Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 15/2024

BRAK fordert effektiven Rechtsschutz im Auslieferungsverfahren

Die BRAK kritisierte die Auslieferung einer deutschen Staatsangehörigen nach Ungarn trotz einer Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Hierauf hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin zwischenzeitlich reagiert. Vor dem Hintergrund des Falles fordert die BRAK effektiven Rechtsschutz in Auslieferungsverfahren und skizziert Rahmenbedingungen dafür.

24.07.2024Newsletter

Zu dem Fall der Auslieferung einer deutschen Staatsangehörigen nach Ungarn trotz einer die Auslieferung untersagenden Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hatte die BRAK sich kritisch geäußert. In einem offenen Brief an die Berliner Generalstaatsanwältin Margarete Koppers und die Berliner Justizsenatorin Dr. Felor Badenberg forderte sie eine umgehende Aufklärung des Falles, in dem aus ihrer Sicht das aus Art. 19 IV GG folgende Recht auf effektiven Rechtsschutz missachtet wurde.

Die Generalstaatsanwaltschaft reagierte auf die Kritik der BRAK, lässt aber aus Sicht von BRAK-Schatzmeisterin Leonora Holling viele Fragen offen. Weil es in Auslieferungssachen ein ordentliches Rechtsmittel nicht gebe, seien Verfassungsbeschwerden die Regel und müsse auch mit ihnen gerechnet werden. Dies hätte hier beachtet werden müssen. Man warte mit Spannung auf eine Stellungnahme der Justizsenatorin.

Vor dem Hintergrund des Falles hat die BRAK nunmehr auf die den dringenden Bedarf an effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten im Auslieferungsverfahren und damit verbunden auf die Notwendigkeit einer Reform des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) hingewiesen.

Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, in der neben Vertretern aus Bundes- und Landesministerien und der Justiz auch Vertreter der Anwaltschaft – auch der BRAK – mitgewirkt haben, hat seit dem Frühjahr 2021 unter Führung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) intensiv an einer möglichen Reform des Rechtshilferechts gearbeitet. Der für Sommer 2024 avisierte Gesetzentwurf liegt jedoch bislang nicht vor.

Aus Sicht der BRAK zeigt der aktuelle Fall die große Dringlichkeit der (geplanten) Reform für eine praxistaugliche Ausgestaltung eines effektiven Rechtsschutzes im Bereich der Rechtshilfe und insbesondere in Auslieferungs- und Übergabefällen, und hier ganz besonders im Auslieferungsrecht und im Bereich der Übergabe nach den Rahmenbeschlüssen zum Europäischen Haftbefehl.

Sie fordert, dass die Reform des IRG nunmehr zügig abgeschlossen wird. Sie ist wegen der seit Erlass des Gesetzes stark intensivierten europäischen und internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen, seitens der Europäischen Kommission im Rahmen von Vertragsverletzungsverfahren geltend gemachter Kritikpunkte und insbesondere zur Absicherung der subjektiven Rechte betroffener Individuen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von EuGH und BVerfG ohnehin notwendig.

Inhaltlich muss ein effektives Rechtsschutzkonzept aus Sicht der BRAK u.a. sicherstellen,

  • dass verfolgte bzw. gesuchte Personen in jeder Lage des Verfahrens einen Rechtsbeistand zur Seite gestellt bekommen,
  • dass sie – zumindest auf Antrag – von demjenigen Gericht, das über die Auslieferung und den Vollzug der Auslieferungshaft entscheidet, mündlich angehört werden müssen,
  • dass gegen belastende Entscheidungen effektive Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen,
  • dass gegen Haftentscheidungen im Rahmen von Auslieferungs- und Übergabeverfahren ein effektiver Rechtsbehelf geschaffen wird,
  • dass fristgemäß eingelegte und ordnungsgemäß begründete Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen zur Auslieferung und Übergabe aufschiebende Wirkung haben,
  • dass im Gesetz vorgesehene Fristen zur Einlegung von Rechtsbehelfen vor exekutiven Maßnahmen abgewartet werden,
  • dass im Falle der Anrufung des BVerfG in Eilverfahren dessen Entscheidung abgewartet wird.

Auch die Legal Tribune Online (LTO) hat den Fall inzwischen aufgegriffen und berichtet unter anderem über die von der BRAK geäußerte Kritik sowie über die von verschiedenen Seiten erhobene Forderung nach einer Verbesserung des Rechtsschutzes im Auslieferungsverfahren.

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