Ausgabe 6/2020 v. 27.3.2020
Liebe Leserinnen und Leser,

die Corona-Pandemie verlangt uns allen drastische Einschränkungen ab. In dieser Ausgabe haben wir daher Tipps für Sie, wie Sie für Homeoffice, Quarantäne oder gar Krankheitsfall sicherstellen, dass Posteingänge in Ihrem beA gelesen und bearbeitet werden können.

Außerdem in dieser Ausgabe: Wie Sie mit Hilfe von Etiketten ganz schnell innerhalb der Kanzlei austauschen, was mit einer eingegangenen beA-Nachricht zu tun ist. Wie Sie bei der Postausgangskontrolle im beA am besten vorgehen. Wie man bei PKH-Anträgen das Unterschriftserfordernis erfüllen kann. Und wie sich der Zeitpunkt der Zustellung bestimmt, wenn das Gericht ein elektronisches Empfangsbekenntnis angefordert hat – dazu hat das OVG Schleswig eine interessante Entscheidung publiziert. Und schließlich haben wir – weil derzeit viele außerhalb ihrer Kanzlei arbeiten und daher nicht wie gewohnt Drucker u.ä. zur Verfügung haben – einen Überblick für Sie, wann die Schriftform durch die elektronische Form ersetzbar ist und wann Sie auch den schriftformersetzenden sicheren Übermittlungsweg per beA nutzen können.
 
Wir wünschen eine aufschlussreiche Lektüre und: Bleiben Sie gesund!

Ihr Team des beA-Newsletters
 
Neuer Erscheinungsrhythmus

Ab April erscheint der beA-Newsletter immer am ersten Donnerstag des Monats.

Wie gewohnt wird er Informationen rund um das beA und den elektronischen Rechtsverkehr bieten. Und ebenfalls wie gewohnt werden wir Sie zwischen den regulären Ausgaben mit Sondernewslettern auf dem Laufenden halten, falls das aus aktuellem Anlass nötig sein sollte.
 
beA-Update am Samstag, den 28.3.2020, zwischen 6 und 14 Uhr

Am Samstag, den 28.3.2020, wird eine neue Software-Version des beA installiert. Deshalb werden das beA und das Bundesweite Amtliche Anwaltsverzeichnis in der Zeit zwischen 6:00 Uhr und 14:00 Uhr nicht zur Verfügung stehen. Etwaige Unannehmlichkeiten bitten wir zu entschuldigen.

Die neue beA-Version enthält Fehlerbehebungen. Neue Funktionen werden mit diesem Release nicht bereitgestellt.
 
Vorsicht bei materiellem Schriftformerfordernis

Der elektronische Rechtsverkehr nimmt gerade Fahrt auf und zahlreiche Anwaltskolleginnen und -kollegen lernen die vereinfachte Möglichkeit, Schriftsätze bei Gericht einzureichen, zu schätzen. Es geht auch wirklich einfach: Ohne Ausdruck und Abschriften wird nach §130a III 1 Alt. 2 ZPO unter das elektronische Dokument der Name des verantwortenden Anwalts gesetzt (einfache Signatur), und dieses dann als PDF per beA durch den Anwalt selbst bei Gericht eingereicht.

Aber Obacht: Durch die Verwendung eines sicheren Übermittlungswegs mit vertrauenswürdigem Herkunftsnachweis kann immer nur das prozessuale Schriftformerfordernis erfüllt werden. Enthält das elektronische Dokument aber nach materiellem Recht formbedürftige Erklärungen, ist dringend zu prüfen, ob und wie die Form gewahrt werden kann.

Grundsätzlich kann im Zivilrecht die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt (§ 126 III BGB). Bereits das BGB enthält aber zahlreiche Ausnahmen, so etwa §§ 484 I, 492 I, 623, 630 S. 3, 766 S. 2, 780 S. 2, 781 S. 2 BGB. Das prominenteste Beispiel dürfte die arbeitsrechtliche Kündigung sein, die nicht selten in Schriftsätzen erklärt wird. Die entsprechenden Schriftsätze sind – soweit zulässig – also weiterhin noch in Papierform zu übermitteln. Bei obligatorischer Übermittlung von Schriftsätzen an die Justiz in elektronischer Form – wie in der Arbeitsgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein (beA-Newsletter 34/2019) – bleibt dann als einzige Möglichkeit, den Gegnervertreter unmittelbar postalisch zu kontaktieren.

