Kein Kickback!

BGH: Online-Vermittlung von OWi-Mandat gegen Entgelt unwirksam

Die Vermittlung von OWi-Mandaten gegen Kickback ist illegal. Das stellte der BGH in einer Entscheidung vom 18.04.2024 nun ausdrücklich klar.

05.06.2024Rechtsprechung

Das Geschäftsmodell einer Plattform, die Mandate gegen Entgelt vermittelt, ist wegen Gewährung von Vorteilen i.S. § 49b BRAO rechtswidrig, so der BGH (BGH IX ZR 89/23 vom 18.04.2024).

Vorteile oder reine Lizenzgebühr?

Der BGH hatte sich mit einem Internetportal zu beschäftigen, über das - mittels einer von der Klägerin entwickelten Software - Dienstleistungen für Rechtssuchende angeboten werden, die einen Anhörungsbogen oder einen Bußgeldbescheid wegen eines Verstoßes gegen Vorschriften bei der Teilnahme am Straßenverkehr (Geschwindigkeits-, Abstands-, Wechsellicht-, Mobiltelefon-, Überhol- oder Vorfahrtsverstoß) erhalten haben. Zur rechtlichen Überprüfung der erhobenen Vorwürfe gegenüber den Betroffenen und wegen der aus dem Prüfungsergebnis folgenden Handlungsmöglichkeiten arbeitete die Klägerin mit Partnerkanzleien zusammen, zu denen auch die Beklagte, eine Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung, gehörte.

Im Zeitraum vom 1. Dezember 2020 bis zum 30. Juni 2021 schaltete die Klägerin ihre Partnerkanzleien ein, nachdem die Betroffenen bei der Klägerin die zur Bearbeitung benötigten Unterlagen – einschließlich einer auf die jeweilige Kanzlei lautenden Vollmacht – eingereicht hatten. Die Partnerkanzleien übernahmen anschließend die rechtliche Beratung und, so gewünscht, auch die nachfolgende Vertretung in der Angelegenheit. Die aus der Beratung resultierenden Vergütungsansprüche waren zumeist über Rechtsschutzversicherungen gedeckt.

Für ihre Vermittlungsleistungen im streitgegenständlichen Zeitraum stellte die Klägerin der Beklagten sodann die jetzt streitgegenständlichen "Lizenzgebühren" in Höhe von insgesamt 235.056,98 € in Rechnung. Für die Vermittlung eines Mandats erhob die Klägerin (ausschließlich bei Betroffenen mit Rechtsschutzversicherung) folgende Gebühren:

  • Erteilung der Deckungszusage durch den Versicherer (114 €)
  • Endabrechnung des Mandats durch die Beklagte (76 €)

Zwischen den Parteien war nun die Einigung über diese Abrechnungsmodalitäten streitig. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass es sich um reine Lizenzgebühren bzw. pauschalierte Gebühren für die Nutzung der von der Klägerin entwickelten digitalen Infrastruktur durch die Partnerkanzleien handele.

BGH: Vorteile!

Der Bundesgerichtshof sah das allerdings anders und stellte nun in seiner Entscheidung fest, dass es sich bei den Zahlungen sehr wohl um Vorteile für die Vermittlung eines Mandats i.S.d. § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO handelt und nicht etwa um Infrastrukturkosten oder Lizenzgebühren, selbst wenn die Klägerin sie so bezeichnet haben mag.

Die Klage hatte in der ersten Instanz noch Erfolg, der BGH bestätigte allerdings die Entscheidung des OLG Dresden, welches aufgrund Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB die Klage auf die Berufung hin abgewiesen hatte. Auch über das Bereicherungsrecht ergebe sich kein Anspruch, denn es handele sich im Ganzen um eine rechtlich verbotene Leistung. Der BGH begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

BGH: Mandate kauft man nicht!

Nach § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO sei die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, egal ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten, unzulässig. Das daraus folgende Verbot richte sich damit sowohl gegen den Rechtsanwalt, der einen Teil der Gebühren abgibt oder einen sonstigen Vorteil gewährt, als auch gegen den Rechtsanwalt oder Dritten, der den Teil der Gebühren oder den sonstigen Vorteil entgegennimmt. Der Begriff des sonstigen Vorteils sei vor dem Hintergrund des Verbotszwecks weit zu verstehen.

Es solle vermieden werden, dass Rechtsanwälte in einen Wettbewerb um den Ankauf von Mandaten treten. Die Anwaltschaft sei kein Gewerbe, in dem Mandate „gekauft“ und „verkauft“ werden.

Ein Rechtsanwalt, dem ein Mandat vermittelt werde, dürfe hierfür den Vermittler nicht belohnen.

Die Entscheidung dürfte für eine Reihe ähnlich strukturierter Geschäftsmodelle Bedeutung erlangen, die zwar grundsätzlich weiterhin Mandate vermitteln dürfen, sich hierfür allerdings ein anderes Vergütungsmodell suchen müssten.