Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 12/2024

Fremdbesitzverbot: Bundesjustizministerium veröffentlicht Umfrageergebnisse

Mit einer Umfrage hat das Bundesjustizministerium ergründet, inwieweit die Rechts- und Patentanwaltschaft Bedarf dafür sieht, reine Kapitalgeber in Kanzleien aufzunehmen. Diese zeigten sich überwiegend ablehnend. Eine Auswertung der Umfrageergebnisse hat das Ministerium nunmehr veröffentlicht.

12.06.2024Newsletter

Das Bundesministerium der Justiz hat die Ergebnisse einer im Herbst 2023 mit Unterstützung der BRAK in der Anwaltschaft durchgeführten Umfrage veröffentlicht. Darin wurden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Patentanwältinnen und Patenanwälte zu einer möglichen Lockerung des Fremdbesitzverbots befragt, das derzeit reine Kapitalinvestitionen in Kanzleien untersagt.

Die insgesamt 7.598 Teilnehmenden aus allen Bundesländern stehen einer Lockerung des Fremdbesitzverbots mehrheitlich ablehnend gegenüber. 63 % der Teilnehmenden lehnten eine Lockerung des Fremdbesitzverbots generell ab, 28 % gaben an, dass eine Lockerung für ihr Geschäftsmodell nicht erforderlich sei. Für 80 % der Teilnehmenden kommt es generell nicht in Betracht, reine Kapitalgeber aufzunehmen; 73 % sehen durch reine Investoren Gefahren, die sich durch gesetzgeberische Vorgaben nicht hinreichend eindämmen lassen. Auch die Auswertung der Freitextantworten bestätigte die ganz überwiegend ablehnende Haltung gegenüber einer unbegrenzten Beteiligung reiner Kapitalgeber.

Bei Einzelanwältinnen und -anwälten sowie in kleineren Kanzleien ist die Ablehnung am größten. Etwas weniger stark ausgeprägt ist sie in mittleren und größeren Kanzleien. Über alle Gruppen hinweg lehnen mindesten 60 % (bis zu 80 %) der Befragten die Aufnahme reiner Investoren ab.

Die Patentanwaltschaft zeigte sich insgesamt etwas aufgeschlossener und sieht größeren Investitionsbedarf. 74 % lehnen die Aufnahme reiner Kapitalgeber ab.

Die Ergebnisse der Umfrage hat die BRAK ebenfalls auf ihrer Website veröffentlicht. Eine ausführliche Analyse von Nitschke/Wietoska findet sich in den BRAK-Mitteilungen.

Neben der Umfrage in der Anwaltschaft hatte das Ministerium auch den betroffenen Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme zu möglichen Lockerungen des Fremdbesitzverbotes gegeben. Die BRAK machte hiervon Gebrauch und sprach sich mit Nachdruck dafür aus, das Verbot beizubehalten. Nur so kann aus ihrer Sicht eine sichere und qualitativ hochwertige Beratung und Vertretung der Bevölkerung und damit die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege gewährleistet werden.

Weiterführende Links:

Hintergrund:

Das Fremdbesitzverbot in seiner vor der „großen BRAO-Reform“ im Jahr 2022 geltenden Ausgestaltung ist Gegenstand des derzeit beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahrens, das auf einen Vorlagebeschluss des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs (BRAK-Mitt. 2023, 185 mit Anm. Schaeffer) zurückgeht. Zu dem Verfahren s. Dahns/Flegler/Nitschke, BRAK-Mitt. 2023, 204 sowie ausführlich zur unionsrechtlichen Einordnung der Regelungen zum Fremdbesitzverbot in Kürze Zelger; zur mündlichen Verhandlung s. Nachrichten aus Brüssel 9/2024 v. 10.5.2024.