Sofern die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden soll, ist die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur obligatorisch (§ 126a I BGB). Dafür wird wiederum eine entsprechende Signaturkarte benötigt. Die Signatur kann auch über die beA-Webanwendung erzeugt werden. Zu beachten ist dann lediglich, dass die Arbeitsabläufe bei den Gerichten noch nicht durchgängig elektronisch erfolgen. Wird das signierte Dokument bei Gericht ausgedruckt und dem Empfänger der Erklärung in Papierform zugeleitet, dürfte die (elektronische) Signatur verloren gehen. Auch hier empfiehlt es sich somit, Schriftsätze mit nach materiellem Recht formbedürftigen Erklärungen für eine Übergangszeit nur in Papier zu übermitteln oder die Erklärungen dem Gegner gesondert in elektronischer Form zu übermitteln.
 
Zugriff für Vertretungsfälle einrichten

Angesichts der Corona-Pandemie und der damit häufig verbundenen Notwendigkeit, auch außerhalb der Kanzlei arbeitsfähig zu bleiben, bietet das beA eine sinnvolle Möglichkeit, die Korrespondenz mit Gerichten, Behörden und Kolleginnen und Kollegen schnell und sicher zu führen, ohne dass man über einen Computer mit Internet-Anbindung, ein Kartenlesegerät und die beA-Karte hinaus eine technische Infrastruktur vorhalten müsste. Viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte stellen sich derzeit außerdem die Frage, wie sie für Homeoffice, Quarantäne oder gar Krankheitsfall dafür sorgen können, dass auch die Posteingänge in ihrem beA gelesen und ggf. beantwortet werden können.

Wir haben ein paar Tipps für Sie zusammengetragen:

Sofern noch nicht geschehen, sollten Sie Ihrem Kanzleipersonal und/oder einer Kollegin bzw. einem Kollegen Zugriffsrechte auf Ihr beA-Postfach einrichten. Dann können diese den Posteingang kontrollieren und – je nach dem, welche weitergehenden Rechte Sie eingeräumt haben – ggf. auch Nachrichten exportieren, beantworten usw.

Wie das geht, haben wir z.B. im beA-Newsletter 18/2018 und 16/2018 erläutert. Soll die betreffende Person für Sie auch Empfangsbekenntnisse abgeben dürfen, achten Sie darauf, dass Sie auch die hierfür nötige Berechtigung erteilt haben (dazu beA-Newsletter 8/2019).

Prüfen sollten Sie außerdem, ob die Benachrichtigungen aktiviert sind, die Sie automatisch per E-Mail informieren, wenn eine Nachricht in Ihrem beA eingeht (s. dazu beA-Newsletter 17/2018).
 
 
Im Überblick: Kontrolle nach Nachrichtenversand

Die Rechtsprechung erwartet im Rahmen von Wiedereinsetzungsanträgen in zunehmendem Maße, dass Fehler beim elektronischen Versand von Schriftsätzen durch organisatorische Vorkehrungen ausgeschlossen werden – nicht anders als beim Versand per Post oder Fax übrigens. Ein wichtiger Eckpfeiler ist hier die nach dem Versand durchzuführende Kontrolle. Dabei genügt es nicht, dass man nur feststellt, die Nachricht befinde sich nicht mehr im Postausgang (vgl. etwa beA-Newsletter 3/2020 oder beA-Newsletter 32/2019). Die Kontrollpflichten gehen wesentlich weiter.

Und so kontrollieren Sie:

1. Prüfen Sie nach dem Versand als erstes in den „gesendeten Objekten“ (1), ob das beA-System einen Versandfehler gemeldet hat oder ob der Versand nach der Statusmeldung im beA erfolgreich durchgeführt wurde (2).
2. Öffnen Sie die Nachricht und exportieren Sie sie auf Ihr System (s. die Anleitung in beA-Newsletter 17/2018).

