Presseerklärung Nr. 3/2014

Tiefschlag für die Entwicklung des chinesischen Justizsystems

BRAK enttäuscht über fehlende Fairness im Verfahren gegen Xu Zhiyong

28.01.2014Presseerklärung

Am 26.01.2014 hat ein Gericht in Peking den chinesischen Rechtsanwalt und Menschenrechtler Xu Zhiyong zu vier Jahren Haft verurteilt. Er war angeklagt, Versammlungen organisiert zu haben mit dem Ziel, die öffentliche Ordnung zu stören. Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Gericht gestattete auch nicht, Zeugen laden zu lassen. Xu Zhiyong und sein Anwalt Zhang Qingfang schwiegen aus Protest gegen das rechtswidrige Verfahren. Bei dem Versuch, abschließend eine Erklärung vorzulesen, schnitt das Gericht Xu das Wort ab. Der Staatsanwalt beantragte die Höchststrafe – fünf Jahre Freiheitsentzug.

Die Polizei verhaftete Xus Verteidiger Zhang noch vor dem Gerichtsgebäude auf offener Straße, als er die Fragen der Presse zum Verfahrensablauf beantworten wollte. Damit verhinderten die chinesischen Ermittlungsbehörden auch noch eine Berichterstattung über den Verfahrensverlauf.

Xu Zhiyong ist nach dem inhaftierten Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo der bekannteste Bürgerrechtler Chinas. Seit vielen Jahren engagiert er sich im Kampf gegen die sozialen Probleme Chinas und gegen Korruption und für eine unabhängige Justiz.

Das nicht öffentlich durchgeführte Verfahren und die Maßnahmen der Ermittlungsbehörden gegen den Verteidiger des Rechtsanwalts Xu Zhiyong sind ein Tiefschlag für das chinesische Justizsystem und stellen einen Rückschritt auf dem Weg der neuen chinesischen Führung zu Reformen dar. „Zu einem Rechtsstaat gehört eine in jeder Beziehung unbeeinflusste Möglichkeit des beauftragten Rechtsanwalts für seinen Mandanten zur offenen Berichterstattung auch in der Öffentlichkeit. Das Verfahren steht im Widerspruch zu der von der Regierung mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit durchgeführten Antikorruptionskampagne“, erklärt BRAK-Präsident Axel C. Filges. „Insbesondere steht diese Form des politischen Strafrechts und der staatlichen Einflussnahme auf die Rechtsanwaltschaft der Entwicklung hin zu einem Rechtsstaat entgegen. Beides ist uns aus den vergangenen totalitären Staatsformen in Deutschland gut bekannt.“