Nachrichten aus Brüssel | Ausgabe 12/2024

Verfolgungsgrund durch Identifizierung mit Wert der Gleichheit von Frauen und Männern – EuGH

Der EuGH hat am 11. Juni 2024 in seinem Urteil in der Rechtssache K, L gegen Staatssecretaris van Justitie en Veiligheid (C-646/21) entschieden, dass Frauen, die sich während ihres Aufenthaltes in einem Mitgliedstaat die Identifizierung mit dem Grundwert der Gleichheit von Frauen und Männern angeeignet haben, als einer „bestimmten sozialen Gruppe“ im Sinne eines „Verfolgungsgrundes“ zugehörig angesehen werden können, der zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt.

21.06.2024Newsletter

Ein niederländisches Gericht hatte in dem zugrunde liegenden Fall dem EuGH die Richtlinie 2011/95 über internationalen Schutz zur Auslegung vorgelegt und diesen über die Voraussetzungen zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft befragt, nachdem zwei irakische Mädchen, die sich seit 2015 in den Niederlanden aufhielten, ihren Folgeantrag auf internationalen Schutz damit begründet hatten, dass sie infolge ihres langfristigen Aufenthaltes in den Niederlanden die Normen, Werte und Verhaltensweisen ihrer Altersgenossen angenommen hätten und daher bei einer Rückkehr in den Irak nicht in der Lage wären, sich einer Gesellschaft anzupassen, in der Frauen und Männer nicht gleichberechtigt sind. Sie fürchteten deswegen, im Irak verfolgt zu werden.

Der EuGH entschied in seinem Urteil, dass dies, abhängig von der Situation im Herkunftsland, zur Zugehörigkeit zu einer „bestimmten sozialen Gruppe“ im Sinne der Richtlinie 2011/95 führen könne, auch wenn es dazu erst im Zuge eines Aufenthaltes in einem Mitgliedstaat gekommen sei, insbesondere dann, wenn der Aufenthalt mit einem für den Minderjährigen identitätsbildenden Zeitraum zusammenfalle. Nationale Behörden seien dazu verpflichtet, bei minderjährigen Antragstellern im Rahmen der Begründetheitsprüfung das Kindeswohl zu berücksichtigen.

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