3. Öffnen Sie den auf Ihrem System gespeicherten ZIP-Ordner und lassen Sie sich die Export-Datei anzeigen (1). Prüfen Sie, ob in der Eingangsbestätigung des Gerichts der richtige Empfänger eingetragen ist (2) und die Übermittlung keinen Fehler aufweist (3), insbesondere ob die Übertragung fristgerecht abgeschlossen wurde.
4. Öffnen Sie das Prüfprotokoll (1). Entscheidend ist zunächst ein positives Gesamtprüfergebnis, um die Integrität der Nachricht und aller darin enthaltenen bzw. daran angebrachten Signaturen sicherzustellen. Prüfen Sie anschließend, ob der Schriftsatz wirksam eingereicht wurde, indem entweder ein sicherer Übermittlungsweg gewählt und ein vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis angebracht wurde (3) oder zumindest der Schriftsatz über eine wirksame qualifizierte elektronische Signatur (qeS) verfügt (4).
5. Prüfen Sie anschließend, ob in dem ZIP-Ordner alle für das Gericht bestimmten elektronischen Dokumente (im richtigen Dateiformat PDF) enthalten sind, insbesondere der Schriftsatz und alle Anlagen (1). Bei Verzicht auf die qeS prüfen Sie, ob im Schriftsatz am Ende eine einfache Signatur gesetzt wurde (2). Dabei muss ggf. über die Export-Datei (vgl. oben) auch das Absenderpostfach geprüft werden, das mit der einfachen Signatur identisch sein muss.

Und was, wenn die Kontrolle einen Fehler ergeben hat?

Dann sollten Sie im Einzelfall prüfen, ob und inwieweit sich der Fehler durch eine zweite, korrigierte Übermittlung beheben lässt oder ob Sie ggf. auf einen anderen Übermittlungsweg ausweichen müssen. Bei Unklarheiten kann eine Nachfrage bei Gericht sinnvoll sein – auch das ist übrigens nicht anders als beim Faxversand.
 
OVG Schleswig: Auf den Inhalt des EB kommt es an

Die Rechtsprechung rund um das bei Zustellungen abzugebende Empfangsbekenntnis (EB) führt immer wieder zu Diskussionen – dabei ist die höchstrichterliche Rechtsprechung u.a. des BGH eigentlich unmissverständlich: Abzustellen ist auf den Empfangswillen und die tatsächliche Kenntnis vom Zugang des übermittelten Schriftstücks (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 27.05.2003 – VI ZB 77/02). Lediglich wenn der Zustellungsempfänger anderweitig (etwa in der Berufungsschrift) bekundet, dass ihm das angegriffene Urteil zugestellt worden sei, reicht dies für den Vollzug der Zustellung an ihn aus (BGH, Beschl. v. 12.09.2017 – XI ZB 2/17).

Manche Instanzgerichte wenden, wie das VG Leipzig, gleichwohl eine Zustellfiktion an (beA-Newsletter 25/2019) oder gehen von einer offensichtlichen Unrichtigkeit eines zehn Tage nach Erhalt des Beschlusses per Fax ausgestellten EB aus (LSG München, Beschl. v. 17.02.2017 – L 16 AS 859/16 B ER). Dagegen ist ein aktueller Beschluss des OVG Schleswig (Beschl. v. 3.1.2020 – 4 LA 211/18)  anwaltsfreundlich in zweierlei Hinsicht.

In der Sache ging es um die Wahrung der verwaltungsprozessualen Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Die Zustellung des angegriffenen Urteils erfolgte per beA gegen elektronisches Empfangsbekenntnis am 11.9.2018. Der Zustellungsempfänger bestätigte erst nach mehrmaliger Erinnerung durch das VG schriftlich den Empfang des Urteils „für den 01.11.2018 durch Übersendung durch die beauftragte Firma Renostar und für den 11.09.2018 im Anwaltspostfach“ – also über sieben Wochen nach Zugang.

Das OVG Schleswig stellte zum einen für die Fristberechnung auf den späteren Zeitpunkt, also den 01.11.2018 ab, zu dem der Prozessbevollmächtigte die Zustellung wohl als Ausdruck tatsächlich erhalten hatte (§ 56 II VwGO i.V.m. § 174 I ZPO). Denn erst zu diesem Zeitpunkt hatte er nachweislich Kenntnis von der Zustellung und mit Abgabe des EB entsprechenden Empfangswillen.

Zum anderen ließ das OVG trotz der elektronischen Zustellung das schriftliche EB ausreichen. Denn nach seiner Meinung kommt es auf die Form der Bestätigung nicht an, solange sie schriftlich erfolgt sei. Damit sei der Beweis erbracht sowohl für die Entgegennahme des bezeichneten Schriftstücks als auch für dessen Empfang. Dies alles gelte auch für die Zustellung auf elektronischem Wege gem. § 174 III 1 ZPO. Das ist deswegen bemerkenswert, weil bisherige Verlautbarungen der Justiz bei Abgabe „nur“ eines schriftlichen statt eines elektronischen Empfangsbekenntnisses einen Verstoß gegen zwingende Zustellvorschriften vermuten ließen. Gleichwohl: Auf der sicheren Seite sind Sie, wenn Sie das EB, wie in § 174 IV 3 ZPO vorgesehen, elektronisch abgeben.
 
