Stellungnahme der BRAK

BRAK nimmt zum Deepfakes-Gesetzentwurf des Bundesrats Stellung

Die BRAK übt Kritik an der vom Bundesrat vorgeschlagenen Regelung zum strafrechtlichen Schutz vor Deepfakes und macht einen Alternativvorschlag.

 

11.10.2024 | Der Bundesrat hat den Entwurf eines Gesetzes zum strafrechtlichen Schutz von Persönlichkeitsrechten vor Deepfakes beim Bundestag eingebracht.

Unter Deepfakes versteht man realistisch wirkende Medieninhalte, die am Computer – immer häufiger unter Verwendung von künstlicher Intelligenz (KI) – erzeugt werden. Auf diese Art und Weise können äußerst realistische Fälschungen von Video-, Bild- und Tonaufnahmen entstehen. Deepfakes bergen nach der Begründung des Gesetzentwurfs erhebliche Gefahren für individuelle Persönlichkeitsrechte und Vermögenswerte, aber auch den demokratischen Willensbildungsprozess. Zudem würden sich auch Straftäter diese Form der Informationsmanipulation zunehmend zu Nutze machen.

Neuer Straftatbestand zum Schutz vor Deepfakes

Zwar unterfielen einige der Missbrauchsmöglichkeiten bereits existierenden Strafvorschriften. Das bestehende Strafrecht erfasse das Phänomen der Deepfakes bisher jedoch nur in Teilaspekten. Um das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch in der betroffenen Hinsicht zu schützen, bedürfe es neuer strafrechtlicher Normen, die den Unrechtskern zielgerichtet erfassen, so der Bundesrat. Daher sieht der Gesetzentwurf die Schaffung eines neuen Straftatbestandes „Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch digitale Fälschung“ vor (§ 201b StGB-E).

Kritik der BRAK am Regelungsvorschlag

In ihrer Stellungnahme bewertet die BRAK die vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung eines neuen § 201b StGB-E kritisch. Die Regelung bleibt in Bezug auf das zu schützende Rechtsgut – das der zentrale Anknüpfungspunkt für die Schaffung eines Straftatbestandes sein sollte – unklar. Die vorgesehene Rechtfertigungsmöglichkeit hält die BRAK aus mehreren Gründen für problematisch. Sie schlägt daher vor, lediglich auf § 193 StGB und somit auch auf die hierzu gefestigte Rechtsprechung zu verweisen.

Die BRAK bewertet auch den Regelungsvorschlag des Bundesrats in § 201b Abs. 4 StGB-E kritisch, der ausdrücklich auf Teilnehmer Bezug nimmt. Damit wird jedem Internetnutzer vor Augen geführt, dass schon das Teilen eines Links zu einem möglicherweise nicht realen Bild zur Einziehung von Hardware führen kann. Das Ergebnis wäre damit, dass jeder Nutzer, selbst etwa bei Memes, erhebliche Sorge vor einer Strafbarkeit haben muss.

Mit Blick auf eine Tatbestandsumgrenzung wäre es aus Sicht der BRAK sinnvoller, sowohl den Vorsatz klarer in den Blick zu nehmen, als auch die Handlungen zu unterscheiden. Zudem erscheint eine klare Unterscheidung zwischen den Handlungsformen („nur teilen“ vs. „Inhalt selbst erstellen“) auch mit Blick auf Art. 50 Abs. 4 KI-VO geboten, der (allein) bei demjenigen ansetzt, der einen Inhalt selbst erstellt. Ferner kritisiert die BRAK, dass der Entwurf des Bundesrates den Begriff „Medieninhalt“ benutzt. Diese Wortschöpfung ist im StGB neu und nicht definiert. Die Verwendung von „Inhalt“ unter Verweis auf § 11 Abs. 3 StGB wäre hier vorzugswürdig.

Schließlich weist die BRAK vorsorglich darauf hin, dass der Gesetzesentwurf in Bezug auf das in der Gesetzesbegründung ebenfalls angesprochene Ziel des Schutzes demokratischer Meinungsbildungsprozesse jedenfalls unvollkommen ist.

Alternativer Regelungsvorschlag der BRAK

Basierend auf der zuvor geäußerten Kritik unterbreitet die BRAK einen Formulierungsvorschlag für eine Ergänzung des geltenden § 201a StGB anstelle der Neuschaffung eines ganzen Paragraphen.

Durch diese Lösung werden u. a. die zuvor angesprochenen Beteiligten- und Rechtfertigungsprobleme umgangen. Zudem trägt die BRAK so auch der zuvor dargestellten Begriffsunklarheit („Inhalt“) Rechnung. Aus Sicht der BRAK würde ein solches Vorgehen „minimalinvasiv“ die europarechtlichen Vorgaben umsetzen.

Weiterführende Links:

Gesetzentwurf des Bundesrates

BRAK-Stellungnahme-Nr. 75/2024