Nachrichten aus Brüssel | Ausgabe 06/2020

Gericht stoppt EuHB-Auslieferung nach Polen

02.04.2020Newsletter

Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat Zweifel daran geäußert, ob aufgrund der Justizreform in Polen die Unabhängigkeit der Justiz und das Recht auf ein faires Verfahren des Auszuliefernden gewährleistet sei. Das Gericht hat deswegen einen Haftbefehl gegen einen polnischen Staatsangehörigen aufgehoben und die polnischen Behörden um weitere Auskunft zu den Auswirkungen der Reform auf das konkrete Verfahren ersucht.

Der Senat befürchtet, dass die Unabhängigkeit der polnischen Richter nicht gewährleistet ist, da diese infolge des Gesetzes zur Änderung der Justizverfassung vom 29.12.2019 allein aufgrund ihrer Beweiswürdigung im Verfahren mit disziplinarischen Sanktionen rechnen müssen. Dadurch sei das von Art. 47 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta gewährleistete Recht auf ein faires Verfahren des Auszuliefernden in Frage gestellt. Die deutschen Richter berufen sich hierbei auf Entscheidungen des EuGH, der im Jahre 2018 mit der Entscheidung in der Rechtssache C-216/18 die nationalen Gerichte dazu verpflichtet hat, die Gewährleistung des Grundrechts auf ein faires Verfahren bei einer Auslieferung zu prüfen und im November 2019 in der Rechtssache C-192/18 die Zwangspensionierung von Richtern in Polen für unionsrechtswidrig erklärt hat.

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