Neue Spruchkörper

Einführung von Commercial Courts vom Bundestag beschlossen

Englisch soll in naher Zukunft als Verhandlungssprache in bedeutenden zivilrechtlichen Wirtschaftsstreitigkeiten vor Commercial Courts und sogar beim Bundesgerichtshof eingeführt werden.

17.07.2024Gesetzgebung

Der Bundestag hat am Donnerstag, 4. Juli 2024, den Entwurf eines „Gesetzes zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit“ (20/8649) angenommen. Für den im parlamentarischen Verfahren noch geänderten Gesetzentwurf stimmten nach der Debatte die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und CDU/CSU. Die AfD-Fraktion stimmte gegen den Entwurf, die Linke enthielt sich. Der Entscheidung lag eine Beschlussvorlage des Rechtsausschusses (20/11466) zugrunde. 

Mit dem sogenannten Justizstandort-Stärkungsgesetz werden die Bundesländer ermächtigt werden, spezialisierte Spruchkammern für Handelssachen (sogenannte Commercial Courts) zu etablieren. Die neuen Spruchkörper sollen an einem Oberlandesgericht beziehungsweise an einem Obersten Landesgericht angesiedelt werden. Dort soll – nach Wahl der Parteien – entweder in deutscher oder in englischer Sprache verhandelt werden können. Das neue Verfahren soll für bedeutende zivilrechtliche Wirtschaftsstreitigkeiten ab einem Streitwert von 500.000 Euro möglich sein, sofern sich die Parteien auf die erstinstanzliche Anrufung des Commercial Courts verständigt haben. Diesen Zuständigkeitsstreitwert hatte der Rechtsausschuss zuletzt noch von vormals einer Million Euro heruntergesetzt. Hierzu werden u. a. das Gerichtsverfassungsgesetz sowie die Zivilprozessordnung geändert.

Vorgesehen ist, dass gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen der Commercial Courts eine Revision beim Bundesgerichtshof möglich sein soll. Auch dort soll – im Einvernehmen mit dem zuständigen Senat – eine „umfassende Verfahrensführung in der englischen Sprache“ möglich sein.

Bundesregierung will Justizstandort Deutschland stärken

Von dem neuen Gesetz verspricht sich die Bundesregierung eine Stärkung des Justizstandortes Deutschland im internationalen Wettbewerb sowie im Wettbewerb mit privaten Schiedsgerichten. Nach ihrer Auffassung biete die ordentliche Gerichtsbarkeit in Deutschland insgesamt „nur eingeschränkt zeitgemäße Verfahrensmöglichkeiten“ für solche Streitigkeiten an. „In der Folge werden solche Streitigkeiten vermehrt in anderen Rechtsordnungen oder innerhalb der privaten Schiedsgerichtsbarkeit geführt“, heißt es in der Begründung.

Dr. Thorsten Lieb von der FDP-Fraktion sprach von einem „wichtigen Schritt für den Justizstandort Deutschland“. Damit werde auch das „kooperative Wettbewerbsverhältnis zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und Staatsgerichtsbarkeit“ gestärkt. Mit dem Gesetz gelinge es, „international auf Augenhöhe insbesondere mit Großbritannien und den Niederlanden zu kommen“. Macit Karaahmetoğlu von der SPD-Fraktion sagte, in der Weltwirtschaft führe „an Englisch als Verhandlungssprache kein Weg vorbei“. An dem Gesetz war bereits seit 14 Jahren gearbeitet worden, wie Dr. Till Steffen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ausführte.