Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 7/2023

BVerfG entscheidet über mehrere Vorlageverfahren nach BRAK-Stellungnahmen

Das Bundesverfassungsgericht hat über Verfahren zum Verbot von Kinderehen vor Vollendung des 16. Lebensjahres sowie zum Körperschaftsteuergesetz entschieden. Im Ergebnis folgte es dabei den von der BRAK abgegebenen Stellungnahmen.

05.04.2023Newsletter

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat über mehrere Verfahren entschieden, zu denen die BRAK zuvor auf seine Bitte hin Stellungnahmen abgegeben hat. Derartige Gutachten unter anderem für Bundesgerichte sind Teil ihrer gesetzlichen Aufgabe (vgl. § 177 II Nr. 5 BRAO).

Bei dem ersten Verfahren handelte es sich um ein Vorlageverfahren des BGH. Darin ging es um die verfassungsrechtliche Prüfung, ob Art. 13 III Nr. 1 des EGBGB i.d.F. des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen v. 17.7.2017 mit Art. 1, 2 I, 3 I und 6 I des GG vereinbar ist, soweit eine unter Beteiligung eines nach ausländischem Recht ehemündigen Minderjährigen geschlossene Ehe nach deutschem Recht ohne einzelfallbezogene Prüfung als Nichtehe qualifiziert wird, wenn der Minderjährige im Zeitpunkt der Eheschließung das sechzehnte Lebensjahr nicht vollendet hatte.

Das BVerfG hält Art. 13 III Nr. 1 EGBGB für mit der Ehefreiheit des Art. 6 I GG für unvereinbar. Die Vorschrift bleibt jedoch zunächst mit vom BVerfG näher festgelegten Maßgaben zu Unterhaltsansprüchen in Kraft; der Gesetzgeber muss bis zum 30.6.2024 eine verfassungsgemäße Regelung schaffen. Zum gleichen Ergebnis waren auch zuvor der XII. Zivilsenat des BGH in seinem Vorlagebeschluss sowie die BRAK in ihrer Stellungnahme gekommen.

Die weitere Entscheidung des BVerfG betrifft mehrere Vorlageverfahren des BFH zur Körperschaftsteuer. Darin ging es, bei unterschiedlichen Ausgangssachverhalten, um die verfassungsrechtlich identische Frage, ob § 34 IX Nr. 4 i.V.m. § 14 III 1 KStG 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht aus dem Jahr 2004 verfassungsmäßig sind. Der BFH sah jeweils einen Verstoß gegen das Prinzip des Vertrauensschutzes (Art. 20 III GG) und legte die Frage gem. Art. 100 I GG anlässlich eines anhängigen Revisionsverfahrens dem BVerfG vor. Die Stellungnahmen der BRAK stimmten dem im Ergebnis und in der wesentlichen Begründung zu.

Nach Ansicht des BVerfG verstößt § 34 IX Nr. 4 i.V.m. § 14 III 1 KStG 2002 teilweise gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 III GG i.V.m. Art. 2 I GG), weil von den Regelungen eine unechte Rückwirkung mit belastender Wirkung ausgehe.

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