 
Unterschriftserfordernis bei PKH-Anträgen

Im elektronischen Rechtsverkehr stellt sich immer wieder die Frage, wie Erklärungen von Mandanten oder sonstige Dokumente formwahrend an die Gerichte übermittelt werden können. Prozesskosten- und Beratungshilfe sind Bereiche, in denen sich diese Frage wegen papierner Vordrucke und auf Papier ausgestellter Berechtigungsscheine besonders häufig stellt.

Jüngst hat das OLG Saarbrücken die Vorlage eines entwerteten Beratungshilfescheins in elektronischer Form als ausreichend anerkannt (dazu beA-Newsletter 4/2020). Schon zuvor hatte sich das LAG Sachsen mit der Form der Erklärung eines PHK-Antragstellers zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu befassen (dazu beA-Newsletter 10/2019). Danach könne der vollständig ausgefüllte und vom Antragsteller unterschriebene PKH-Erklärungsvordruck auch in Form eines elektronischen Dokuments mit eingescannter Unterschrift vorgelegt werden, wenn die Erklärung unzweifelhaft vom Antragsteller stamme und er „zu seinen Angaben stehe“.

Das LAG Hamm stellt nun mit seinem Beschl. v. 14.1.2020 – 5 Ta 7/20 (Rn. 15) zudem klar, dass es sich bei der Unterschrift unter dem Formular zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse weder um einen Bestandteil der persönlichen (z.B. Familienverhältnisse, Unterhaltspflichten) noch der wirtschaftlichen Verhältnisse i.S.d. § 124 I Nr. 3 ZPO handelt. Es handelt sich vielmehr um eine Formvorschrift, die sicherstellen soll, dass die im Formular getroffenen Angaben wahrheitsgemäß und vollständig erfolgt sind und die Partei insbesondere auch von den in Abschnitt K aufgeführten Mitteilungspflichten Kenntnis genommen hat. Ein Aufhebungstatbestand allein aufgrund der anfänglichen Verletzung formaler Pflichten ist in § 124 I ZPO nicht enthalten.

In dem vom LAG Hamm zu entscheidenden Fall hatte (wohl) fälschlicherweise der Rechtsanwalt die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen unterzeichnet. Auch wenn die Unterzeichnung hier in Papierform und nicht in elektronischer Form erfolgt ist, ergibt sich auch und gerade für den elektronischen Rechtsverkehr, dass mit der Unterschrift nur die Richtigkeit der gemachten Angaben gewährleistet sein muss. Bestehen diesbezüglich keine Zweifel, muss auch die eingescannte Unterschrift des Mandanten ausreichend sein.
 
Ordnung in den Etiketten

Gerade für Anwaltskanzleien kann die Verwendung von Etiketten innerhalb der beA-Webanwendung äußerst sinnvoll sein. Denn mit ihnen können Sie innerhalb der Kanzlei schnell über das beA Informationen austauschen: Mitarbeiter, die für den Posteingang zuständig sind, sehen beispielsweise auf einen Blick, welche Nachrichten durch ihre Kolleginnen bereits bearbeitet wurden. Weil sie so praktisch sind, haben wir die Verwendung von Etiketten schon ein paar Mal erläutert (s. beA-Newsletter 6/2017, beA-Newsletter 37/2017 und beA-Newsletter 23/2018).

Auch für eine sinnvolle Arbeit mit der Etiketten gilt allerdings der Grundsatz, dass Ordnung das halbe Leben ist. Nur wenn die Etiketten einheitlich über alle Postfächer gehandhabt und gepflegt werden, lassen sie sich übersichtlich einsetzen.

Und so könnten Sie dabei vorgehen:

Sinnvollerweise erstellen Sie dazu zunächst eine übersichtliche und nummerierte Liste der benötigten Etiketten und weisen den Etiketten bestimmte Farben zu. Über die Funktion „Etiketten verwalten“ (1) in der Postfachverwaltung legen Sie dann die Etiketten sauber und einheitlich für jedes einzelne Postfach an (2).
  
Alle Informationen zum beA unter www.bea.brak.de