Nachrichten aus Brüssel | Ausgabe 10/2021

Red Notice und Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen – EuGH

14.05.2021Newsletter

Der EuGH hat am 12. Mai 2021 in der Rechtssache WS/Bundesrepublik Deutschland (C-505/19) entschieden, dass der Festnahme einer Person, die Gegenstand einer Ausschreibung von Interpol ist, im Schengen-Raum und in der Europäischen Union das Verbot der Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen entgegenstehen kann.

Im Fall des deutschen Staatsangehörigen WS hatte die Internationale Kriminalpolzeiliche Organisation (Interpol) im Jahre 2012 eine sog. Red Notice auf Grundlage eines US-amerikanischen Haftbefehls herausgegeben. Zuvor war bereits wegen derselben Taten in Deutschland ein Ermittlungsverfahren gegen WS eingeleitet worden, welches wegen Erfüllung einer Geldauflage im Rahmen der im deutschen Strafprozessrecht vorgesehenen einvernehmlichen Verfahrensbeendigung eingestellt worden war. WS erhob sodann beim Verwaltungsgericht Wiesbaden Klage gegen Deutschland, wo er beantragte, alle geeigneten Maßnahmen zur Löschung der Red Notice zu ergreifen, dieser stehe das Doppelbestrafungsverbot entgegen.

Der EuGH legte Art. 54 SDÜ und Art. 21 Abs. 1 AEUV dahingehend aus, dass eine vorläufige Festnahme nicht möglich ist, wenn die zuständigen Behörden von einer in einem Vertragsstaat des Übereinkommens von Schengen oder einem Mitgliedstaat ergangenen rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung Kenntnis haben, mit der festgestellt wird, dass dieses Verbot greift. Er befasste sich ferner mit den Folgen daraus für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten aus der Red Notice.

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