Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 16/2024

BRAK hält Verfassungsbeschwerde der Rosneft-Töchter für aussichtslos

Auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts hat die BRAK zur Verfassungsbeschwerde zweier europäischer Tochterfirmen des russischen Energiekonzerns Rosneft Stellung genommen. Diese wehren sich gegen die zur Sicherstellung der Energieversorgung angeordnete Treuhandverwaltung. Nach Ansicht der BRAK sind sie jedoch nicht grundrechtsfähig und ihre Verfassungsbeschwerde daher unzulässig.

07.08.2024Newsletter

Vor dem Hintergrund der Energiekrise im Jahr 2022 als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine spielt sich ein Verfassungsbeschwerdeverfahren ab, zu dem die BRAK auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) Stellung genommen hat. Um die Energieversorgung auch in Krisensituationen sicherzustellen, wurde im Mai 2022 das Energiesicherungsgesetz reformiert. Dabei erhielt unter anderem das Bundeswirtschaftsministerium die Befugnis, Unternehmen der kritischen Infrastruktur in der Energieversorgung zeitlich befristet unter Treuhandverwaltung zu stellen oder sogar zu enteignen, wenn die Unternehmen ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht.

Die Beschwerdeführerinnen sind eine russische und eine luxemburgische Tochter der russischen Ölgesellschaft Rosneft, welche ihrerseits Anteilseignerinnen zweier nach deutschem Recht gegründete GmbHs sind. Sie vereinen knapp 12 % der gesamten Erdölverarbeitungskapazität in Deutschland auf sich und sind überwiegend in der Hand der Russischen Föderation und Katars.

Im September 2022 ordnete das Bundeswirtschaftsministerium die Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur hinsichtlich sämtlicher Stimmrechte aus den Geschäftsanteilen der beiden deutschen GmbHs an. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage wies das Bundesverwaltungsgericht ab und bestätigte somit die Rechtmäßigkeit der Treuhandverwaltung. Hiergegen wenden sich die Beschwerdeführerinnen mit ihrer Verfassungsbeschwerde, in der sie eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 I, 3 I, 12 I und 14 I GG sowie eine Verletzung des Rechts aus Art. 103 I GG rügen.

Das BVerfG bat die BRAK um Stellungnahme insbesondere zur Grundrechtsfähigkeit der Beschwerdeführerinnen und zur Verfassungsmäßigkeit der Entschädigungsregelung. Die BRAK kommt zu dem Ergebnis, dass selbst eine weiterentwickelte Auslegung von Art. 19 III GG im vorliegenden Fall nicht dazu führen würde, dass die Beschwerdeführerinnen als grundrechtsfähig angesehen werden könnten. Denn es handelt sich um ausländische juristische Personen, die überwiegend in der Hand ausländischer Staaten liegen. Daher sind die Grundrechte wesensmäßig nicht auf die Beschwerdeführerinnen anwendbar. Die Verfassungsbeschwerde ist folglich nach Ansicht der BRAK unzulässig.

Hilfsweise hat die BRAK sich zudem mit der Ausgleichsregelung des § 17 VII EnSiG befasst. Ihrer Ansicht nach wären die Beschwerdeführerinnen nicht anspruchsberechtigt, weil sie keine Grundrechtsträgerinnen sind. Sie sind daher durch die Regelung nicht in ihren Rechten verletzt.

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Hintergrund:

Gutachten auf Anfrage von an der Gesetzgebung beteiligten Behörde oder von Bundesgerichten zu erstatten zählt nach § 177 II Nr. 5 BRAO zu den gesetzlichen Aufgaben der BRAK. Sie nimmt aufgrund dessen regelmäßig zu verfassungsgerichtlichen Verfahren Stellung. Deren Vorbereitung besorgt der Ausschuss Verfassungsrecht der BRAK. Einen Einblick in dessen Arbeit geben Prof. Dr. Christian Kirchberg und Dr. h.c.Gerhard Strate in BRAK-Magazin 4/2023, 6.