Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 16/2024

Strafrechtlicher Schutz von Ehrenamtlern und Rettungskräften: BRAK warnt vor Symbolpolitik

Mit Änderungen im Strafrecht wollen zwei aktuelle Gesetzentwürfe Amts- und Mandatsträger, Polizei und Rettungskräfte besser vor Übergriffen und Einschüchterungen schützen. Die BRAK warnt vor Symbolpolitik und legt dar, warum das geltende Strafrecht ausreichend und die Regelungsvorschläge problematisch sind.

07.08.2024Newsletter

Gleich zwei aktuelle Gesetzesvorhaben wollen den strafrechtlichen Schutz für bestimmte Personengruppen, die im Gemeinwohlinteresse tätig sind, vor verbalen und tätlichen Angriffen verstärken. Zu beiden hat die BRAK sich in einer Stellungnahme kritisch geäußert.

Der Anfang Juli vom Bundesministerium der Justiz vorgelegte Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften sowie sonstigen dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten sieht hierzu zwei Ergänzungen im Strafgesetzbuch (StGB) vor. Zum einen soll nach § 46 II 2 StGB-E zum Schutz von Ehrenamtlern sowie Amts- und Mandatsträgern künftig bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sein, ob die Auswirkungen der Tat geeignet sind, die gemeinwohldienliche Tätigkeit nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Damit soll die bisherige Rechtslage klargestellt und bekräftigt werden. Zum anderen soll eine Verschärfung beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 II StGB) zum Schutz von Polizei, Feuerwehr und medizinischem Notfallpersonal vorgenommen werden.

Nach einer Bundesratsinitiative des Landes Sachsen sollen Mandatsträger künftig besser vor Übergriffen in ihre Privatsphäre geschützt werden. Ziel ist es, den bislang nur für Mitglieder von Verfassungsorganen geltenden Schutz vor nötigenden Einwirkungen auch auf Mandatsträger auf europäischer und auf kommunaler Ebene zu erweitern. Damit soll sichergestellt werden, dass Ämter ohne Angst vor Übergriffen und Einschüchterungen wahrgenommen werden können. Dazu soll unter anderem ein neuer § 106a StGB eingefügt werden, der die Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern unter Strafe stellt; inhaltlich ist er an den Stalking-Tatbestand angelehnt.

In ihrer Stellungnahme betont die BRAK, dass Angriffe auf ehrenamtlich Tätige ebenso wie auf Amts-, Mandats- oder sonstige Berufsträger, die für das Gemeinwesen tätig sind, gravierende Auswirkungen auf die Gesellschaft haben können und daher zu verurteilen sind. Allerdings warnt sie vor reiner Symbolpolitik und legt ausführlich dar, weshalb die von beiden Entwürfen vorgesehenen Änderungen aus ihrer Sicht problematisch sind.

Die im Referentenentwurf vorgesehene Änderung in § 46 StGB hält die BRAK für nicht erforderlich. Denn bereits nach geltendem Recht könne eine gemeinwohlschädliche Begehung unter mehreren Gesichtspunkten strafschärfend berücksichtigt werden. Die vorgeschlagene Regelung ist aus Sicht der BRAK außerdem zu unbestimmt, unter anderem weil der Begriff Gemeinwohl nicht gesetzlich definiert ist. In der Entwurfsbegründung seien beispielhaft Journalisten, Ärzte und Berufspolitiker genannt, es sei aber unklar, welche weiteren für das Gemeinwohl relevanten Berufe – etwa Rechtanwälte, Architekten, Hochschullehrer – hierunter fallen sollen.

Die im Referentenentwurf ebenfalls vorgesehene Verschärfung von § 113 StGB bewertet die BRAK ebenfalls als Symbolpolitik ohne praktische Relevanz. Sie legt im einzelnen dar, weshalb es nur sehr wenige Anwendungsfälle für die neue Regelung geben kann.

Zu der von Sachsen vorgeschlagenen Schaffung eines neuen Straftatbestands der Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern (§ 106a StGB-E) äußert die BRAK sich ebenfalls kritisch. Der bestehende strafrechtliche Schutz gelte zwar nicht spezifisch nur für Amts- und Mandatsträger, die adressierten Beeinträchtigungen seien aber bereits nach geltendem Recht strafbar. Zudem fehlt es nach Ansicht der BRAK an einer belastbaren empirischen Basis; öffentlichkeitswirksame Einzelfälle und die Annahme, es komme immer wieder zu Übergriffen, könnten dies nicht ersetzen.

Ferner kritisiert die BRAK, dass § 106a StGB-E derart stark von unbestimmten Rechtsbegriffen geprägt sei, dass der Tatbestand völlig konturlos werde. Die Strafbarkeit in Vorfeld eines tatsächlichen Kontakts zu dem Amts- oder Mandatsträger zu erweitern, hält die BRAK für überzogen und unverhältnismäßig. Problematisch ist aus ihrer Sicht außerdem, dass die Vorschrift keine Einschränkung etwa auf den Privatbereich des Amts- oder Mandatsträgers enthält.

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