Rechtsanwalts Xavier Da Silveira entschieden. Der portugiesische Rechtsanwalt,
der auch in Frankreich tätig ist, hatte im Dezember 2005 beim EGMR Beschwerde
gegen Frankreich eingelegt, nachdem sein französisches Domizil im Zuge von
Ermittlungen der französischen Polizei gegen einen Dritten durchsucht worden
und Gegenstände beschlagnahmt worden waren. Die Durchsuchung fand trotz der
Einwände des Rechtsanwaltes statt und obwohl er die Ermittler in Kenntnis
darüber gesetzt hatte, dass der zuständige örtliche Kammerpräsident informiert
worden war und sich bereit erklärt hatte, bei der Durchsuchung anwesend zu
sein. Herr Da Silveira konnte sowohl seinen französischen Wohnsitz als auch
seine Niederlassung als Anwalt einwandfrei nachweisen. Unter Berufung auf Art.8 EMRK,
in dem das Recht auf die Achtung des Privatlebens verankert ist, legte Herr Da
Silveira Beschwerde beim EGMR ein. Der Gerichtshof für Menschenrechte urteilte,
dass die Durchsuchung der Wohnung im Hinblick auf das Vertrauensverhältnis
zwischen Rechtsanwalt und Mandant unverhältnismäßig war und einen Verstoß gegen
Art. 8 EMRK darstellt. Dabei betonte der Gerichtshof den entscheidenden
Umstand, dass die Durchsuchung nicht dem als Privatperson bewohnten Domizil,
sondern der Wohnung als Büro des Rechtsanwalts galt, das dem Schutz des
anwaltlichen Berufsgeheimnisses unterstehe und besondere Verfahrensgarantien
erfordert hätte, die Anwälten nach dem französischen Strafverfahrensrecht
zustehen.
Institutionen
|
Beziehungen Europäische Kommission EP
Die
Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und dem Europäischem
Parlament über die Neuerungen im Rahmenabkommen
über die Beziehungen zwischen Kommission und Parlament bis 2015 mündeten am 27.
Januar 2010 in einen von beiden Seiten vorgelegten Text mit den wichtigsten
Punkten für eine Entschließung,
die dem Plenum am 9. Februar 2010 zur Abstimmung vorgelegt wird.
Kommissionspräsident Barroso kommt darin der Forderung des EP nach
Gleichbehandlung mit dem Ministerrat nach, was sich insbesondere im Zugang des
Parlaments zu Kommissionssitzungen mit nationalen Experten sowie der
umfassenden Dokumentierung dieser Sitzungen äußert. Eine weitere Forderung der
EP-Unterhändler, die der neuen Stellung des EP durch den Lissabonvertrag
entspricht, betrifft die Einbindung des EP in internationale Verhandlungen. Der
Entschließungsentwurf zur Überarbeitung des Rahmenabkommens sieht vor, dass der
Vorsitzende des jeweils relevanten Parlamentsausschusses als Beobachter an
internationalen Delegationen der Kommission teilnimmt. Gestärkt wird die
Position des EP auch im Hinblick auf eigene Gesetzesinitiativen. Der
Entschließungsvorschlag legt für die Reaktion der Kommission auf einen
Initiativbericht des EP eine Dreimonatsfrist fest und gibt der Kommission ein
Jahr Zeit, ihrerseits mit einem Vorschlag zu reagieren. Wird diese Frist nicht
eingehalten, muss die Kommission eine detaillierte Begründung vorlegen.
Außerdem nehmen der Kommissions- und der Parlamentspräsident in Zukunft an den
Spitzengesprächen des jeweils anderen Gremiums teil, wenn dort Haushalts- und
Gesetzgebungsfragen und andere Themen diskutiert werden, die für beide Seiten
von Interesse sind.
Mit
dem überarbeiteten Rahmenabkommen wird zwischen Mai und Juni dieses Jahres
gerechnet.
Sonstiges
|
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und Bearbeitung:
RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen und Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer |
Der Newsletter ist im Internet unter www.brak.de abrufbar und kann auch dort be- oder
abbestellt werden.
Wenn Sie
diesen Newsletter zukünftig nicht mehr erhalten möchten, schreiben Sie bitte
eine E-Mail an brak.bxl@brak.eu